Kobo Glo HD und Tolino Shine 2 HD im Vergleich

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In den vergangenen Wochen lag unser Fokus verstärkt auf den neuen Tolino Modellen. Das sollte zwar nicht überraschend kommen, da die Buchhandelsallianz in Deutschland naturgemäß eine sehr wichtige Rolle spielt, ist gegenüber einem anderen ebenfalls sehr interessanten Anbieter aber eigentlich nicht ganz fair. Die Rede ist von Kobo: Das kanadisch-japanische Unternehmen hat Mitte 2015 den Kobo Glo HD auf den Markt gebracht, der in unserem Test eine ausgezeichnete Figur gemacht hat,

Dementsprechend ist der eBook Reader natürlich auch im heurigen Weihnachtsgeschäft ein wichtiger Gegenspieler zu den Modellen von Amazon und Tolino. Heute schauen wir uns daher an, wie sich der Glo HD im Vergleich zum Shine 2 HD schlägt.

Gehäuse und Verarbeitung

Vor rund einer Woche habe ich Kobo Glo HD und Tolino Shine 2 HD auseinandergenommen. Dabei zeigte sich im Hardware-Vergleich, dass sich die beiden eReader sehr ähnlich sind und vermutlich eine gemeinsame Design-Basis teilen. D.h. sie besitzen sehr ähnlich gestatete Platinen und nutzen eine Vielzahl gleicher Bauteile.

Aber auch die Bauformen der Modelle zeigen einige Gemeinsamkeiten. Da beide einen Infrarot-Touchscreen nutzen, sind die Bildschirme bei Glo HD und Shine 2 HD ins Gehäuse eingelassen.

Ebenfalls ähnlich ist das Gewicht: Der Kobo eReader bringt 180 Gramm auf die Waage, beim Tolino Gerät sind es nur 4 (unwesentliche) Gramm mehr (184 Gramm). Der Unterschied ist nicht fühlbar.

Bauform und Optik sind sich bis auf den Knopf relativ ähnlich. Links Kobo Glo HD, rechts Tolino Shine 2 HD

Einen kleinen Vorteil, der letztendlich ausschlagegebend dafür ist, dass der Shine 2 HD den Punkt macht, ist die etwas solider anmutende Verarbeitung. Der Kobo Glo HD ist zwar haptisch ansprechend und liegt gut in der Hand, die Rückseite klappert aber etwas mehr, wenn man mit dem Finger drauftippt. Außerdem ist ein schwaches Knarzen zu vernehmen, wenn man den eReader etwas fester anpackt.

Kritik muss sich Kobo auch wegen des gummierten und mit einem Lochmuster versehenen Rückcovers gefallen lassen. Dieses ist etwas empfindlicher auf Fingerabdrücke und Staubeinschlüsse.

Auch beim Tolino Shine 2 HD neigt die Rückseite zu minimalen Klappergeräuschen wenn man fester drauftippt, allerdings knarzt oder knackst das Gerät nicht, wenn man es fester anpackt. Das liegt vermutlich an der Magnesium-Platte die hinter dem Display sitzt und eine höhere Steifigkeit bietet (siehe Vergleich in diesen Artikel).

Das ist zwar Meckern auf hohem Niveau, aber am Ende eben doch ein kleiner Vorteil für den neuen Shine.

Sieger: Tolino Shine 2 HD

Ausstattung

Wie bereits erwähnt, teilen sich Tolino Shine 2 HD und Kobo Glo HD vermutlich das gleiche Referenzdesign. Das kommt nicht überraschend, denn beide werden vom taiwanesischen Hersteller Netronix gefertigt (Hinweis: Der deutsche Tolino-Hersteller Longshine ist ein Tochterunternehmen von Netronix).

Dementsprechend ähnlich sind sich die beiden Modelle auch in der Ausstattung: Beide besitzen einen 6 Zoll Bildschirm (siehe unten), WLan zur Verbindung mit dem eingebauten Shop und eine 4 GB große interne MicroSD-Speicherkarte. Eine externe Speicherkartenerweiterung sucht man bei den Beiden vergeblich.

D.h. wenn man möchte, kann man das Rückcover abnehmen und die interne Speicherkarte gegen eine größere auswechseln. Beim Glo HD klappt das etwas leichter, da die Rückseite nicht so fest sitzt wie bei Shine 2 HD. In die Bewertung fließt das allerdings nicht ein, da ein Austausch der MicroSD-Karte von den Herstellern nicht vorgesehen ist.

Trotz der Gemeinsamkeiten stehen beim Glo HD ohne Bastelarbeit rund 3,15 GB Speicherplatz zur Verfügung, beim Shine 2 HD nur knapp über 2 GB. Der Grund: Das Android-System der Tolino-Firmware braucht mehr Platz. Damit holt sich Kobo den Punkt.

Sieger: Kobo Glo HD

Software

Die größten Unterschiede zwischen Kobo Glo HD und Tolino Shine 2 HD sind in der Software zu finden. Beide Hersteller entwickeln und pflegen ihre eigenen Benutzeroberflächen.

Während Kobo in der Vergangenheit wiederholt dafür kritisiert wurde, dass die Software der eReader nicht so stabil läuft, wie man das als Nutzer gerne hätte, kann man diesen Kritikpunkt mittlerweile getrost beiseite schieben. Mit den vergangenen Updates hat das kanadisch-japanische Unternehmen die nervigsten Fehler sukzessive ausgebessert, sodass mittlerweile eine hohe Zuverlässigkeit geboten wird.

Auch in Hinblick auf die Funktionalität kann der Kobo Glo HD überzeugen. Die Software bietet die wichtigsten Funktionen – und noch ein wenig mehr. Besonders praktisch ist für viele digitale Leseratten die Möglichkeit eBook-Sammlungen mit Calibre zu verwalten.

Beste Schriftbildoptionen bei Kobo (links)

Ebenfalls ein dicker Pluspunkt gegenüber dem Tolino Shine 2 HD (und anderen eReader-Herstellern) ist die hervorragende Schriftbildanpassung. Kobo erlaubt eine sehr fein abgestufte Einstellung von Schriftgröße, Randabständen, Zeilenhöhe und ermöglicht auch die Installation eigener Schriftarten. Besser geht’s nicht. Daran sollten sich alle Hersteller ein Vorbild nehmen.

Gegenüber dem Shine 2 HD ist der Startbildschirm außerdem wahlweise komplett werbefrei (d.h. ohne Buchempfehlungen des eingebauten Shops). Auch die Pocket-Unterstützung ist ein Vorteil: Damit kann man sich Internetartikel vom PC im passenden Format an den Glo HD schicken lassen, um sie später bequem am eReader lesen zu können.

Ebenso wie Kobo stand auch Tolino für die Software in der Kritik. Zum Start der Buchhandelsallianz im Jahr 2013, bot der erste Shine nur eine sehr geringe Funktionalität. Wörterbücher, Notizen oder Sammlungen gab es nicht. Glücklicherweise wurde dieser Mangel relativ schnell behoben, sodass schon 6 Monate nach dem Start diese selbstverständlichen Funktionen nachgereicht wurden.

Jedoch muss man weiterhin festhalten, dass der Softwareumfang unterm Strich trotzdem geringer und im Detail nicht ganz so feingeschliffen ist. So öffnet sich die Wörterbuchfunktion nur in einem bildschirmfüllenden Fenster, was es unmöglich macht den Wortkontext direkt nachzulesen. Außerdem lassen sich die Sammlungen des Geräts nicht mit Calibre synchronisieren und besondere Extras (wie z.B. die Pocket-Integration bei Kobo) stellen die Entwickler ebenfalls nicht bereit.

Das Wörterbuch ist beim Kobo Glo HD (links) schneller und intuitiver zugänglich. Der Kontext des Wortes lässt sich außerdem direkt nachlesen. Die Auswahl zwischen Bedeutungs- und Übersetzungswörterbuch merkt sich der Glo HD.

Eine Sache ist aber trotzdem deutlich besser: Der Internetbrowser des Tolino Shine 2 HD ist dank Android-Unterbau schneller und arbeitet nahezu fehlerfrei. Da kann der Glo HD nicht mithalten.

Ein für Bastler sehr nützlicher Bonus ist die Möglichkeit den Shine 2 HD zu rooten. Damit lässt sich voller Zugriff auf das Android-Betriebssystem des Geräts erlangen (das ansonsten nicht zugänglich ist), sodass man auch eigene Apps installieren kann. Diese Funktion ist vom Hersteller aber nicht vorgesehen und fließt daher nicht in die Bewertung ein.

Bei Kobo läuft zwar kein Android-System in Hintergrund, allerdings gibt’s auch hier eine aktive Modding-Community. Dadurch ist es z.B. möglich alternative Lesesoftware zu installieren, sowie kleinere Veränderungen an der Funktionalität des Geräts vorzunehmen. Aber auch das ist vom Hersteller eigentlicht nicht vorgesehen und bleibt ohne Folgen für die Wertung.

Sowohl Tolino als auch Kobo setzen auf das offene E-Pub-Format, sodass man beide eReader auch abseits der integrierten Shops mit anderen Stores (abseits Amazons) nutzen kann.

Einen kleinen Nachteil besitzt der Glo HD wiederum beim Registrierungszwang. Ohne sich bei Kobo anzumelden, kann man den eReader nicht benutzen. Das relativiert sich allerdings ein wenig, wenn man bedenkt, dass der Tolino eBook Reader den Wörterbuch-Download auch nur erlaubt, wenn man eingeloggt ist.

Unterm Strich präsentieren sich beide Softwares als sehr übersichtlich und intuititiv zu bedienen. Da der Kobo Glo HD ab Werk aber den größeren Funktionsumfang bietet (insbesondere die wirklich hervorragende Schriftbildanpassung – man kann es nicht oft genug sagen!), entscheidet er diesen Punkt für sich.

Sieger: Kobo Glo HD

Display

Der Bildschirmvergleich ist die mitunter wichtigste Kategorie bei der Gegenüberstellung zweier Lesegeräte. Hier kann ich gleich vorweg nehmen, dass sich ebenfalls nur relativ kleine Unterschiede ergeben.

Das sollte nicht verwunderlich sein, denn in beiden Fällen kommt das gleiche E-Ink Carta Display mit einer Auflösung von 1448×1072 Pixel zum Einsatz. Die Pixeldichte des 6 Zoll Bildschirms beträgt dementsprechend 300 ppi. Dank Infrarot-Touchscreens ist die Textschärfe unschlagbar gut und gleicht mit freiem Auge der eine gedruckten Buches.

Aber nicht nur die Textschärfe ist gleich, auch die Kontrastverhältnisse beider Modelle sind quasi identisch. Auch hier ist mit freiem Auge kein nennenswerter Unterschied feststellbar.

Sehr ähnliche Anzeigequalitäten.

Weiter geht’s bei der ebenfalls gleichwertigen Ausleuchtung des Bildschirms. Die jeweils fünf LEDs, die sich unsichtbar am unteren Displayrand befinden, leuchten den Anzeigebereich mit einer sehr gleichmäßigen Verteilung aus. Legt man Kobo Glo HD und Tolino Shine 2 HD nebeneinander, sind nur geringe Unterschiede feststellbar. Der schwache vertikale Helligkeitsverlauf der im unten gezeigten Bild sichtbar ist, fällt in der Praxis nicht auf.

Auch die Farbtemperaturen unserer beiden Testgeräte sind nah beisammen. Beide leuchten mit einem relativ neutralen Farbton, der eine geringe Tendenz ins warme Farbspektrum zeigt. In anderen Worten: Die Farbtemperatur der LEDs ist sehr angenehm anzusehen. Wie immer muss an dieser Stelle aber darauf hingewiesen werden, dass es bei der LED-Produktion eine gewisse Schwankung gibt und unterschiedliche Geräte der gleichen Baureihe verschiedene Farbtemperaturen aufweisen können.

Ähnliche Farbtemperaturen bei beiden Modellen. Kobo Glo HD links, Tolino Shine 2 HD rechts.

Den einzig wirklich nennenswerten Unterschied zwischen den beiden Modellen, ist die Helligkeitseinstellung. Hier entscheidet der Glo HD letztendlich auch den Punkt für sich. In der maximalen Einstellung leuchtet der Kobo eReader sichtbar heller. Tagsüber lässt sich die Ablesbarkeit so noch weiter verbessern. Aber auch am anderen Ende der Einstellungsmöglichkeiten erweist sich das Gerät als geringfügig flexibler: Die minimale Helligkeitsstufe leuchtet etwas geringer.

Die Displays sind im Großen und Ganzen zwar quasi identisch, wie aber schon im Vergleich zum Tolino Vision 3 HD und Kindle Paperwhite 3 muss sich der Shine 2 HD wegen der etwas unflexibleren Lichteinstellung (sehr knapp) geschlagen geben.

Sieger: Kobo Glo HD

Preis-Leistungs-Verhältnis

Wie sollte es anders sein: Auch beim Preis-Leistungs-Verhältnis gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Der Kobo Glo HD kostet regulär zwar 10 Euro mehr, bietet aber die bessere Software (u.a. ohne Buchempfehlungen auf der Startseite).

Auch der Tolino Shine 2 HD bietet ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Ersparnis von 10 Euro erkauft man sich letztendlich aber mit geringen Abzügen im Funktionsumfang (die Android-Rooting-Möglichkeit fließt nicht in die Wertung ein – siehe oben).

Sieger: Gleichstand

Fazit

Es ist der womöglich unspektakulärste eBook Reader Vergleich, den es hier auf ALLESebook jemals gab. Kobo Glo HD und Tolino Shine 2 HD sind sich in vielen Bereich so unglaublich ähnlich, dass die Siege in den einzelnen Kategorien nur sehr knapp erfolgt sind.

Letztendlich entscheidet der Kobo Glo HD nach 4 zu 2 Punkten den Vergleich aber trotzdem für sich. Die Softwareunterschiede sind dabei als einziger Vergleichspunkt relativ eindeutig ausgefallen.

Beides sind tolle eBook Reader, der Kobo Glo HD hat die Nase aber knapp vorne.

In Hinblick auf Display, Verarbeitung, Ausstattung und Preis-Leistungs-Verhältnis sind die Geräte trotz der z.T. unterschiedlichen Bewertungen eigentlich austauschbar. Das ist aber keineswegs schlecht – insbesondere für den zuletzt ein wenig in den Hintergrund gerückten Kobo Glo HD zeigt sich damit nämlich, dass der kanadisch-japanische eReader eine hervorragende (z.T. bessere) Alternative zu den beiden Hauptkonkurrenten Amazon und Tolino ist.

Egal für welches Gerät man sich entscheidet, fest steht jedenfalls, dass man mit beiden eReadern nichts falsch machen kann.

Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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