Neue „Gallery 3“ E-Ink-Technologie könnte den eReading-Markt revolutionieren

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Mit E-Ink Kaleido gab es 2020 erstmals seit langer Zeit wieder substanzielle Bewegung bei digitalen Papier-Displays. Auch wenn die Kaleido-Technik nicht perfekt ist, so zeigt sie doch, dass die nächste große Revolution am eReading-Markt, trotz einiger Rückschläge in dieser Hinsicht, weiterhin die Darstellung von Farbe bleibt.

Viele Hersteller, wie beispielsweise Qualcomm oder Liquavista, sind daran gescheitert, stromsparende Farb-E-Paper Technologien auf den Markt zu bringen. Zuletzt versuchte sich auch der chinesische Elektronikhersteller TCL daran und kündigte eine transreflektive LCD-Technik unter dem Markennamen NXTPAPER an. Kaufen konnte man das angekündigte Tablet zumindest im Westen bisher aber nicht.

Die E Ink Holdings, die sich für quasi alle Displays regulärer eReader verantwortlich zeichnet, dürfte dem Ziel eines gut ablesbaren, stromsparenden, augenfreundlichen E-Paper-Farbdisplays mit hohen Sättigungswerten für den Endverbrauchermarkt, nun aber einen großen Schritt näher gekommen zu sein.

ACeP als E-Ink-Gallery-3-Basis

E-Ink Gallery 3 im Demo-Bücherregal

Im Jahr 2019 berichteten wir, dass sogenannte ACeP-Displays von der E Ink Holdings zur Marktreife gebracht wurden. ACeP steht für „Advanced Color ePaper“ und bezeichnet eine fortschrittliche Anzeigetechnik, die nicht auf einen RGB-Filter zur Farbdarstellung angewiesen ist.

Stattdessen verwendet ein ACeP-Display die von Schwarz-Weiß-Displays bekannte Mikrokapsel-Technologie. Nur eben nicht mit schwarzen und weißen Mikrokapseln, sondern mit Mikrokapseln in den Basisfarben Cyan, Magenta, Gelb und Weiß (CMYW).

Der große Nachteil dieser Displays bestand bisher in der sehr langsamen Bildschirmaktualisierung. Bis zu 25 Sekunden dauerte es, bis das damals verfügbare Entwicklungs-Kit einen vollständigen Bildaufbau durchgeführt hat. Selbst in der nächsten Generation dauerte es noch 10 Sekunden.

Dementsprechend eignete sich ACeP damals nicht für Unterhaltungselektronikgeräte, wie z.B. eBook Reader. Stattdessen sah die E Ink Holdings den Anwendungsbereich bei digitalen Anzeigen.

E-Ink Gallery 3 verspricht schnellere Reaktionszeiten

E-Ink Gallery 3 Demogeräte

Auch wenn der Name weiterhin suggeriert, dass E-Ink Gallery 3 eher für die Verwendung digitaler Anzeigen und Aufsteller vorgesehen ist, so spricht die E Ink Holdings in der Pressemeldung konkret vom eReading-Markt.

Mit dem Namen „Gallery 3“ reiht sich die Technologie damit nahtlos in die zuletzt unglückliche Namensgebung von E-Ink Carta 1000/1100/1200, E-Ink Kaleido, new Kaleido, Kaleido Plus und Kaleido Plus on Cell ein.

Aber zurück zum Thema: Die neue Technik basiert auf der vorhin beschriebenen ACeP-Anzeige. Der große Vorteil eines E-Ink Gallery-3-Displays besteht aber in der deutlich schnelleren Bildschirmaktualisierung.

E-Ink verspricht eine Schwarz-Weiß-Reaktionszeit von nur 350 ms. Das liegt in etwa am Niveau bestehender E-Ink Carta Displays. Zum Vergleich: Die erste weitverbreitete E-Ink Vizplex-Technologie brauchte noch 740 ms für eine Graustufendarstellung und 260 ms für einen 1-bit Bildaufbau.


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Für die Farbdarstellung stehen drei unterschiedliche Modi zur Verfügung: Im schnellen Anzeigemodus dauert der Bildaufbau mit Farbe 500 ms, der Standardmodus baut ein Bild in 750 bis 1000 ms auf und die beste Farbdarstellung ist in bis zu 1500 ms erreichbar.

Retina-Auflösung für gestochen scharfe Bilder

Ein weiterer großer Vorteil gegenüber ACeP und Kaleido-Displays besteht in der höheren Auflösung. Diese konnte auf 300 ppi gesteigert werden und zieht damit mit E-Ink Carta gleich.

Demo-Gerät mit E-Ink Gallery 3

Gegenüber E-Ink Kaleido ist E-Ink Gallery 3 damit deutlich im Vorteil. Diese schafft es bisher nur auf 100 ppi für zur Farbdarstellung, wobei 150 ppi Displays bereits angekündigt wurden. Unabhängig davon muss sich ein Gallery-3-Display wegen der fehlenden RGB-Schicht aber nicht mit den immer sichtbaren, kleinen Subpixel-Pünktchen herumschlagen.

Bereits erwähnt wird außerdem, dass ein E-Ink Gallery 3 Displaymodul ebenfalls mit eingebautem Frontlicht namens „ComfortGaze“ lieferbar sein wird. Dieses soll eine Blaulichtreduktion beinhalten.

Auch eine schnelle Stifteingabe wird unterstützt. Nur 30 ms soll die Reaktionszeit für diese bei Schwarz-Weiß-Eingabe betragen. Damit liegt mittelfristig ein Fokus auf weitere Größensegmente im Bereich um 8 bis 10 Zoll nahe.

Wird E-Ink Gallery 3 den Markt revolutionieren?

Das klingt zwar alles sehr gut. Die nötige Portion Skepsis ist dennoch auch hier angebracht. Denn bis auf offizielle Showcases gab es die neue Anzeigetechnologie bisher noch nicht zu sehen. Schon in der Vergangenheit waren die Erwartungen an andere Farb-E-Paper-Technologien sehr hoch und wurden letztendlich meist enttäuscht.

Auch E-Ink Kaleido klang bei der erstmaligen Ankündigung sehr gut, zeigte im Praxisbetrieb dann aber Nachteile, die das Nutzungserlebnis negativ beeinträchtigen können.

Text und Bild auf einem E-Ink Gallery 3 Demogerät

Wenn wir aber davon ausgehen, dass E-Ink Gallery 3 in der Praxis eine ebenso gute Figur macht wie in der Pressemitteilung angekündigt, dann hat sie das Zeug, den E-Reading-Markt zu revolutionieren.

Zwar braucht es im reinen Lesebetrieb oftmals keine Farbdarstellung, mit E-Ink Kaleido zeigt sich aber trotzdem deutlich, dass Farben auch beim eReader das Nutzungserlebnis aufwerten.

Die Parallelentwicklung von Kaleido- und Gallery-3-Displays spricht dafür, dass es zumindest anfänglich einen (deutlichen) Preisunterschied geben wird. Ich schätze, dass Kaleido-Displays als günstigere Farbdisplays zum Einstieg dienen sollen und Gallery-3-Bildschirme als Premium-Technologie positioniert werden. Zudem wird der noch wesentlich schnellere Bildaufbau von E-Ink Kaleido bei der Anzeige dynamischer Inhalte eine Rolle in der Technologiewahl spielen.

Zum Marktstart hält sich die E Ink Holdings noch bedeckt. Bei E-Ink Kaleido und E-Ink Carta 1000/1100/1200 lagen Ankündigung und Markteinführung aber nah beisammen, sodass es mich nicht überraschend würde, wenn wir noch heuer entsprechende E-Ink-Gallery-3-Endgeräte sehen. Spätestens 2023 rechne ich aber mit eBook Readern oder Tablets die diese Technik nutzen werden.

Bildquelle: E Ink & E Ink YouTube

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Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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