Weltweiter Tablet-Markt wächst nur noch langsam, Amazon verliert

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Die großen Elektronikhersteller sind immer auf der Suche nach dem nächsten großen Ding. Mit dem iPhone hatte Apple gewissermaßen eine neue Ära in der Unterhaltungselektronikwelt eingeläutet und das seit Jahren schnell wachsende Touchscreen-Smartphone-Segment neu belebt. Kurz darauf sind zahlreiche andere Anbieter auf den Zug aufgesprungen (Samsung, HTC, …).

Das gleiche Spiel ließ sich nach der Vorstellung des Apple iPad auch bei den Tablets beobachten. In beiden Fällen zeigte die Wachstumskurve quartalsweise immer steil nach oben. Zuletzt gab es bei den mobilen Flachcomputern aber sehr deutliche Signale, dass sich der Aufwärtstrend verlangsamen würde. Marktführer Apple musste im Jahr 2014 Federn lassen: Die iPad-Verkäufe sind deutlich zurückgegangen. Viele Analysten haben die Entwicklung als Vorzeichen für den restlichen Markt gesehen – und sollten Recht behalten, wie eine IDC-Marktanalyse nun zeigt.

Apple, Samsung und Amazon verlieren

Im viertel Quartal 2014 mussten Apple und Samsung einen deutlichen Rückgang beim Tablet-Verkauf hinnehmen. In beiden Fällen liegt das Minus im Vergleich zum Vorjahr bei rund 18 Prozent. Das Weihnachtsgeschäft ist üblicherweise das wichtigste am Unterhaltungselektronikmarkt, womit die Verluste eine sehr deutliche Sprache sprechen.

Asus verzeichnete einen rund 15 prozentigen Rückgang und Amazon hatte mit einem Minus von rund 70 Prozent die größten Verluste. Für den Versandriesen ist diese Entwicklung wohl noch unerfreulicher als für den Rest, denn dieser will mit dem (zum Teil stark vergünstigten!) Tablet-Verkauf in erster Linie das eigene Ökosystem von Apps, Filmen, Serien, Musik, eBooks und Spielen stärken. Bleiben die Tablet-Verkäufe aus, hat das über kurz oder lang vermutlich auch negative Auswirkungen auf das Content-Angebot.

Ein Grund für den starken Rückgang könnte die stark eingeschränkte Benutzeroberfläche sein. Die Fire-Tablets von Amazon nutzen zwar Android, haben allerdings keinen direkten Zugang zu Google Apps und sind auch sonst in einigen Bereichen stark verändert und eingeschränkt. Dies könnte den weiteren Verkauf trotz der sehr guten Hardware erschweren, denn immer mehr Nutzer wissen eine unveränderte Android-Oberfläche aufgrund der Stabilität, Offenheit und oftmals schnelleren Update-Möglichkeiten zu schätzen.

Allerdings gibt’s auch eine andere Seite, denn nicht alle Hersteller mussten Verluste schreiben: Kleine Anbieter, die in der IDC-Analyse nur unter „Andere“ zusammengefasst wurden, legten um rund 36 Prozent zu und haben fast die Hälfte aller im Weihnachtsgeschäft verkauften Tablets ausgemacht. Man lehnt sich wohl nicht zu weit aus dem Fenster wenn man hier besonders die Billiganbieter als Gewinner sieht, deren Geräte schon weit unter der 200 Euro Markt zu haben sind und für den Otto-Normal-Verbraucher dank schneller Chipsätze und blickwinkelstabiler Displays in der Alltagsnutzung oftmals völlig ausreichend sind.

Insgesamt steht unter dem vierten Quartal aber dennoch ein Minus von 3,2 Prozent, d.h. es wurden unterm Strich weniger Tablets verkauft als noch im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Tablets sind „fertig“ entwickelt

Im Gesamtjahr 2014 rettet sich der Tablet-Markt allerdings mit einem leichten Plus von 4,4 Prozent noch ans Ufer, wenngleich der Jahresabschluss das wohl wichtigere Signal für die zukünftige Entwicklung liefert. Letztendlich haben Tablets damit durchaus das gleiche „Problem“, das man eBook Readern seit 2012 oftmals nachgesagt hat. Die 7 Zoll Tablets werden mittlerweile (angeblich) oft von großen Smartphones bzw. Phablets (Geräte ab 5,5 Zoll) ersetzt. Die gleiche Argumentation wurde auch bei den eReadern genutzt, die (angeblich) oftmals durch Tablets ersetzt bzw. obsolet wurden.

Meiner Einschätzung nach spielt aber eine ganz andere Sache eine mindestens ebenso große Rolle: Während es bei Smartphones in der Vergangenheit jährlich unglaublich große Innovations- und Technologiesprünge gab und die Nachfolgegenerationen oftmals deutliche Verbesserungen in Handhabung und Nutzungsqualität gebracht haben, sieht die Sache bei den Tablets seit mindestens zwei Jahren ganz anders aus. Viele Geräte besitzen ein blickwinkelstabiles IPS-Display und sind mit ausreichend schnellen Chips ausgestattet, sodass ein Geräteneukauf in vielen Fällen unnötig sein dürfte. Ebenso wie einen eBook Reader, muss auch ein Tablet nicht jedes Jahr ersetzt werden. Es wundert daher auch nicht, dass sich die Verkaufszahlen auf einem niedrigeren Niveau einpendeln, nachdem eine gewisse Marktsättigung erreicht wurde.

Das heißt aber selbstverständlich nicht, dass die Geräteklasse dem Untergang geweiht ist, wie man bei den dedizierten Lesegeräten wunderbar sehen konnte. Seit 2012 wird den eReadern das Ende vorausgesagt, tatsächlich erfreuen sie sich aber weiterhin großer Beliebtheit und sind letztendlich auch für das Gros der eBook-Umsätze verantwortlich. Nicht umsonst ist Amazon weltweiter Marktführer am eBook-Markt, trotz durchwachsener Tablet-Verkaufszahlen.

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Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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