Tolino Vision und Shine Displaybruch: Garantie, Ersatz oder Reparatur

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Dass Displays von Smartphones und Tablets brechen können, das wissen fast alle Gerätenutzer. Deutlich weniger Personen sind allerdings darüber im Bilde, dass das für die Bildschirme von eBook Readern gilt. Das liegt wohl daran, dass sich die Optik der dedizierten Lesegeräte oft deutlich von den spiegelnden Glasoberflächen der Flachcomputer und Handys unterscheidet. Tatsache ist allerdings, dass auch die Displays der allermeisten eReader Glas als Trägermaterial nutzen und aus diesem Grund genauso anfällig sind, wie andere mobile Unterhaltungselektronikprodukte auch.

In unregelmäßigen Abständen bekomme ich E-Mails von Besuchern, die mich um Rat fragen, nachdem ihr Tolino, Kindle, Sony oder Kobo eReader plötzlich merkwürdige Anzeigefehler aufweist. Nach weiterer Korrespondenz stellt sich dann meist schnell heraus, dass die Bildschirme der Geräte vermutlich gebrochen sind.

Risiko bei (fast) allen Herstellern

Verhältnismäßig oft scheinen mich Nutzer von Tolino Vision oder Shine mit einem solchen Problem anzuschreiben, was allerdings auch daran liegen dürfte, dass die Geräte der Buchhandelsgemeinschaft deutlich weiter verbreitet sind als die von Sony, PocketBook oder Kobo. Von Kindle-Besitzern habe ich zwar bisher keine entsprechenden Klagen gehört, allerdings sind auch die Amazon-Modelle nicht gegen einen Displaybruch immun.

Vor einiger Zeit machte die Meldung die Runde, wonach Kindle eReader durch Röntgengeräte am Flughafen beschädigt werden. Was ich zunächst für unwahrscheinlich hielt, wurde später durch eine wissenschaftliche Erläuterung klargestellt: Nicht die Röntgenstrahlen können den Bildschirm beschädigen, sondern die elektrostatische Aufladung die im Inneren der Sicherheitsgeräte entsteht. Wird eine solche Ladung auf den eBook Reader übertragen, kann das dazu führen, dass die spannungsgesteuerten Mikrokapseln nicht mehr reagieren.

Nur ein einziges Mainstream-Modell besitzt ein Display, dessen Trägermaterial aus Plastik besteht: Der Kobo Forma. Plastik als Trägermaterial schützt den Bildschirm vor einem Bruch und ist auch etwas leichter. Aber auch solche Displays sind nicht unzerstörbar und können bei sorglosem Umgang Schäden davontragen. Der Forma hat zudem zwei Nachteile: Erstens vertreibt Kobo seine eBook Reader nicht mehr in Deutschland und zweitens kostet der eReader so viel wie zwei Tolino Shine 3.

Gründe für den Bruch

Aber kommen wir zurück zu den aktuellen Tolino Modellen und anderen Herstellern: Es kommt nicht selten vor, dass mir die E-Mail-Schreiber versichern, dass die Geräte sehr pfleglich behandelt wurden, immer in einer Hülle gesteckt und nie heruntergefallen sind. Der Displaybruch kommt für viele dementsprechend überraschend.

Hierbei kann man unter diesen Bedingungen pauschal zwei Gründe für einen solchen Schaden anführen:

  1. Der eReader wurde in eine Tasche, einen Rucksack oder ein sonstiges Behältnis gesteckt, in dem (ungleichmäßiger) Druck auf das Gerät bzw. das Display ausgeübt wurde. Eine schwache Torsion kann bereits ausreichen, um die Glasbasis zu zerstören. So ein Transport kann 99 Mal gut gehen, aber wenn man Pech hat, dann bricht der Bildschirm beim einhundertsten Mal. Dadurch, dass eReader größer sind als Smartphones, aber durch die fehlende harte Glasfront und großflächigere Bauweise oft weniger Steifigkeit besitzen, kann (nicht muss) ein solches Problem auftreten. Ein ganz ähnlicher Fehler tritt vermehrt mit dem Apple iPhone 6 (Plus) auf, das durch eine offenbar ungeschickte Konstruktion an eine bestimmten Stelle verstärkt biegsam ist und so die Gefahr eines Displayschadens erhöht.
  2. Die zweite Möglichkeit ist zwar etwas unwahrscheinlicher, aber nicht unmöglich: Es könnte sein, dass der Bildschirm nicht spannungsfrei eingebaut wurde. Wenn das der Fall ist, dann kann theoretisch auch eine kleine Temperaturveränderung (z.B. durch Sonneneinstrahlung, Erwärmung nahe am Heizkörper, öä.) für einen Riss sorgen. Auch diese Problematik scheint es verstärkt bei verschiedenen Smartphones zu geben und ist auch bei eBook Readern nicht auszuschließen.

Das größte Problem hierbei ist sowohl für den Kunden, als auch für den Händler, festzustellen, aus welchem Grund der Bildschirm gebrochen ist. Bedauerlicherweise wird quasi in jeder Branche automatisch angenommen, dass ein Displaybruch die Schuld des Nutzers ist. Dabei ist es völlig egal, um was für ein Gerät es sich handelt und von welchem Hersteller es kommt.

Als Kunde ist das auf jeden Fall sehr problematisch, denn auch wenn viele Bildschirmschäden sicherlich auf Eigenverschulden zurückgehen, so gibt es immer wieder Personen, die sich hunderprozentig sicher sind, den Schaden nicht provoziert zu haben. Das kann z.B. der Fall sein, wenn man den eReader am Abend einfach zur Seite auf den Nachtkasten gelegt hat und am nächsten Tag plötzlich den Schaden entdeckt.

Schritte bei einem Bildschirmdefekt

Der erste Weg bei einem solchen Problem sollte auf jeden Fall zum Händler frühren. Entweder man geht direkt in den Laden, wo man den eReader erworben hat, oder man kontaktiert die Servicestelle auf elektronischen Weg. In beiden Fällen empfiehlt es sich klar zu machen, dass das Gerät gut behandelt wurde und dass man eine Gewalteinwirkung als Ursache für den Schaden ausschließen kann (sofern das tatsächlich der Fall ist).

Nun hängt es erstmal vom Händler ab, wie dieser weiterverfahren will. Im Fall eines Tolino Shine bzw. Tolino Vision wird man dabei nicht selten an den Hersteller verwiesen: Longshine.

Als Kunde soll man mit deren Serviceteam in Kontakt treten und die weiteren Schritte ausmachen (siehe unten). Wie zurvor erwähnt, ist das Problem dabei allerdings, dass ein solcher Schaden in den allermeisten Fällen automatisch als Eigenverschulden des Kunden gewertet wird. Nicht nur bei Tolino/Longshine, sondern tatsächlich bei quasi allen Herstellern von Unterhaltungselektronikprodukten.

Garantie und Gewährleistung

Auf eine Garantieabwicklung kann man in solchen Fällen also meist nicht hoffen, denn Garantie ist eine vom Hersteller freiwillig bereitgestellte Leistung. Damit hat weder der Händler noch der Produzent eine Verpflichtung Reparaturen durchzuzführen.

Wenn man Glück hat und auch der Mitarbeiter im Laden erkennt, dass der (gerade neu gekaufte) eReader keine sonstigen Beschädigungen aufweist, dann kann es sein, dass man direkt ein Austauschgerät bekommt. Das ist aber jedenfalls die Ausnahme.

Eine Garantieeinsendung auf gut Glück ist nicht zu empfehlen, da im Falle eine Ablehnung im Normalfall Kosten für die Versendung (und Rücksendung des defekten Geräts), sowie die Begutachtung durch den Techniker anfallen. D.h. auch wenn die Garantieanfrage abgelehnt wird, muss man unter Umständen bezahlen. Üblicherweise bewegt sich die Höhe der Kosten im Bereich um 20-40 Euro. Ein entsprechender Hinweis findet sich auf dem Garantieantrag, den man als Kunde vor Einsendung des eReaders unterzeichnen muss.

Glücklicherweise gibt es neben der Herstellergarantie aber auch noch die gesetzliche Gewährleistung. Diese beträgt üblicherweise zwei Jahre, wobei laut § 476 BGB angenommen wird, dass ein Mangel der sich innerhalb von sechs Monaten nach dem Kauf zeigt, schon bei „Gefahrübergang“ vorhanden war, ausgenommen wenn der Mangel offensichtlich einen anderen Grund hat.

Im Klartext bedeutet das: Tritt innerhalb von sechs Monaten ein Fehler auf, der augenscheinlich nicht durch den Kunden verursacht wurde, dann muss der Händler beweisen, dass es sich um Eigenverschulden handelt, oder das Problem beheben. Befindet man sich also noch innerhalb dieser sechsmonatigen Gewährleistungsfrist, empfiehlt es sich als Kunde eines defekten Geräts (sofern der Fehler kein Eigenverschulden ist und der eBook Reader keine Sturzschäden aufweist) sich klar und deutlich auf das Gewährleistungsrecht zu berufen – wenn nötig auch schriftlich. Die Quittung ist für jeden Garantie- und Gewährleistungsanspruch eine Grundvoraussetzung.

Sofern sich Händler und Hersteller nicht gleich bei der ersten Kontaktaufnahme kulant zeigen und das Gerät austauschen oder auf deren Kosten reparieren, ist dieser Gewährleistungsweg im Grunde die einzige Möglichkeit zu einer kostenfreien Abwicklung.

Ersatzdisplay und kostenpflichtige Reparatur

Bedauerlicherweise sind die Möglichkeiten nach den ersten sechs Monaten stark beschränkt, da man als Kunde nun beweisen muss, dass der Fehler nicht selbstverschuldet ist bzw. bereits ab Werk vorhanden war, was für eine Privatperson in keinem sinnvollen Kosten-Nutzen-Verhältnis steht.

Man kann dementsprechend eigentlich nur in den sauren Apfel beißen und das Gerät entweder selbst reparieren, kostenpflichtig vom Hersteller instandsetzen lassen, oder sich einfach etwas anderes kaufen.

Eine eigenständige Reparatur setzt voraus, dass man die Bildschirmeinheit erwerben kann. Während der Austausch an sich recht unproblematisch ist, gibt’s allerdings für quasi kein aktuelles Gerät das passende Ersatzteil käuflich zu erwerben. Zwar findet man auf der B2B-Plattform Alibaba diverse E-Ink Displays und auch auf eBay gibt es vereinzelt welche (für rund 30 bis 40 Euro), die sind allerdings in quasi allen Fällen nur für verschiedene unbeleuchtete Kindle Modelle (Kindle Keyboard oder Kindle 4) bestimmt. Für aktuelle Leucht-Modelle von Kindle, Tolino, Kobo oder PocketBook gibt’s somit keinen Ersatz.

Somit bleibt im Grunde nur die kostenpflichtige Reparatur durch die offzielle Servicestelle. Bei Tolino ist dies, wie bereits erwähnt, der Hersteller Longshine, erreichbar unter der Telefonnummer: +49 (0) 4102 492233 oder E-Mail-Adresse tolino@longshine.de. Im Oktober 2014 hat Longshine für eine Tolino Shine, Vision oder Vision 2 Displayreparatur 65 Euro verrechnet. Bevor man das Gerät einschickt, empfiehlt es sich aber jedenfalls nochmal genau abzuklären was gemacht werden soll und wie viel dafür zu bezahlen ist.

Vor dem Entschluss zur kostenpflichtigen Reparatur, sollte man aber nochmal die aktuelle Markt- und Preisentwicklung überprüfen. Gut möglich, dass es inzwischen bessere Geräte gibt, die für einen nur geringen Aufpreis zu haben sind. Bei einem Neukauf gilt dann zudem wieder die 24 monatige Gewährleistung, sodass man unterm Strich eventuell besser aussteigt, als wenn man den Defekt beheben lässt.

Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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