Blaues Licht beim eBook Reader, wie gefährlich ist es?

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In den letzten Jahren gab es vermehrt Untersuchungen zur Rolle künstlichen Lichts und der Beeinflussung hormoneller Vorgänge im menschlichen Körper. Der Hintergrund des Ganzen: Moderne Displays weisen einen vergleichsweise hohen Anteil an kurzwelligem blauen Licht auf. Dieses Licht steht in Verdacht auf verschiedene Vorgänge im Körper (negativ) zu wirken. Unter anderem soll der Wach-Schlaf-Rhythmus unter der verstärkten Exposition von blauem Licht leiden.

Vor wenigen Wochen wurde eine weitere Studie zu dem Thema veröffentlicht, die auch im Internet durchaus große Wellen geschlagen hat und von vielen großen Portalen aufgegriffen wurde.

Blaues Licht verändert den Schlafrhythmus

Das Testprozedere der Studie sah folgendermaßen aus: Insgesamt 12 Teilnehmer (je sechs) haben an jeweils fünf aufeinander folgenden Abenden auf einem Apple iPad oder in einem normalen Papierbuch (mit gedimmter externer Beleuchtung – siehe unten) gelesen. Nach den fünf Tagen wurde gewechselt. Am jeweils fünften Tag wurde die Konzentration des Hormons Melatonin gemessen, das u.a. den Schlafrhythmus maßgeblich beeinflusst. Zusätzlich wurden die Probanden zur Schlafqualität befragt. Das Ergebnis: Die Nutzer des iPads wiesen in beiden Fällen einen niedrigeren Melatonin-Spiegel auf, haben länger gebraucht um einzuschlafen und letztendlich auch schlechter geschlafen.

Damit bestätigt diese Studie auch andere Untersuchungen, die bereits zu ähnlichen Ergebnissen gekommen sind, wobei festzuhalten ist, dass nicht nur Tablet-Nutzer betroffen sind, sondern generell alle Personen die LED-Displays nutzen: Smartphone, Computermonitor bzw. Laptop und natürlich auch beleuchtete eBook Reader haben allesamt grundsätzlich alle das gleiche Problem.

Die Probleme des Studiendesigns

Nun stellt sich natürlich die Frage, wie man dem in der Studie gefundenen Effekt entgegenwirken kann, denn ein niedriger Melatoninspiegel verändert nicht nur die Schlafqualität, sondern wird auch mit einem erhöhten Krebsrisiko und anderen Krankheitsbildern in Verbindung gebracht. Außerdem könnte blaues Licht auch bei verschiedenen Erkrankungen der Augen eine Rolle spielen.

An dieser Stelle muss man aber zunächst klarstellen, dass das Studiendesign eine Extremsituation abgebildet hat, denn das verwendete iPad wurde im genutzten vierstündigen Zeitraum, in einem Abstand von 30 bis 45 Zentimetern, mit voller Helligkeit genutzt.

Die Studienautoren geben die Helligkeit in einem Abstand von rund 40 Zentimetern mit ca. 32 Lux an. Das von der externen Lichtquelle beleuchtete Buch hat hingegen mit knapp unter 1 Lux (indirekt) gestrahlt.

Als Raumbeleuchtung kamen Leuchtstofflampen mit einer Farbtemperatur von 4.100K zum Einsatz. Mit solch unterschiedlichen Beleuchtungsszenarien ist ein Vergleich der Auswirkungen auf den Melatoninspiegel zwischen beiden Medien im Endeffekt eigentlich nicht wirklich aussagekräftig.

Wie problematisch ist das Lesen auf eReadern?

Aber kommen wir zum eBook Reader: Unter den gleichen Bedinungen (40 cm Abstand, volle Helligkeit) strahlt ein Kindle Paperwhite mit nur rund 7 Lux.

Bei Dunkelheit wird die Beleuchtung üblicherweise aber auf ein deutlich niedrigeres Niveau abgesenkt und dürfte bei den allermeisten eReader-Nutzern jedenfalls deutlich unter 2 Lux liegen (oftmals vermutlich sogar unter 1 Lux). Im praktischen abendlichen Alltag dürfte die Lichtintensität die vom eBook Reader ausgeht, damit im Regelfall um rund 95 Prozent (und mehr) niedriger sein als in der Untersuchung und kaum höher als beim in der Studie beleuchteten Buch.

Das nachfolgende Bild visualisiert den Unterschied. Rechts ist ein Tablet mit höchster Helligkeitseinstellung zu sehen, links ein eBook Reader mit für die Umgebungshelligkeit adäquat gewählter Helligkeitsstufe.

Den eBook Reader (links) sieht man am Foto kaum, weil das Tablet viel zu hell leuchtet (wie in der Studie). Gleichzeitig ist der eReader mit freiem Auge aber völlig problemlos ablesbar. Daher: Die Helligkeit eines Lesegeräts sollte immer nur so hoch gestellt werden, wie es nötig ist. Am besten lässt man den Augen ein wenig Zeit, um sich an eine niedrige Helligkeit zu gewöhnen, anstatt einfach mit hoher Lichteinstellung weiterzulesen.

Die absolute Blaulicht-Strahlungsintensität dürfte also jedenfalls sehr weit unter dem Niveau des getesteten iPads liegen und damit bleibt auch völlig offen, ob es unter praktischen Bedienungen irgendwelche nachteiligen Auswirkungen gibt.

Blaulichtanteil in der Praxis

Insbesondere bei den Herstellern von Computermonitoren ist die Verringerungen des Blaulicht-Anteils bereits in die Entwicklung und Produktion miteingeflossen. Auf den verschiedenen Homepages der Produzenten findet man oftmals auch weitere Informationen dazu, so z.B. auch bei Eizo. Auf deren Webseite heißt es, dass sich die absolute Menge des blauen Lichts bereits um fünf Sechstel (!) reduzieren lässt, wenn man die Farbtemperatur von 7.000K auf 5.000K senkt (-20 Prozent blaues Licht) und die Helligkeit von 350 cd/m² auf 120 cd/m² verringert.

Mit einfachen Maßnahmen lässt sich der Blaulichtanteil eines Monitors deutlich senken, wie Hersteller Eizo auf der Homepage erklärt. Bildquelle: Eizo.de

Legt man das Ganze auf den vorhin genannten Vergleich zwischen den in der Studie genutzten Tablets und einem typischen eBook Reader um, dann kann man festhalten, dass die Strahlungsintensität des Blaulichts alleine wegen des Helligkeitsunterschieds schon deutlich geringer ist. Hinzu kommt, dass die Farbtemperatur vieler moderner eReader mittlerweile leicht ins Rot-Grün-Gelbliche geht und nicht mehr ins Bläuliche, wie das bei der allerersten Generation häufig der Fall war.

Als Nutzer eines dedizierten Lesegeräts wie dem Kindle Paperwhite, Tolino Vision 2, Kobo Aura H2O oder PocketBook Touch Lux 2 (und vielen anderen), empfiehlt es sich daher in erster Linie die Helligkeit immer nur so hoch wie nötig einzustellen. Im abgedunkelten Raum sollte man somit eine vergleichsweise niedrige Einstellung nutzen und einfach einen Moment warten, bis sich die Augen an die Dunkelheit und die geringere Helligkeitsstufe des Displays gewöhnt haben.

Für Tablet-Leser gilt die gleiche Empfehlung. Zusätzlich hat man hier auch noch die Möglichkeit einen Softwarefilter zu installieren, der die Farbtemperatur des Displays ändert. Das verfälscht zwar die Farben, daran gewöhnt man sich allerdings ebenfalls nach kurzer Zeit, sodass der Umstand nicht mehr auffällt – besonders wenn man ohnehin nur Text liest.

Auch PC-Nutzer können weitere Maßnahmen setzen. Abgesehen von der Verringerung der Farbtemperatur, die quasi jeder moderne Monitor erlaubt (einige erlauben auch das händische Nachbessern der einzelnen Kanäle), gibt es auch hier eine Softwarelösung mit dem Namen F.Lux. Besonders für Personen die spät abends noch am PC arbeiten, empfiehlt sich die Nutzung der Software.

Don’t panic!

Letztendlich bleibt festzuhalten, dass die Studie im Endeffekt nur einen grundsätzlichen Zusammenhang abgebildet hat. Wie sich dieser bei praxisnaher (!) Nutzung eines Lesegeräts tatsächlich auswirkt, bleibt völlig offen (siehe oben).

Fest steht, dass man die Blaulichtmenge mit einer einfachen Absenkung der Helligkeit schon drastisch reduzieren kann. Daher sollte man auch davon absehen, die Lichtstärke unnötig hoch einzustellen, auch wenn das die Bildqualität zunächst subjektiv verbessert. Nach kurzer Umgewöhnung ist auch eine niedrige Helligkeitseinstellung tadellos nutzbar und letztendlich wohl auch gesünder.

In jedem Fall gilt aber, dass man nicht in Panik verfallen sollte. Auch wenn die grundsätzliche Wirkung des blauen Lichts auf den Melatoninspiegel mittlerweile mehrfach festgestellt wurde, so bleibt weiterhin offen, wie sich das Ganze insbesondere bei der Nutzung eines eBook Readers auswirkt. Mit der bereits genannten einfachen Maßnahme der Helligkeitsreduzierung lassen sich mögliche negative Effekte vermutlich drastisch reduzieren, sodass die Auswirkungen wohl sehr gering zu halten sind.

Wichtiger ist da vermutlich beim nächsten LED-Lampen-Kauf als Glühbirnenersatz, auf eine möglichst warme Farbtemperatur zu achten (3.000K und darunter), denn bei entsprechender Watt-Stärke ist die Lichtintensität einer guten LED nochmals ungleich höher als beim getesteten iPad. Eine kaltweiße LED-Lampe könnte sich somit deutlich negativer auswirken als ein typisches Display.

LCD-Displays schaden Proteinkonzentration im Auge

Aber nicht nur der Schlafrythmus wird durch blaues Licht potentiell negativ beeinflusst, die LCD-Anzeigen können möglicherweise auch Probleme mit den Augen verursachen oder zumindest verstärken. Das bestätigt eine Studie aus Japan.

In der Untersuchung wurden die Augen von 96 Personen, jungen und mittleren Alters, untersucht (60 Männer, 36 Frauen). Dabei wurde die Konzentration des MUC5AC Proteins gemessen, das im vorderen Augenabschnitt produziert wird und Teil des normalen Tränenfilms ist.

Das Ergebnis: Personen die weniger als fünf Stunden pro Tag mit handelsüblichen Computermonitoren arbeiten, hatten 9,6 ng/mg MUC5AC im Tränenfilm, jene die allerdings mehr als sieben Stunden pro Tag vor einem Monitor verbringen, wiesen im Schnitt nur 5,9 ng/mg des Proteins auf.

Langes Arbeiten am LCD führt zu Problemen

Einer der Studienautoren vergleicht die niedrigen Werte mit jenen von Personen, die an ärztlich diagnostizierten Benetzungsstörungen der Augen leiden. Dort beträgt die Konzentration des Proteins nur 3,5 ng/mg.

Die Ursachen für die Probleme sind vielfältig, wobei eine zu niedrige Blinkfrequenz und tendentiell zu weit geöffnete Augen beim Ablesen eines Computermonitors offenbar zu den Hauptgründen gehören. Gegenüber Reuters gibt der Studienleiter zu Protokoll: „Wenn wir auf Computerbildschirme schauen, ist unsere Blinkfrequenz im Vergleich zum Lesen eines Buches verringert.“

Nun stellt sich natürlich die Frage nach der genauen Ursache für den schädigenden Effekt, denn es ist durchaus möglich, dass nicht der Monitor an sich das Problem ist, sondern die Tätigkeit die beim Arbeiten damit ausgeübt wird. Allerdings können natürlich auch die Eigenheiten eines typischen LCDs, wie die transmissive Funktionsweise, (mit-)verantwortlich sein.

In jedem Fall ist der Studienleiter davon überzeugt, dass beim Lesen eines Buches keinerlei Probleme auftreten, womit eBook Reader mit reflektiven E-Ink Displays, ohne permanent stattfindenden Bildaufbau, wohl auch auf der sicheren Seite sein dürften. Wer auf Nummer Sicher gehen will, der sollte dann aber auch die eingebaute Beleuchtung nur bei Bedarf und nicht andauernd auf voller Stufe nutzen.

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Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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