eBook Reader für Linkshänder

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Es wird geschätzt, dass zwischen 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung bevorzugt die linke Hand für verschiedene Arbeiten benutzt. Beim Schreiben auf Papier von links nach rechts kann das durchaus störend sein, aber auch beim Lesen ist die Händigkeit ein relevantes Thema. Genauer gesagt, beim digitalen Lesen mit einem eReader: Nicht alle Geräte sind gleich gut auf die linksgerichtete Bedienung vorbereitet.

Nachfolgend schauen wir uns an, welche Hersteller sich Gedanken beim Hard- und Softwaredesign ihrer eBook Reader gemacht haben. Wer der großen Anbieter zählt auch Linkshänder zur Zielgruppe und worauf kann man beim Kauf achten? Um diese Fragen zu beantworten, unterscheiden wir zwischen Hard- und Software.

Hardware: Design und Knöpfe

Die Hardware umfasst das Design, die Bauform, die Knöpfe, das Material, die Symmetrie usw.

Die meisten eBook Reader der wichtigsten Hersteller besitzen nur noch selten dedizierte Blättertasten. Früher waren Knöpfe zum Umblättern völlig selbstverständlich, allerdings war die Touchscreendurchsetzung damals deutlich geringer. Mit dem Siegeszug der Touchscreens verschwanden auch die Knöpfe von den Lesegeräten.

Aber nicht überall: PocketBook ist einer der wenigen Hersteller, der bei quasi jedem Mainstream-Modell weiterhin dedizierte Blättertasten eingesetzt hat. Nicht nur bei jenen Geräten, die mit Generationenwechseln auf das gleiche Design setzen (Touch Lux Reihe), sondern auch bei neu gestalteten Modellen (Ultra, Sense) findet man Druckknöpfe.

Zwar hat sich der Aufdruck der Tasten zwischenzeitlich geändert (im Bild PocketBook Touch Lux 2), die Anordnung ist seit Jahren allerdings gleich.

Die freie Tastenbelegung ist hierbei ein zusätzlicher Bonus. Als Linkshänder kann man die Belegung der Knöpfe einfach umdrehen (links vorblättern, rechts zurückblättern).

Aber nicht nur PocketBook verwendet weiterhin dedizierte Knöpfe. Auch unbekanntere Hersteller setzten häufig auf Blättertasten. Onyx und Icarus sind hierzulande die bekanntesten Underdogs. Dort lässt sich die Tastenbelegung manchmal ebenfalls anpassen, oder es befinden sich beidseits des Displays jeweils zwei Knöpfe zum Vor- und Zurückblättern.

Die Tasten beim Voyage sitzen unsichtbar unter der Oberfläche. Zwei Markierungen, auf beiden Seiten des Bildschirms, zeigen die Position.

Und auch Amazon bietet mit dem Kindle Voyage ein Lesegerät, das rechts und links neben dem Bildschirm je zwei Blättertasten besitzt. Im Gegensatz zur Konkurrenz handelt es sich allerdings nicht um reguläre Druckknöpfe. Die druckempfindlichen Tasten sind hier unter der Glasfront angebracht und mit den Fingern nicht fühlbar. Nur die optische Markierung (Punkt: Zurück; Strich: Vorwärts) verrät das Vorhandensein und die Position.

Dabei ist es erwähnenswert, dass es sich nicht um touchsensitive Tasten handelt, sondern um druckempfindliche Sensoren. Die Empfindlichkeit kann man in drei Stufen einstellen. In der Praxis bedeutet das, dass man die Finger auch problemlos an den Rändern verweilen lassen kann, ohne dass ein unbeabsichtigter Blättervorgang ausgelöst wird.

Eine noch ungewöhnlichere Lösung bietet der Tolino Vision 2. Dieser besitzt keine Knöpfe, sondern einen Beschleunigungssensor. Wenn man mit dem Zeigefinger auf die Rückseite tippt und der Sensor die Erschütterung registriert, blättert das Gerät vorwärts. Das klappt nach kurzer Eingewöhnung zuverlässig – ganz egal ob man den eReader in der linken oder rechten Hand hält.

Die Tap2Flip-Funktion beim Tolino Vision 2 ist auch mit der linken Hand bestens nutzbar.

Die genannten Modelle und Hersteller kann man als Linkshänder somit schon mal vormerken.

Zum Abschluss ist noch erwähnenswert, dass es auch ein paar wenige asymmetrisch gebaute eReader gibt. Deren Handhabung ist trotz dedizierter Knöpfe in erster Linie auf Rechtshänder ausgerichtet (z.B. Pocketbook InkPad).

Software: Teils große Unterschiede

Etwas komplizierter sieht die Sache bei der Software aus. Zwar handelt es sich genau genommen auch bei der Möglichkeit die Tastenbelegung zu ändern (siehe oben) um eine Softwarelösung. Wir wollen uns im nachfolgenden Abschnitt allerdings auf die Touchscreenbedienung konzentrieren.

Anfänger sind oft überrascht, dass die Umblätterfunktionen via Touchscreen zum Teil sehr unterschiedlich umgesetzt werden. Generell gibt’s hier zwei unterschiedliche Lösungen: Entweder man wischt mit dem Finger über den Bildschirm, oder man tippt einfach kurz drauf.

Die Wischgeste funktioniert im Grunde bei allen aktuellen eReadern gleich. Indem man von rechts nach links wischt, blättert man vorwärts, die umgekehrte Richtung blättert zurück.

Beim Antippen muss man verschiedene Touchzonen unterscheiden. Vordefinierte Bereiche am Display sind für verschiedene Funktionen reserviert. Tippt man beim Kindle in den oberen Bereich des Bildschirms, öffnet man das Menü. Bei Tolino, Kobo und PocketBook öffnet man das Menü mit einem Antippen in die Mitte des Displays. Nachfolgend werfen wir einen genaueren Blick auf die Konfigurationen der Hersteller.

Amazon Kindle

Amazon reserviert den Großteil des Displays zum Vorwärtsblättern. Nur ein schmaler Streifen am linken Rand ist zum Zurückblättern vorgesehen. Das ist als Linkshändler zwar nicht optimal, aber funktioniert nach kurzer Eingewöhnung trotzdem ganz gut. Eine Änderung der vordefinierten Bereiche ist nicht möglich.

Die Touchzonen der Kindle eReader sind zwar eher auf eine rechtshändige Bedienung ausgerichtet, funktionieren aber auch linkshändig ganz gut.

Urteil: Eher für Rechtshänder, geht auch mit links.

Tolino

Bei Tolino sieht die Aufteilung anders aus. Hier sind die Touchzonen gedrittelt. Hält man den eReader in der linken Hand, ist das Vorblättern durch Antippen schwierig. Die entsprechende Touchzone befindet sich – nicht änderbar – am rechten Rand des Displays.

Die Touchzonen der Tolino eBook Reader sind für Linkshänder ungünstig.

Urteil: Für Rechtshänder.

PocketBook

PocketBook hat die Bereiche symmetrisch aufgeteilt. Mit Ausnahme mehrerer Teile, kann man hier auf einer großen Flächer zur nächsten Seite blättern. Die Abstände sind dabei mit Links und Rechts gleich, sodass es bei dieser Aufteilung egal ist, welche Hand man benutzt.

Die Touchzonen bei PocketBook sind mit beiden Händen sehr gut bedienbar.

Als Bonus gibt’s bei PocketBook zudem die Möglichkeit auch CoolReader als alternative Leseapplikation zu installieren. Diese erlaubt eine Anpassung von insgesamt neun quadratischen Touchzonen.

Urteil: Für Rechts- und Linkshänder gleichermaßen geeignet.

Kobo

Kobo ist der einzige Anbieter der ab Werk eine Anpassung der Touchzonen erlaubt. In den Leseeinstellungen finden sich vier Optionen zur Änderung der Antipp-Bereiche. Die Standardeinstellung funktioniert wie bei Tolino. Zusätzlich gibt es zwei Optionen die speziell für Rechts- und Linkshänder vorbereitet wurden, sowie eine vertikale Stapelung der Zonen.

Die besten Anpassungsmöglichkeiten ab Werk bietet Kobo.

Urteil: Für Rechts- und Linkshänder gleichermaßen geeignet.

Fazit

Wie man sehen kann, unterschieden sich die Hersteller in einigen Bereichen zum Teil sehr stark voneinander. Kobo hat aktuell kein Lesegerät mit dedizierten Blättertasten im Sortiment. Als Ausgleich bietet das Unternehmen jedoch eine tolle Softwarelösung.

PocketBook hat unterm Strich die flexibelste Konfiguration. Deren eBook Reader besitzen (meist) nicht nur Knöpfe, sondern auch schlau gewählte Touchzonen. Mit der Option CoolReader zu installieren, kann man das Gerät zudem ebenso gut individualisieren, wie bei Kobo.

Bei Amazon muss man zwischen dem Kindle Voyage und den restlichen eReadern des Unternehmens unterscheiden. Mit dem Voyage bietet man eine tolle Lösung, um das Gerät mit beiden Händen problemlos benutzen zu können. Kindle Paperwhite und Touch müssen sich hingegen mit den vordefinierten Touchzonen begüngen. Diese sind zwar auch linkshändig nutzbar, aber nicht ganz so gut wie bei den zuvor genannten Konkurrenten.

Als Schlusslicht in diesem Vergleich bleibt die Tolino-Allianz zu nennen. Die Touchbereiche zum Blättern sind für Linkshänder ungünstig gewählt und können nicht geändert werden. Auch Blättertasten such man vergeblich. Lediglich die Tap2Flip-Funktion des Vision 2 ist hier ein kleiner Lichtblick, aber im Vergleich zur Konkurrenz die unflexibelste Lösung (man kann damit nur vorwärtsblättern).

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Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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