eCorel von IRX Innovations: Neue E-Ink Technik in Entwicklung

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Die Farb E-Ink Technik entwickelt sich seit Jahren gähnend langsam. Dabei forschen sogar mehrere nahmhafte Unternehmen an entsprechenden Technologien, bisher allerdings mit durchwachsenem Erfolg am eBook Reader Markt. Die E Ink Holdings ist mit den Triton 2 Displays nicht sonderlich erfolgreich, Qualcomms Mirasol-Technik gibt’s nur in einer Smartwatch und Liquavista wurde vor einiger Zeit von Amazon gekauft (und ist bisher sowieso ohne Endprodukte gewesen). Andere Unternehmen wie HP, Fuji Xerox, Ricoh, Bridgestone/Delta, Pixel Qi oder Japan Display sind dahingehend sogar völlig in der Versenkung verschwunden.

Das heißt aber nicht, dass die Entwicklung stehen bleibt. Ein weiteres Unternehmen arbeitet an einer vielversprechenden Lösung: IRX Innovations.

Firmenportrait

IRX Innovations mit Sitz in den Niederlanden hat dabei eine äußerst vielversprechende Technik in Entwicklung, die – sofern sie hält was das Unternehmen verspricht – den eBook Reader (und Tablet!) Markt revolutionieren könnte. Die Köpfe hinter IRX Innovations sind keine Unbekannten am E-Ink-Markt – ganz im Gegenteil: Die Mitarbeiter waren bereits an der Entwicklung des allerersten E-Paper Displays beteiligt – damals noch als Entwicklungsabteilung von Philips. Das erste E-Ink Display kam dann in Zusammenarbeit von E Ink, Philips und Sony im Sony Librié auf den Markt.

Nach einer Umstrukturierung bei Philips haben sich die E-Paper-begeisterten Mitarbeiter selbstständig gemacht und die Firma IREX Technologies gegründet. IREX hat auch eigene eBook Reader hergestellt (links zu sehen: IREX DR800), die in Hinblick auf den Funktionsumfang ihrer Zeit voraus waren – aber leider zu teuer. Das Unternehmen ging dann 2010 in Konkurs – im gleichen Jahr als das erste Apple iPad vorgestellt wurde, das kaum teurer war. Die Gründer haben ein Management-Buy-out vollzogen und IRX Innovations gegründet.

Anstatt weiterhin eigene eBook Reader zu produzieren, ging man dazu über, sich der Weiterentwicklung der E-Paper bzw. E-Ink Technik zu widmen.

eCoral Technik Funktionsweise

Die vorhin genannte neue E-Paper-Technik hört auf den Namen eCorel. Dabei handelt es sich um eine Technik auf elektroosmotischer Basis – ähnlich üblicher E-Ink-Technik nach elektrophoresischem Prinzip. Wie auch bei einem E-Ink-Display, wird „elektronische“ Tinte benutzt. Es handelt sich dabei um kleinste Partikel, die sich in einer Flüssigkeit befinden und je nach Ladung ausgerichtet werden.

Die übliche E-Ink Technik nutzt dazu schwarze und weiße Partikel in einer klaren Flüssigkeit. Je nach Ladung werden die Teilchen innerhalb der Flüssigkeit von oben nach unten bewegt, sodass das gewünschte Bild entsteht. Soweit so gut. Die Probleme ergeben sich dann allerdings spätestens bei der Farbdarstellung, denn die Triton Farb-E-Ink-Displays basieren ebenfalls auf der Schwarz-Weiß-Technik. Es wird einfach ein Farbfilter am E-Ink Bildschirm angebracht. Das Problem besteht darin, dass zur Darstellung einer Farbe nur ein Drittel des Filters angesteuert wird und die restlichen zwei Drittel schwarz bleiben. Es wird also nur ein Drittel des Lichts reflektiert. Das ist auch der Grund warum der PocketBook Color Lux in unserem Test eine zumeist relativ dunkle Bildschirmdarstellung gezeigt hat – wenn die Beleuchtung aus war.

Bei eCorel bewegt sich auch die klare Flüssigkeit

eCorel funktioniert ebenfalls nach dem Teilchen-Ladungs-Prinzip, geht allerdings ein paar Schritte weiter, denn es werden nicht nur die Teilchen bewegt, sondern auch die Flüssigkeit selbst. Dadurch lassen sich schnellere Umzeitschalten realisieren und es sind keine weißen Teilchen mehr nötig. Stattdessen ist der Bildschirm, an den Stellen wo sich keine Teilchen befinden, transparent, womit auf der Rückseite eine reflektive Fläche angebracht werden kann. Damit ist ein papierähnlicher Reflexionsgrad von 90 Prozent möglich. Das ist doppelt so viel wie aktuelle E-Ink Carta Technik im Kindle Paperwhite.

Der zweite Vorteil liegt darin, dass man dank der Transparenz einen Mehrebenen-Aufbau nutzen kann. D.h. man kann farbige Pigmente (Magenta, Cyan, Gelb) in drei unterschiedlichen Ebenen so anordnen, dass ein kontrastreiches Bild entsteht, das auf dem gleichen Prinzip beruht, wie eine gedruckte Seite aus einem Tintenstrahldrucker.

Mehrere Ebenen aufeinander; Bildquelle: IRX

Je nach gewünschter Farbe werden die Partikel in den drei Ebenen unterschiedlich stark konzentiert, sodass man ein riesiges Farbspektrum abdecken kann. Will man z.B. nur die Farbe Gelb darstellen, wird nur eine Ebene aktiv angesteuert und die anderen beiden Ebenen bleiben transparent. Das nachfolgende Video demonstriert die Funktionsweise:


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Die Technik ist dabei nicht auf eine Farbanwendung beschränkt. Zwar kann die Drei-Ebenen-Lösung durch Füllung eines Pixels mit allen Farbpartikeln auch die Farbe Schwarz darstellen, allerdings lässt sich eCorel auch mit einer einzigen Ebene betreiben, die bei Bedarf nur schwarze Partikel enthalten kann. Damit lassen sich dann voraussichtlich auch die Kosten senken. Die Ablesbarkeit bei Sonnenlicht ist dabei natürlich auch weiterhin möglich und auch die lange Akkulaufzeit bleibt erhalten, da auch die eCorel-Technik nach dem erfolgten Bildaufbau keinen weiteren Stom benötigt.

Ein vermeintlicher Vorteil der Technik ist dann auch die Möglichkeit eine Hintergrundbeleuchtung nutzen zu können. Das dürfte bei E-Ink Fans aber vermutlich auf wenig Gegenliebe stoßen – zumindest wenn der Leuchteffekt ähnlich ausfällt wie bei einem handelsüblichen LCD-Bildschirm. Eine Frontbeleuchtung lässt sich aber natürlich auch hier realisieren.

… es gibt auch Schatten

Die nicht sichtbaren Partikel werden seitlich verschoben

So gut das auch klingt, ganz problemlos ist die Sache allerdings nicht, denn da es zum Verdecken der farbigen Partikel keine weißen Farbteilchen gibt, müssten die Farbpartikel aus dem Sichtfeld verschwinden. Die Farbteilchen werden daher seitlich verschoben. Wenn man genauer hinsieht, entstehen dadurch feine, schwarze Streifen am Bildschirm. Ob der Effekt nur beim Prototypen auftritt, oder dies technikbedingt generell auftritt, muss sich also noch zeigen. Auf meine Anfrage habe ich leider noch keine Antwort erhalten.

Der Effekt lässt sich im nachfolgenden Video beobachten:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=hBF926yu_-0[/youtube]

Die nachfolgende Technik-Demonstration zeigt allerdings auch, dass es Bereiche gibt, die keine Streifen haben. Dabei stellt sich allerdings die Frage, ob der Prototyp in dem Bereich fehlerhaft ist, oder tatsächlich ein Bild anzeigt:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=3WcGvxnHb1I

Ein weiteres Problem stellt die Blickwinkelstabilität bei der Farbdarstellung dar. Dadurch, dass die unterschiedlichen Ebenen natürlich auch eine gewisse Dicke haben, könnte ein schräger Blickwinkel zu einer zumindest leicht verfälschten Farbdarstellung führen. Laut IRX Innovations wird sich der Effekt allerdings nur im Bereich von einem Pixel bewegen, sodass je nach Blickwinkel möglicherweise „nur“ die Kantenschärfe leidet.

Fazit

Laut Angabe von IRX Innovations befindet sich die Entwicklung der Technik zur kommerziellen Nutzung bereits in den letzten Zügen und ist von einer möglichen Markteinführung nur noch wenige Monate entfernt. Das setzt aber natürlich voraus, dass sich auch ein Partner dafür findet.

Abgesehen von der grundsätzlichen Funktionsweise von eCorel ist ansonsten nur wenig bekannt. Wir wissen z.B. nicht, ob IRX Innovations bereits mit einem eBook Reader Unternehmen zusammenarbeitet oder wie teuer die Displays sein werden.

Die Technik klingt aber auf jeden Fall sehr vielversprechend, wobei besonders die 90-prozentige Reflektivität einen gewaltigen Schritt nach vorne bedeuten würde. Da die Gründer des Unternehmens bereits in der Vergangenheit mit Sony, E Ink und Amazon zusammengearbeitet haben, sollten zumindest von den aktuell tätigen eBook Reader Herstellern keine Berührungsängste bestehen. Ob das allerdings ausreicht um die vorhin genannten möglichen Nachteile und den vielleicht höheren Preis auszugleichen, bleibt abzuwarten. Möglicherweise gibt’s zur CES 2014 im Januar ja schon Neuigkeiten. Wir halten euch jedenfalls auf dem Laufenden.

Bis dahin können Interessierte die IRX-Präsentation von der SID 2013 studieren oder sich auf der Homepage des Unternehmens schlau machen.

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Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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