Kindle Paperwhite und Tolino Vision 3 HD im Vergleich
Im vergangenen Jahr waren Kindle Paperwhite und Tolino Vision (jeweils 2. Generation) Amazons und Tolinos Hauptkonkurrenten am eBook Reader Markt. Mit der Neuvorstellung des Vision 3 HD (159 Euro) hat sich das aufgrund des neuen Preisgefüges geändert. Und irgendwie doch nicht, denn schon der Vision 2 war nicht nur zumeist teurer als der Paperwhite, sondern hatte eine unverbindliche Preisempfehlung (149 Euro), die nicht weit weg vom Preis des 3 HD (159 Euro) ist, der aber im Sinne des Konkurrenzkampfes nur kurze Zeit gefolgt wurde.
Nachdem wir bereits einen Vergleich zwischen Kindle Paperwhite 3 und Tolino Shine 2 HD gezogen haben, schauen wir uns heute an, wie sich der neue Vision gegenüber dem beliebten Amazon eReader schlägt.
Gehäuse und Verarbeitung
Eigentlich könnte man an dieser Stelle den Text aus dem letztjährigen Vergleich der beiden Vorgängermodelle einfügen. Sowohl der Kindle Paperwhite 3, als auch der Tolino Vision 3 HD wurden mit (quasi) unveränderten Designs vorgestellt.
Der neue Vision sieht nicht nur auf den ersten Blick gleich aus wie der Vorgänger, er ist auch tatsächlich. Der eReader steckt im gleichen Gehäuse. Das ist allerdings kein Nachteil, denn bereits die ersten beiden Generationen des Geräts konnten mit solider Verarbeitung und guter Haptik überzeugen.
Das ist beim Tolino Vision 3 HD nicht anders: Der eBook Reader liegt gut in der Hand, nichts knarzt oder knackst.
Amazon hat den Kindle Paperwhite 3 zwar ebenfalls ins gleiche Gehäuse gesteckt, das bekam allerdings ein paar kleinere optische Änderungen spendiert. Der Gesamteindruck bleibt aber auch hier gleich: Die Verarbeitung ist bestens.
Der auffälligste Unterschied zwischen den beiden Geräten ist der Displayaufbau. Der Vision 3 HD besitzt eine durchgehende Plastikoberfläche, der Paperwhite 3 den klassischen Aufbau mit abgesetzten Seitenrändern. Da beide Bauformen gewisse Vor- und Nachteile haben, ist es letztendlich Geschmackssache, wofür man sich entscheidet.
Einen objektiv messbaren Vorteil hat der Tolino Vision 3 HD aber trotzdem: Das Gewicht ist mit nur 174 Gramm spürbar geringer als beim Paperwhite (205 Gramm). Aufgrund dieses doch beträchtlichen Unterschieds entscheidet der Vision die erste Runde für sich.
Sieger: Tolino Vision 3 HD
Ausstattung
Was die Ausstattung angeht, präsentieren sich die beiden Modelle zunächst sehr ähnlich. Sie besitzen WLan, einen 4 GB großen, nicht erweiterbaren internen Speicher und ein 6 Zoll E-Ink Carta Display (siehe unten).
Schaut man jedoch etwas genauer hin, dann zeigen sich doch einige Unterschiede: Der Speicherchip ist zwar gleich groß, der für den Nutzer verfügbare Speicherplatz ist beim Kindle Paperwhite 3 mit rund 3 GB aber größer (Tolino Vision 3 HD: rund 2 GB). Somit können Kindle-Nutzer 50 Prozent mehr eBooks direkt am Gerät speichern.
Der Vision besitzt wiederum einen eingebauten Wasserschutz, der die Elektronik des Geräts per Nanoversiegelung vor Flüssigkeitsschäden schützt. Zur unbeschwerten Nutzung in Wassernähe ist das auf jeden Fall ein sehr brauchbarer Bonus.
Ebenfalls wieder mit dabei ist die innovative Tap2Flip-Funktion. Mit einem Antippen auf den Geräterücken des Vision 3 HD kann man vorwärtsblättern. Nach kurzer Eingewöhnung klappt das ganz gut.
Einen dicken Pluspunkt sammelt der Kindle Paperwhite wiederum mit dem 3G-Modell. Amazon bietet den eReader wieder in einer UMTS-Vartiante an. Damit kann man unterwegs (und im Ausland) kostenlos auf den eigenen eBook-Bestand in der Cloud zugreifen, bzw. den Kindle-Shop verwenden. Für Personen die oft auf Reisen sind oder zuhause kein WLan haben, ist 3G-Variante des Paperwhite besonders praktisch. Dafür wird aber auch ein einmaliger Aufpreis von 60 Euro fällig (179 Euro für den Kindle Paperwhite 3G).
Letztendlich herrscht bei der Ausstattung damit gewissermaßen Gleichstand: Wenn man die teurere 3G-Version in den Vergleich einbezieht, dann gewinnt der Kindle. Ohne 3G hat der Vision dank Wasserschutz die unterm Strich besseren Karten.
Sieger: Tolino Vision 3 HD bzw. Kindle Paperwhite 3G
Software
Mit dem Kindle Paperwhite 3 hat Amazon gleichzeitig ein neues eBook-Format vorgestellt. Dieses beherrscht nun Silbentrennung und diverse andere kleine Verbesserungen des Schriftbildes. Gegenüber den alten Formatieren, die oftmals in der Kritik standen, ist das ein wichtiger Schritt vorwärts. Ehrlicherweise muss man jedoch sagen, dass es hier weiterhin Verbesserungsspielraum gibt. So lässt sich bspw. die Textausrichtung weiterhin nicht anpassen.
Demgegenüber bietet der Vision 3 HD die etwas besseren Anpassungsmöglichkeiten des Textes (inkl. Ausrichtung), muss sich aber wegen der mitgelieferten Schriftarten ebenfalls Kritik gefallen lassen. Manche unterstützten nämlich weder kursive noch fette Textdarstellung.
Unterm Strich ist die Textanzeige bei beiden Modellen damit auf gleichem Niveau. Was die sonstigen Funktionen angeht, entscheidet der Kindle Paperwhite den Softwarevergleich aber sehr eindeutig für sich.
Der Kindle Paperwhite besitzt die bessere Wörterbuchfunktion, inkl. Microsoft-Online-Übersetzung. Die Lesezeichenfunktion ist dank Schnellansicht deutlich übersichtlicher. Als tolle Boni gibt’s zudem auch einen Vokabeltrainer und eine gut durchdachte Kindersicherung. Kleinere Gimmicks, wie z.B. die Anzeige der geschätzten Lesezeit bis zum Ende des Kapitels/Buches, verbessern den Lesealltag zusätzlich.
Der Tolino Vision 3 HD präsentiert sich im direkten Vergleich bodenständiger. Die Software des Geräts ist ebenfalls gut und bietet die wichtigsten Funktionen. Allerdings fällt der Funktionsumfang unterm Strich geringer aus und man merkt, dass Amazon bereits länger an der Software feilt.
Vorteile hat der Vision jedoch dank der E-Pub-Unterstützung, sodass man auch andere eBook-Shops nutzen kann, sowie mit dem Android-Internet-Browser. Dieser arbeitet fehlerfreier und schneller als das Gegenstück des Kindles. Kurze Internet-Recherchen sind bei Tolino somit komfortabler.
Ein Bonus für Bastler ist zudem die Möglichkeit den Vision 3 HD rooten zu können. Das Android-Betriebssystem lässt sich bei Bedarf anpassen und erweitern. Allerdings ist diese Änderung vom Hersteller nicht vorgesehen, weshalb sie nicht in die Vergleichswertung einfließt.
Unterm Strich entscheidet der Paperwhite den Software-Punkt daher für sich.
Sieger: Kindle Paperwhite
Display
Das Display gehört ohne Zweifel zu den wichtigsten Dingen eines dedizerten Lesegeräts. Kindle Paperwhite und Tolino Vision 3 HD besitzen beide moderne E-Ink Carta Bildschirme, mit einer 6 Zoll Diagonale und einer Auflösung von 1448×1072 Pixel. Daraus ergibt sich für beide Modelle eine Pixeldichte von sehr hohen 300 ppi. In der Praxis macht sich dies durch eine extrem hohe Textschärfe bemerkbar, die der eines gedruckten Buch in nichts nachsteht.
Aber nicht nur bei den technischen Daten zeigen sich Gemeinsamkeiten, auch in der praktischen Ausführung sind nur sehr geringe Unterschiede feststellbar. Die Kontrastverhältnisse beider Modelle liegen mit und ohne Beleuchtung auf hohem Niveau. Mit freiem Auge ist kein nennenswerter Unterschied in der Anzeigequalität feststellbar.
Auch die Ausleuchtungsqualität ist hervorragend. Sowohl beim Kindle als auch beim Tolino eReader gibt’s keine störenden Helligkeits- oder Farbverläufe. Beim Vision 3 HD gibt’s lediglich am oberen Rand einen schmalen Lichtstreifen, der den Betrieb aber nicht stört und nur der Vollständigkeit halber erwähnt wird. Im Lesealltag sind sich die Ausleuchtungen damit ebenbürtig.
Der einzig nennenswerte bzw. auffällige Unterschied betrifft die Farbtemperatur der Beleuchtung. Während der Kindle Paperwhite relativ neutral-weiß leuchtet, tendiert der Vision 3 HD eher zu kühl-bläulichen LED-Farben. Dieser Unterschied ist jedoch nur im direkten Vergleich wirklich sichtbar und für sich genommen nicht allzu auffällig.
Dabei ist es auf jeden Fall noch wichtig zu erwähnen, dass es bei den LED-Farbtemperaturen immer eine gewisse Streuung gibt und unterschiedliche Geräte der selben Baureihe (egal bei welchem Hersteller) quasi immer ein wenig anders aussehen. Es ist also sehr gut möglich, dass andere Paperwhite und Vision im direkten Vergleich weniger unterschiedlich sind.
Während der Kindle Paperwhite im Vergleich zum Tolino Shine 2 HD noch mit der höheren Helligkeit punkten konnte, ist das im Vergleich zum Vision 3 HD nicht mehr der Fall. Der leuchtet in der maximalen Stufe nämlich sogar etwas heller als das Kindle-Modell. Das ist insbesondere in gut ausgeleuchteten Räumen praktisch, denn selbst da kann man die Beleuchtung verwenden, um die Ablesbarkeit zu verbessern.
Weiterhin etwas besser ist der Paperwhite jedoch bei der minimalen Helligkeitseinstellung. Das Licht des eReaders lässt sich im unteren Bereich sehr viel feiner und dunkler regulieren. In völlig abgedunkelten Räumen ist das jedenfalls sehr praktisch. Lichtempfindliche Personen werden hier mit ziemlicher Sicherheit nicht geblendet werden.
Die minimale Helligkeitsstufe des Tolino Vision 3 HD ist zwar nicht zu hoch, aber doch sichtbar heller als beim Paperwhite. Auch hier sollte es für die meisten Personen keine Probleme geben, für lichtempfindliche Personen könnte der Vision bei Dunkelheit aber etwas zu hell strahlen. Für den Großteil der Nutzer wird das aber kein Thema sein.
Im Gegenzug muss sich der Kindle Paperwhite Kritik wegen der nicht vollständig abschaltbaren Beleuchtung gefallen lassen. Auch auf Stufe 0 leuchtet das Display noch ganz schwach. Sinn der Sache: Der eReader lässt sich somit auch die völliger Dunkelheit in Betrieb nehmen (es gibt nämlich keinen Knopf um die Beleuchtung ein- und auszuschalten). In meinen Augen hat dieser Umstand jedoch keine Auswirkungen auf die Nutzung, da die LEDs auf Stufe 0 tagsüber nichts sichtbar sind.
Letztendlich kann man sehen, dass sich Tolino Vision 3 HD und Kindle Paperwhite 3 beim Display sehr, sehr ähnlich sind. Die Unterschiede in der Helligkeitseinstellung fallen so gering aus, dass letztendlich auch bei der Gesamtwertung dieses Unterpunktes ein Gleichstand herrscht.
Sieger: Gleichstand
Preis-Leistungs-Verhältnis
Ohne lange um den heißen Brei zu reden, lässt sich feststellen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis des Kindle Paperwhite 3 besser ist. Für rund 120 Euro bekommt man einfach mehr für’s Geld. Ohne Werbeeinblendungen muss man zwar 140 Euro auf den Tisch legen, aber selbst dann ist der Paperwhite günstiger als der Vision 3 HD.
Mit 160 Euro ruft die Tolino-Allianz einen stolzen Preis für den neuen Vision aus. Der eBook Reader präsentiert sich abgesehen von der Software als mindestens gleich gut, aber die Unterschiede spiegeln den Aufpreis (trotz Wasserschutz) von 40 Euro nicht wider – insbesondere wenn man sich ins Gedächtnis ruft, dass der Shine 2 HD für nur 120 Euro zu haben ist und der Vision 2 über beinahe die gesamte Laufzeit für 130 Euro erhältlich war.
Sieger: Kindle Paperwhite
Fazit
Am Ende steht ein Punktestand von 3 zu 3, womit sich die beiden Kontrahenten unterm Strich als ebenbürtig erweisen. Gänzlich überraschend kommt das natürlich nicht, denn bereits im vergangenen Jahr lagen die beiden Vorgänger im Vergleich nah beieinander.
Mit den nun gleich guten Displays schmilzt der Vorteil für den Kindle langsam aber sicher dahin.
Letztendlich macht man mit keinem der beiden Geräte etwas falsch: Der Kindle Paperwhite 3 bietet die bessere Software und das günstigere Preis-Leistungs-Verhältnis, der Tolino Vision 3 HD den eingebauten Wasserschutz und die E-Pub-Unterstützung. Für welchen eBook Reader man sich entscheidet, hängt hier also in erster Linie von den eigenen Anforderungen ab.
Wenn man auf den eingebauten Wasserschutz des Vision verzichten kann, dann empfiehlt es sich einen Blick auf den Tolino Shine 2 HD zu werfen. Das zweite neue Tolino-Modell ist nämlich abgesehen davon gleich gut und präsentiert sich ebenfalls als ernstzunehmender Konkurrent für den Paperwhite.