eBook Warez: Wie geht es weiter mit den Buchpiraten?

Geschätzte Lesezeit: 7:09 min.

Wir haben in den letzten Wochen und Monaten schon ausführlich über die Entwicklung diverser illegaler eBook-Angebote berichtet, wobei unser Hauptaugenmerk nicht zuletzt aufgrund der großen Medienresonanz auf dem Portal b***.to lag. Seit unserem letzten Artikel hat sich aber wieder sehr viel verändert, weshalb es interessant ist, einen Blick auf die teils turbulenten Geschehnisse und die Entwicklung der letzten Wochen zu werfen.

Kurzer Rückblick auf das Jahr 2013

Ein kurzer Rückblick: Die Plattform b***.to hat im Jahr 2013 ein rasantes Wachstum hingelegt und laut eigenen Statistiken im September 2013 fast 2,5 Millionen Downloads verzeichnet. Für den Gesamtbuchmarkt ist das aktuell zwar weiterhin kein allzu großes Problem, in Relation zum gesamten eBook-Markt sind die Downloadzahlen aber durchaus alarmierend. Besonders auch für einzelne Indie-Autoren, die immer stärker auf den Digitalmarkt drängen, ist die Entwicklung wenig erfreulich. Es gab dann im Buchreport-Blog auch die Behauptung, dass die Download- und Zugriffszahlen von b***.to sowieso gefälscht seien. Dies ließ sich aber in einer Analyse von unserer Seite weitestgehend entkräften.

Kein Zusammenhang zwischen Alexa und tatsächlichen Seitenaufrufen

Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2012 wurden in Deutschland 12,3 Millionen eBooks verkauft. Für 2013 liegen die Prognosen nochmal höher, allerdings sind monatliche Downloadzahlen im Millionenbereich bei einem illegalen Portal keineswegs zu vernachlässigen.

Aufgrund des großen Andrangs hat b***.to (bisher ausschließlich auf freiwillige Zahlungen der Besucher bauend) im Oktober 2013 schließlich eine zwingende Nutzungsgebühr eingeführt. Diese soll den Buchpiraten laut eigener Aussage die Möglichkeit geben, weitere eBooks zu kaufen und (illegalerweise) kostenlos online zu stellen, sowie die Serverarchitektur finanzieren. Erwartungsgemäß sind die Downloadzahlen deutlich gesunken, befinden sich mit prognostizierten 1,4 Millionen Downloads im November aber weiterhin auf hohem Niveau.

Als die Nutzungsgebühr eingeführt wurde, hat Spiegelbest – die öffentliche Stimme des Portals – unerwartet den Hut genommen und sich von b***.to verabschiedet. Der Grund war laut eigener Aussage der massive Geldfluss, der auf das Portal eingeprasselt ist. Das war dann offenbar doch etwas einschüchternder als ursprünglich erwartet. Immerhin war Spiegelbest die Pressestimme des Portals und schaffte es immer wieder viel Aufmerksamkeit zu generieren.

Peinlicher Ermittlungsfehler

Dass es die Behörden bzw. die Rechteinhaber in erster Linie auf Spiegelbest abgesehen haben, zeigt dann auch ein kurioser Fall der Strafverfolgung, der in den letzten Tagen bekannt wurde. Im Juni 2013 gab es eine Hausdurchsuchung die ausschließlich auf den Namen und der E-Mail Adresse des Beschuldigten begründet war.

Spiegelbest stellt in seinem Blog dann auch klar, wie es dazu kommen konnte: Er selbst benutzt für seine illegale Tätigkeit Pseudonyme, die er sich einfach aus dem Telefonbuch sucht. Seine Namen sind dann immer wechselnd und irgendwann hatte der namentlich nicht genannte Beschuldigte dann wohl das Pech, dass sich Spiegelbest gerade seinen Namen rausgesucht hatte. Den gab’s in ganz Deutschland offenbar nur ein einziges Mal. Die Anwaltskanzlei Waldorf Frommer, die zahlreiche Verlage vertritt, hat dann scheinbar anhand der von Spiegelbest verwendeten E-Mail Adresse (vorname.nachname@gmail.com) im Telefonbuch nachgeschlagen und nur eine Person gefunden.

Klarer Fall: Das muss der Betreiber des größten illegalen eBook-Portals sein, oder nicht? Die Strafverfolgung wurde aktiv und bekam dann auch vom zuständigen Richter grünes Licht für die Hausdurchsuchung. Tja – gefunden wurde offenbar nichts. Das ist auch nicht wirklich verwunderlich, denn wer ist so doof und betreibt das größte illegale eBook-Portal mit seinem echten Namen? Noch absurder wird das Ganze, wenn man sich vor Augen hält, wie vorsichtig die b***.to Betreiber mit der Wahl zur Nutzung des Tornetzwerks sind.

Erschreckend ist jedenfalls, in welcher Form hier ermittelt wird. Sowohl Privatpersonen (offenbar braucht es nicht viel für einen Durchsuchungsbeschluss?) als auch Rechteinhaber müssen sich ernsthaft fragen, was das überhaupt soll.

Das nachfolgende Video beschreibt den Sachverhalt nochmal.


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GVU-Zusammenarbeit vor dem Aus?

Ermittlungserfolge gibt es also weiterhin nicht und da stellt man sich natürlich unweigerlich die Frage wie sinnvoll es ist, weiterhin Geld in diverse Dienstleistungen zur Verfolgung dieser Portale zu stecken. Mit dieser Frage beschäftigen sich offenbar auch einige Verlage. Laut Buchreport Meldungsteht die Zusammenarbeit des Börsenvereins und der GVU auf der Kippe.

Das Ziel von 100.000 Euro zur Finanzierung der GVU-Tätigkeit für den Börsenverein wurde verfehlt, denn trotz im Vorfeld offenbar regen Interesses haben sich letztendlich nur rund 20 Verlage tatsächlich für die Zusammenarbeit gemeldet. Nicht gerade förderlich dürfte dann auch gewesen sein, dass ein Gerücht kursiert ist, wonach die GVU Anzeige gegen den Tagesspiegel und die Zeit gestellt hat, weil diese ein Interview mit Spiegelbest abgedruckt haben, in dem der Name und die Adresse der Plattform im Klartext ersichtlich waren. Die Anzeige hat nämlich deutlich mehr Aufmerksamkeit generiert, als die Interviews das je alleine zustande gebracht hätten.

Die GVU war allerdings nicht für die Anzeige verantwortlich, wie man kurze Zeit später selbst klargestellt hat: “Strafanzeigen gegen Journalisten oder andere Personen im Verlagsbereich wegen veröffentlichter Interviews mit den Betreibern urheberrechtsverletzender Internetplattformen und/oder der bloßen Nennung der URL solcher Websites gehören keineswegs zum Betätigungsfeld der GVU. Die GVU ist auch nicht der Rechtsansicht, dass die bloße Nennung der URL einer urheberrechtsverletzenden Website in einem journalistischen Beitrag eine Beihilfehandlung zur Urheberrechtsverletzung darstellt und hält dementsprechend auch solcherlei Strafanzeigen nicht für zielführend. Die GVU schätzt vielmehr eine kritische Berichterstattung.

Wie es nun mit der Zusammenarbeit der GVU mit dem Börsenverein weitergeht, scheint jedenfalls noch nicht festzustehen.

Piraten wurden piratiert

Aber nicht nur bei den Piraten-Jägern gibt es ein paar Umbrüche, auch bei den Buchpiraten hat sich eine interessante Veränderung ergeben, die die Position von b***.to auf Dauer schwächen könnte. Die Rede ist von einem Leak des gesamten b***.to-eBook-Archivs. Richtig gelesen: Gut 40.000 eBooks, die b***.to gesammelt hat und illegal zum Download anbietet, wurden in einem Paket gebündelt von anderen Seiten zum Download bereitgestellt.

Warum ist das nennenswert? Weil b***.to für den Zugriff auf das Bucharchiv – wie vorhin gesagt – eine Nutzungsgebühr einhebt, das Komplettpaket aber kostenlos herunterzuladen war. Das könnte die Position der Plattform auf lange Sicht jedenfalls negativ beeinflussen – einerseits weil die eBook-Sammler nun nicht mehr dort hin (und bezahlen) müssen, andererseits weil auch andere Personen das Bucharchiv nutzen können um eine ähnliche Plattform aufzubauen.

Wachsende Downloadstatistiken des Portals bis August 2013, doch wie hoch ist der Schaden tatsächlich?

Der tatsächliche Schaden der Rechteinhaber dürfte sich aber in Grenzen halten – und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Die Privatleute die das Paket heruntergeladen haben, werden wohl bis zum Lebensende nie dazu kommen alle eBooks zu lesen.

Widerstand (DRM) zwecklos

Das Beispiel von b***.to zeigt jedenfalls sehr deutlich, dass niemand vor Piraterie im Internet sicher ist – nicht mal die Piraten selbst. Kollege Ansgar schreibt auf seiner Homepage daher auch folgerichtig: „E-Books im Netz gehören im Zweifelsfall niemandem, nicht mal den Piraten“.

Die Verlage sollten sich daher auch die Frage stellen, wie sinnvoll es ist, weiterhin auf DRM zu setzen. eBooks werden immer piratiert, genauso wie alle anderen kostenpflichtigen Digitalinhalte. Es existiert kein wirkungsvoller Schutz dagegen. Stattdessen verschlechtert man mit DRM nur das Nutzungserlebnis der ehrlichen Käufer, die sich mit Dingen wie Geräteautorisierungen und Hackerangriffen herumschlagen müssen.

Selbst die Buchpiraten werden Opfer ihrer eigenen Tätigkeit. Dagegen ist kein Kraut gewachsen – außer natürlich das eigene Angebot aufzubessern. Auch Google weist im Piracy Report deutlich darauf hin, dass man Piraterie in erster Linie mit dem eigenen Angebot bekämpft, nicht mit Abmahnungen, Einschränkungen oä.

„Piraterie entsteht oft, wenn die Nachfrage der Verbraucher nicht durch legale Angebote befriedigt wird. Wie Dienste von Netflix über Spotify bis hin zu iTunes zeigen, ist der beste Weg Piraterie zu bekämpfen, bessere und komfortablere legale Services zu schaffen. Die richtige Kombination aus Preis, Komfort und Warenbestand wird deutlich bessere Ergebnisse zur Verringerung von Piraterie liefern, als erzwungene Einschränkungen“, heißt es im Google Report.

Und wenn man schon den Nutzern und Bloggern nicht glaubt, dann wäre es möglicherweise an der Zeit zumindest dem wichtigsten Internetunternehmen Glauben zu schenken, das immerhin quasi alle Nutzerbewegungen der westlichen Welt imstande ist zu erfassen und auszuwerten.

Um jetzt abschließend die Frage zu beantworten, die im Artikeltitel gestellt wurde: Die Buchpriaten gehen nirgendwo hin. Selbst dann nicht, wenn b***.to geschlossen werden sollte. Deren eBook Archiv zirkuliert nun im Internet.

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Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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