USA: Wiederverkauf von MP3s illegal; Sind eBooks ebenfalls betroffen?

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Ende Januar haben wir von Redigi berichtet, einer Plattform auf der Nutzer „gebrauchte“ Musikdateien zum Wiederverkauf anbieten können. Das Unternehmen wurde schon vor einem Jahr wegen Urheberrechtsverletzungen für das Angebot verklagt und kürzlich nicht rechtskräftig verurteilt. Wird das Urteil rechtskräftig, muss Redigi den Betrieb vermutlich einstellen – und damit könnte auch der unabhängige Second-Hand-Markt für digitale Medien bereits vor seinem Start am Ende sein.

Bei der Urteilsbegründung wird allerdings nicht der Wiederverkauf an sich kritisiert, sondern der Prozess dazu. Laut Gericht ist der Nutzer zwar der Inhaber der Datei (was mit den aktuellen Lizenzsystemen beim Datei-Vertrieb keineswegs selbstverständlich ist!), allerdings ist die Anfertigung einer Kopie auf den Redigi Servern zum weiteren Vertrieb illegal.

Fragliche Argumentation könnte auch andere Dienste betreffen

Die Argumentation ist aber insofern fraglich, als dass jeder Dateitransfer auf ein externes Gerät (z.B. einen MP3-Player) die Erstellung einer Kopie erfordert. Besonders kritisch wird diese Sichtweise dann auch für Cloudanbieter wie Google Drive oder Dropbox, wo man ebenfalls alle möglichen Dateien speichern und abrufen kann. Dort wird die Datei zwar nicht weiterverkauft, die (illegale) Kopie wird aber dennoch erstellt.

Aus diesem Dilemma könnte man sich argumentativ allerdings wieder befreien, wenn man darauf hinweist, dass Redigi DRM und Wasserzeichen aus den zu verkaufenden Dateien entfernen muss. Beim DRM-Schutz ist das deshalb nötig, da die Datei vom Zweitkäufer sonst nicht nutzbar wäre, beim Wasserzeichen könnte hingegen der Verkäufer Probleme bekommen, wenn die Datei ihren Weg nach dem Verkauf in diverse Tauschbörsen findet.

Wie auch immer man hier auch entscheidet, man darf annehmen, dass auch der Second-Hand-eBook-Handel vom Urteil betroffen sein wird. Die Vorgehensweise zum Verkauf wäre dabei nämlich grundsätzlich die Gleiche.

Amazon dank proprietären im Vorteil?

Allerdings könnte der digitale Second-Hand-Markt trotzdem noch legal umsetzbar sein. Anbieter wie Amazon, Barnes & Noble oder Apple müssten nämlich keine Kopie der wiederzuverkaufenden Datei anlegen, sofern diese ursprünglich dort gekauft wurde. Somit könnte theoretisch jeder Händler einen eigenen Marktplatz zu diesem Zweck eröffnen. Dass Amazon das auch plant, zeigt ein Patent, welches dem Unternehmen vor wenigen Wochen zugesprochen wurde. Dieses behandelt den Second-Hand-Verkauf digitialer Dateien – auch ganz explizit genannt werden dabei eBooks.

Dank proprietären Systems dürfte die Umsetzung für Amazon jedenfalls keine allzu großen Probleme bedeuten. So könnte man das verkaufte eBook nicht nur aus der Nutzerbibliothek löschen, sondern die Kindle-Endgeräte mit einer entsprechenden Funktion auch daran hindern, eine zuvor erstellte Kopie der Datei nach dem Verkauf zu öffnen.

Bei diesen Überlegungen sollte man allerdings nicht vergessen, dass es sich bei dem eingangs genannten Urteil um eines in den USA handelt. D.h. in Europa könnte die Sache wieder ganz anders aussehen. Das Münchner Unternehmen UsedSoft verkauft „gebrauchte“ Software völlig legal. Der Europäische Gerichtshof hat nach einer Klage von Adobe und Oracle nämlich entschieden, dass der Wiederverkauf der Lizenzen rechtens ist. Schon damals wurde gemutmaßt, dass sich das Urteil möglicherweise auch auf andere digitale Güter übertragen lässt. Eine explizite Entscheidung dazu kann man innerhalb der nächsten zwei Jahre erwarten. Die Amazon-Marktplatz vermutlich schon früher …

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Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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