Amazon stellt Fire Phone vor: Naja.

Geschätzte Lesezeit: 11:57 min.

Jetzt ist es endlich da: Das Amazon Smartphone. Es hört auf den wenig kreativen Namen „Fire“ und ist ab sofort in den USA vorbestellbar. Im Großen und Ganzen lieferte Amazon mit dem neuen Smartphone genau das was man sich erwarten durfte und doch stellte sich bei mir direkt zur Produktpräsentation eine gewisse Langeweile ein.

Das Fire Phone kann zumindest mit durchaus guten Spezifikationen aufwarten: Ein Qualcomm Snapdragon 800 Chipsatz mit Adreno 330 GPU und 2 GB Arbeitsspeicher kommen zum Einsatz. Der interne Speicher beträgt wahlweise 32 GB oder 64 GB. Der 4,7 Zoll große LCD-IPS-Bildschirm löst mit (einer verhältnismäßig niedrigen) Auflösung von 1280x720 Pixel auf. Das ergibt zwar noch immer eine Pixeldichte von völlig akzeptablen 315 ppi, ist aber jedenfalls nicht auf Augenhöhe mit anderen Flaggschiff-Geräten wie HTC One, Samung Galaxy S5, LG G3 usw., die allesamt über eine Full HD oder QHD Auflösung verfügen (400+ ppi).

Kein echter 3D-Effekt

Die rückseitige Kamera schießt Fotos mit 13 Megapixel und verfügt über einen optischen Bildstabilisator. Sie ist außerdem besonders lichtempfindlich und soll relativ rauscharme Bilder auch bei Dunkelheit aufnehmen können. Das echte Gimmick des Fire Phones ist allerdings zweifellos der bereits im Vorfeld geleakte 3D-Effekt. Dieser wird durch vier Kameras an der Vorderseite des Geräts realisiert. Diese verfolgen die Kopfposition des Nutzers und passen die Bildanzeige entsprechend an. Der 3D-Effekt beschränkt sich allerdings nur auf die Perspektive der Inhalte, d.h. es handelt sich nicht um ein 3D-Display wie es z.B. das HTC Evo 3D hatte.

Mit der Gestensteuerung kann man z.B. das Menü am rechten Rand aufrufen

In verschiedenen Produkt- und Hands-On-Videos sieht der von Amazon „dynamische Perspektive“ genannte Effekt durchaus interessant aus. In jedem Fall scheint es eine nette Spielerei für Gadget-Fans zu sein. Aber genau da liegt wohl auch das Problem: Wie bereits im Vorfeld vielfach vermutet, bringt es eben – zumindest auf den ersten Blick – keinen echten funktionellen Mehrwert für den praktischen Alltag. Auch die von Amazon mehrfach gelobte Maps-Applikation (wer liefert dafür eigentlich die Daten?) konnte mich nicht überzeugen. Hinzu kommt, dass der Effekt für einen außenstehenden Beobachter recht stark an den Parallax-Effekt von iOS erinnert. Der funktioniert zwar anders, hat aber bei vielen Nutzern Übelkeit ausgelöst. Man wird sehen müssen, ob dieses Problem beim Fire Phone ebenfalls auftritt. Der Effekt lässt sich in so einem Fall aber jedenfalls abdrehen.

Hinzu kommen noch Datenschutzbedenken, da man natürlich nicht weiß, welche Daten der fünf Frontkameras das Smartphone speichert. Natürlich haben auch andere Geräte vorderseitig eingebaute Kameras, die sind aber zumindest nicht andauernd eingeschaltet.

Die Kameras dienen auch einem Gestensteuerungssystem. Kippt man das Smartphone, lassen sich links- und rechtsseitige Menüs aufrufen. Außerdem lässt sich mit einem Kippen durch Texte scrollen. Nach ersten Informationen soll dies besser funktionieren, als bei den bereits erfolgten Umsetzungen von Samsung oder LG, wo nur der Beschleunigungssensor zur Umsetzung herhalten musste.

Am Gehäusedesign orientiert sich der Versandriese auf den ersten Blick eindeutig am iPhone. Allerdings hapert es in der Umsetzung, denn während das Apple Smartphone eine Symmetrie besitzt, sind die Abstände ober- und unterhalb des Bildschirms beim Fire Phone unterschiedlich groß (zumindest auf den offiziellen Produktbildern). Auch der Home-Button sieht ein wenig deplaziert aus – genauso wie die vier Kameras in den Ecken. Während Apple das minimalistische Design beim iPhone recht gut hinbekommen hat, wirkt es beim Amazon Smartphone gezwungen.

Außerdem könnte der ungünstig platzierte Standby-Knopf am linken oberen Gehäuserand sich negativ auf die Nutzbarkeit im Alltag auswirken. Immer mehr andere Smartphonehersteller größerer Geräte haben die Knöpfe aus diesem Grund an die Seite verfrachtet (angeblich auch beim nächsten, 4,7 Zoll großen iPhone).

Stark eingeschränktes Android-System

Platzverschwendung am kleinen Smartphone Startbildschirm

Ein weiterer Kritikpunkt ist der in meinen Augen völlig vermurkste Startbildschirm. Amazon setzt wie schon bei den Kindle Fire Tablets auf ein Karussell-Menü, das ebenfalls mit dem neuen 3D-Effekt ausgestattet wurde. Während das am Tablet in meinen Augen gerade noch vertretbar ist, ist diese Art der Platzverschwendung am „kleinen“ Smartphonebildschirm ein Fehler. Das musste auch schon Microsoft einsehen, die den Startbildschirm von Windows Phone ein wenig umbauen mussten um den leeren Platz nach reichlich Kritik doch aufzufüllen.

Das größere Problem ist aber wohl die starke Einschränkung des Android Systems. Es wird wohl wieder keine Möglichkeit geben auf die verschiedenen Google Dienste zuzugreifen, was in meinen Augen ein durchaus großer Einschnitt ist. Außerdem könnten auch ganz banale Dinge wie Hintergrundbilder für den Startbildschirm wieder nicht nutzbar sein.

In gewisser Hinsicht erinnert das Smartphone damit an das geschlossene System des Apple iPhones oder von Windows Phone. Auch dort sind Systemanpassungen nur sehr eingeschränkt möglich. Während das bei Apple für die Nutzer kein wesentliches Problem zu sein scheint, gibt’s für andere in diesem Segment aber offenbar nur wenig Platz, denn Microsoft kann am Smartphone-Markt trotz großen Aufwands nur sehr langsam wachsen. Ich sehe keinen Grund warum es Amazon hier besser ergehen sollte.

Firefly zur Welterkennung

Das gesamte System ist – wenig überraschend – auf’s Amazon Ökosystem ausgerichtet

Das interessanteste Feature ist wohl die Firefly genannte Produkterkennungsfunktion. Dabei handelt es sich um eine audiovisuelle Suchmaschine. Das heißt, man nimmt mit der Kamera ein Objekt auf, bzw. lässt das Smartphone Musik mithören und bekommt den Namen des Produkts oder Musikstücks. Natürlich immer mit dem passenden Link zum Kauf bei Amazon. Das System erkennt angeblich mehr als 100 Millionen unterschiedliche Produkte. In einem Engadget-Video konnte ein Amazon-Vertreter den Effekt allerdings mangels passender Objekte nicht durchführen, was natürlich die Frage aufwirft, wie gut das Ganze tatsächlich funktioniert. Man kennt so etwas ja bereits von Google Goggles, das nur suboptimale Ergebnisse gebracht hat.

Aber abgesehen von Produkten erkennt Firefly auch QR-Codes, Telefonnummern, E-Mails, Internetadressen und Straßenschilder. Das könnte sich im Alltag also als durchaus nützliche Funktion entpuppen – sofern alles wie versprochen klappt.

Fire Phone ist kein Schnäppchen

Das wohl größte Problem des Fire Phones ist der hohe Preis. Für umgerechnet rund 500 Euro ist das Smartphone ohne Vertrag erhältlich, womit es sich deutlich von der bisherigen Billig-Preis-Strategie Amazons entfernt. Die HDX-Tablets sind natürlich auch nicht ganz billig, allerdings im Verhältnis zur Hardware aber eben doch günstiger als die meisten Konkurrenten. Für das neue Smartphone gilt das kaum. Die Hardware ist zwar gut, aber zählt keinesfalls zu den Besten am Markt. Besonders die niedrigere Auflösung des Bildschirms dürfte sich zumindest im direkten Vergleich bemerkbar machen. Im Endeffekt handelt es sich unterm Strich um ein hardwaretechnisch minimal überdurchschnittliches Smartphone mit massiven Einschränkungen bei der Software. Zumindest in Deutschland wird man so etwas kaum an den Kunden bringen. Jedenfalls nicht zu dem Preis. Schon die Tablets sind hierzulande nicht so erfolgreich wie erhofft, wie Amazon jüngst selbst eingeräumt hat.

In den USA könnte das neue Smartphone meiner Meinung nach durchaus ein paar Anhänger gewinnen. Der dortige Exklusivvertrieb bei AT&T kann einen möglichen Verkaufserfolg allerdings auch behindern. Schon Apple sah sich zum Start des iPhones Kritik an der Exklusivpartnerschaft ausgesetzt. Zum damaligen Zeitpunkt gab es für das iPhone aber noch deutlich weniger Konkurrenz, sodass der Will-Haben-Effekt die Nachteile bei vielen Käufern offensichtlich überwogen hat. Ob Amazon das auch gelingt, bezweifle ich.

Das Fire Phone wird vorerst nur in den USA erhältlich sein, wobei Amazon angeblich auch schon in Großbritannien mit Mobilfunkanbietern verhandelt. Wann (und ob) der Deutschlandstart erfolgt, ist nicht bekannt. Wirklich traurig braucht man deshalb aber wohl nicht zu sein.

Nachfolgend das Video von der Präsentation.


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Meldung vom 5. Juni 2014: Amazon wird Kindle 3D-Smartphone am 18. Juni vorstellen

Eigentlich wurde ja schon seit mehreren Jahren erwartet, dass Amazon nach dem Tablet-Start auch ins Smartphone-Geschäft einsteigen würde. Nachdem es relativ lange wenig Konkretes gab, hat sich dies im Herbst 2013 langsam geändert, sodass es bald schon als offenes Geheimnis galt, dass Amazon heuer auch ein Smartphone präsentieren wolle.

Nun ist es so weit, denn wie der Versandriese auf der US-Homepage mitteilt, wird das Unternehmen am 18. Juni ein neues Gerät auf den Markt bringen. Was genau, das verrät Amazon noch nicht. Allerdings gibt’s auf einer eigens eingerichteten Anmeldeseite zur Pressevorstellung auch ein Video (siehe Ende des Artikels), das einen sehr deutlichen Hinweis darauf gibt, dass es sich um das lange erwartete Smartphone handelt.

3D-Effekt bestätigt?

In typischer Amazon-Manier sind im Video einige Personen zu sehen, die das Smartphone offenbar in den Händen halten und den 3D-Effekt bewundern. Dabei drehen und neigen sie die Köpfe und verändern die Blickpositionen. Das passt auch zu den Gerüchten, wonach das Smartphone die Position des Nutzers mit vier Kameras verfolgen kann und den 3D-Effekt so laufend an den neuen Blickwinkel anpasst.

Offen bleibt allerdings, ob es sich um den einzigen Produktstart handelt. Der Kindle Ice Wine sollte laut Techcrunch ebenfalls noch in der ersten Jahreshälfte präsentiert werden. Dabei handelt es sich angeblich um einen Nachfolger für den Kindle Paperwhite. Dafür wäre das Vorstellungsdatum allerdings eher ungewöhnlich – ebenso wie ein paar weitere Details (wie im Vorfeld berichtet). Ich habe daher schon früher vermutet, dass es eventuell ein Nachfolger für den Kindle DX sein könnte, der vor kurzer Zeit auch aus dem US-Angebot von Amazon entfernt wurde. Die Vorstellungen der beiden Kindle DX erfolgten zu ähnlichen Zeiten (6. Mai 2009 und 1. Juli 2010).

Sollte es sich hingegen doch um einen Paperwhite-Nachfolger handeln, dann darf man mit dem Kindle Ice Wine vermutlich eher erst im Spätsommer oder Herbst rechnen.

Geschlossenes System als möglicher Hemmschuh

Ohne Zweifel wird auch das neue Kindle Smartphone eine stark angepasste Version von Android nutzen, die darauf ausgerichtet ist, das Amazon Medienangebot zu nutzen und alle gewünschten Inhalte direkt beim Versandriesen einzukaufen. Dadurch geht allerdings auch die Möglichkeit verloren die Google Apps zu nutzen – zumindest bei den Tablets ist dies der Fall. Auch wenn man sonstige Programme, die sich nicht im Amazon App Store befinden, via Side-Loading auf’s Gerät spielen kann, Zugriff auf den Google Play Store gibt’s nicht.

Besonders in Deutschland könnte sich dieser Umstand auch beim Smartphone negativ auswirken, denn hierzulande haben sich schon die Tablets bis zum heutigen Tag eher schlecht verkauft, wie Amazon kürzlich selbst zu Protokoll gegeben hat. Und das obwohl die HDX-Geräte für die Hardwareaustattung vergleichsweise günstig sind.

D.h. auch wenn das Amazon Smartphone zum Kampfpreis erscheinen sollte, garantiert dies keineswegs einen Erfolg. Der 3D-Effekt könnte jedoch als Alleinstellungsmerkmal taugen, sofern dieser gut funktioniert und von den Nutzern als nützlich erachtet wird. Die Skepsis dahingehend ist allerdings recht groß, denn bisher waren entsprechende Gehversuche von anderen Hersteller nur recht halbherzig umgesetzt.

Allerdings stellt sich ohnehin die Frage, ob das Smartphone überhaupt zeitnah außerhalb der USA erhältlich sein wird. Neue Produktlinien starten bei Amazon traditionell immer zuerst am Heimatmarkt, um dann erst einige Monate später im Rest der Welt angeboten zu werden. Allzu lange muss man nun jedenfalls nicht mehr auf die Antwort warten – am 18. Juni wissen wir mehr.

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=erUZQ9GK0sE

Meldung vom 16. April 2014: Amazon 3D Smartphone erstmals abgelichtet … sozusagen

Es gilt mittlerweile als offenes Geheimnis, dass Amazon noch in diesem Jahr ein Smartphone vorstellen und auf den Markt bringen will. Das Gerät soll das inzwischen schon sehr umfangreiche Unterhaltungselektronik-Portfolio des Versandriesen vervollständigen. Bisher blieben die genauen Spezifikationen jedoch weitestgehend unter Verschluss. Es war allerdings mehrmals die Rede davon, dass das Amazon Smartphone mit einem neuartigen 3D-Bildschirm ausgestattet sein würde, das sich mit Hilfe mehrerer Kameras an die Positionierung des Betrachters anpasst.

Nun scheinen diese Angaben vom ersten Foto-Leak des Geräts bestätigt zu werden. Der Technikblog BGR zeigt das Smartphone erstmals in Bildern, wobei eine dicke Sichtschutzhülle das Gerät vor allzu neugierigen Blicken schützen soll. Das Artikelbild zeigt also nicht das endgültige Design des Smartphones, sondern das Gerät in einer Hülle.

3D-Effekt als Alleinstellungsmerkmal

Dabei sind an der Front fünf Kameras erkennbar. Eine davon ist vermutlich eine reguläre Frontkamera, die man auch von anderen Smartphones kennt. Die anderen vier sitzen in den Ecken und sind offenbar für die Ausrichtung des 3D-Effekts verantwortlich. Auf der Rückseite sitzt die sechste Kamera. Bei den vier 3D-Kameras handelt es sich offenbar um energieeffiziente Infrarot-Kameras, die Kopf und Augen des Nutzers auch in schlechten Beleuchtungssituationen folgen können.

Angetrieben wird das Gerät offenbar von einem Qualcomm Snapdragon Chipsatz, namentlich nicht genannter Bauart. Man darf aber davon ausgehen, dass entweder ein Snapdragon S4 Pro (wie im Amazon Fire TV) oder ein Snapdragon 800 (wie in den HDX-Tablets) zum Einsatz kommt. 2 GB Arbeitsspeicher stehen dem Prozessor zur Seite. Der Bildschirm wird angeblich 4,7 Zoll messen und eine Auflösung von 720p besitzen.

Als Betriebssystem kommt wieder eine stark modifizierte Version von Android zum Einsatz, ähnlich wie man das schon von den Kinde Fire Tablets kennt. Die Ausweitung auf’s Smartphone-Geschäft macht somit auch dahingehend Sinn, als dass Amazon im mobilen App-Markt eine stärkere Position anstrebt und den Einflussbereich so (bei entsprechendem Erfolg) deutlich ausweiten könnte.

Der 3D-Effekt soll dabei natürlich das größe Unterscheidungsmerkmal zum restlichen Einheitsbrei sein, sodass BGRs Quelle berichtet, dass dieser in vielen verschiedenen Anwendungen zum Einsatz kommt – vom Sperrbildschirm über Apps bis hin zu einzelnen Programmsymbolen. Der 3D-Effekt soll im Gegensatz zum kürzlich als April-Scherz vorgestellten Icarus3D eBook Reader auch ohne Brille auskommen. Auch die typische Parallaxbarrierentechnik, wie man sie z.B. vom Nintendo 3DS oder HTC Evo 3D kennt, hat das Amazon Gerät nicht nötig.

Als Marktvorstellung ist aktuell Juni 2014 im Gespräch, wobei der Verkaufsstart allerdings erst im Spätsommer erfolgen soll. Eine so große Zeitspanne zwischen Vorstellung und Verkauf wäre für Amazon allerdings recht ungewöhnlich. Außerdem soll das Smartphone vorerst nur in den USA angeboten werden.

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