Wie viel darf ein eBook Reader kosten?
Dedizierte Lesegeräte haben in den USA besonders im Jahr 2011 einen wahren Boom erlebt. Der Kindle 3 (bzw. Kindle Keyboard, wie er später genannt wurde) öffnete Amazon Tür und Tor zum digitalen Buchgeschäft. Auch danach ging es steil bergauf, bis schließlich die Spitze des Wachstums erreicht war und der US-Markt inzwischen weitestgehend als gesättigt gilt.
Und weil es am eBook Reader Markt nicht andauernd irgendwelche revolutionären Neuerungen gibt, ist für viele zufriedene eReader-Besitzer auch meist kein Anlass zu einem Gerätewechsel vorhanden. Mit dem Kindle Paperwhite 2 dürfte sich dieser Umstand noch weiter verstärken, denn die Ablesbarkeit ist dank E-Ink Carta und ausgesprochen gleichmäßiger Beleuchtung wirklich ausgezeichnet. Dem gegenüber steht der Nook Glowlight, der allerdings keine Begeisterungsstürme ausgelöst hat, was auch an den Bilanzen des Buchhändlers ersichtlich ist.
Deutscher eReader Markt weiter im Wandel
Während die Chancen gut stehen, dass der US-eReader-Markt in den kommenden Jahren damit weiter an Fahrt verliert, sieht es hierzulande ganz anders aus. Die vergangenen drei Jahre haben am deutschen Markt eine Reihe von Veränderungen gebracht, die weiterhin eine spannende Entwicklung versprechen.
Im Jahr 2010 war Sony (und damit Thalia) die wohl wichtigste Anlaufstelle für deutsche eBook Fans. Erst langsam schaffte es dann auch die Konkurrenz auf den Markt. Ende 2011 kamen Kobo mit dem Touch und Amazon mit dem Kindle 4 (und deutscher Bedienung) nach Deutschland. Später folgte Bookeen und auch PocketBook rückte weiter in den Fokus des Mainstreams. eBook Reader von TrekStor, iRiver und Oyo waren 2010 bis 2013 z.T. prominent beworben ebenfalls erhältlich. Als wichtigste Hersteller sind bis heute Amazon, Kobo und PocketBook übrig geblieben – Sony scheidet womöglich bald komplett aus, TrekStor spielt bei den Filialisten keine Rolle mehr, iRiver hat sich vom eReader Markt verabschiedet und der Oyo wurde durch die Bookeen Geräte abgelöst, die wiederum dem Tolino Shine Platz machen mussten.
Wie man sieht, gab es enorm viel Bewegung am deutschen eBook Reader Markt und die Rädchen sind auch im laufenden Jahr nicht zum Stillstand gekommen. Die Tolino Allianz brachte mit dem Vision einen technisch ebenbürtigen Kindle-Konkurrenten auf den Markt, PocketBook vergrößert die Produktpalette immer weiter (Basic, Touch, Aqua, Ultra, InkPad, Mini …) und auch andere Anbieter (Imcosys, Onyx, Icarus, usw.) wollen mitmischen.
Stand der Dinge
Auch wenn die Hersteller grundsätzlich auf die gleiche Technik setzen, die Konzepte und damit auch die Preisgestaltung ist z.T. sehr unterschiedlich. Und da stellt sich die Frage, was der optimale Preis für ein dediziertes Lesegerät ist.
Den günstigsten Mainstreameinstieg macht aktuell – und seit langer Zeit – der Kindle 4, der weitestgehend konkurrenzlos zum Preis von 49 Euro erhältlich ist. Auch wenn es sich um ein relativ unscheinbares Gerät handelt, erfreut sich der eReader laut Amazon Elektronikcharts seit Jahren großer Beliebtheit.
Danach folgt der PocketBook Basic Touch, der für rund 80 Euro einen Touchscreen, den deutlich größeren Funktionsumfang und eine ePub-Unterstützung bietet. Für rund 100 Euro gibt’s dann schließlich den beleuchteten Tolino Shine, der insbesondere im Weihnachtsgeschäft große Erfolge erzielen konnte (siehe unten). Den Preis-Leistungs-Sieg nimmt zum aktuellen Zeitpunkt aber trotzdem der Kindle Paperwhite mit nach Hause, denn den gibt’s aktuell für nur 109 Euro. Zu dem verhältnismäßig kleinen Aufpreis von 10 Euro bekommt man die umfangreichere Software, das kontrastreichere Display und die rundum bessere Beleuchtung.
Kobo Aura und Glo sind ebenfalls zwischen 100 und 130 Euro erhältlich, wobei besonders der Kobo Glo trotz seines Alters weiterhin ein ausgezeichnet Lesegerät ist. Ebenfalls in einem ähnlichen Preisbereich (zwischen 100 und 115 Euro) liegt der Pocketbook Touch Lux 2, der ursprünglich gegen den Tolino Shine positioniert wurde, aber es inzwischen ebenso mit dem vergünstigen Kindle Paperwhite aufnehmen muss. Dann folgt schließlich der Tolino Vision mit (noch) 129 Euro.
Der PocketBook Ultra wird voraussichtlich Ende Juli für 169 Euro erscheinen und ist damit der mit Abstand teuerste 6 Zöller, der sich allerdings mit dem großen Funktionsumfang, Audiounterstützung und Kamera von der Konkurrenz abhebt. Dennoch hat der Preis schon im Vorfeld für lebhafte Diskussionen gesorgt – vielen Interessenten ist das schlicht zu teuer.
Kleinere und größere eBook Reader haben in den vergangenen Monaten ebenfalls eine kleine Renaissance erlebt: Pocketbook Mini auf der einen Seite, Kobo Aura HD, Onyx Boox T68, Pocketbook InkPad, Bookeen Cybook Ocean und einige andere auf der anderen Seite. Besonders bei Geräten mit einer größeren Bildschirmdiagonale wird ein höhrer Preis eher akzeptiert (6,8 Zoll ab rund 160 Euro).
Was verkauft sich am besten?
So weit, so gut. Aber da stellt sich natürlich die Frage, welches der Konzepte am ehesten aufgeht. Die Frage nach den konkreten Verkaufs-, Umsatz- und Gewinnzahlen können natürlich nur die Hersteller selbst beantworten, aber einen kleinen Einblick zur Marktsituation gibt’s auch von meiner Seite.
Wie sicherlich bekannt ist, finanziert sich ALLESebook.de, wie viele andere Technikportale, unter anderem aus sogenannten Affiliate-Links. Kauft ein Besucher unserer Homepage einen eBook Reader bei einem unserer Partner, bekommt ALLESebook.de eine Provision für den Verkauf. Diese Einnahmen ermöglichen eine bestmöglich unabhängige Berichterstattung zu den verschiedenen Geräten und finanzieren so letztendlich auch die umfangreichen Testberichte.
Ein praktischer Nebeneffekt: Diese Links gewähren auch einen kleinen Einblick in die Verkaufserfolge der verschiedenen Geräte. Wie aufmerksamen ALLESebook.de-Besuchern sicherlich schon aufgefallen ist, spreche ich immer wieder davon, dass der Tolino Shine im vergangenen Weihnachtsgeschäft sehr erfolgreich war. Diese Aussage basiert nicht nur auf den jüngsten Marktanalysen Dritter, sondern auch auf diese eigenen Einblicke. So konnte ich beobachten, dass der Marktstart des Tolino Shine – zumindest im Internet aus der Perspektive von ALLESebook.de – eher verhalten war (ganz ähnlich wie zum kürzlichen Start des Vision). Die Verkaufszahlen über die Affiliate-Partner waren zunächst allesamt relativ gering. Ganz anders sah das dann allerdings einige Monate später im Weihnachtsgeschäft aus, in dem sich der Shine besonders dank verschiedener Preisaktionen wie warme Selmmeln verkauft hat. Das Ergebnis: In kürzester Zeit erreichte die Tolino Allianz einen Marktanteil von 12 Prozent.
Beim Kindle Paperwhite sieht es übrigens sehr ähnlich aus. Dieser verkaufte sich zum regulären Preis von 129 Euro zwar nicht schlecht, aber die echten Schübe gab’s mit den Preisreduktionen. Zunächst war der eBook Reader mehrere Male für 99 Euro erhältlich um dann kürzlich (vermutlich permanent) auf 109 Euro heruntergesetzt zu werden.
Eher schwer hatte es in den letzten Monaten aufgrund der fehlenden Beleuchtung der Sony PRS-T3, der sich zwar weiterhin nicht allzu schlecht verkauft hat, aber bei weitem nicht an den PRS-T2 anschließen konnte. Es sah aus meiner Perspektive eher so aus, als ob die entgangenen PRS-T3 Verkäufe bei der Tolino-Allianz gelandet sind.
Günstiger Preis als wichtigstes Verkaufsargument?
Nun kann man natürlich lange über die Gründe für die Verkaufserfolge einzelner Geräte diskutieren, aber eine Sache zeigt sich in meinen Augen sehr deutlich: eBook Reader verkaufen sich vornehmlich über den Preis. Natürlich spielt der Funktionsumfang genauso eine Rolle wie verschiedene andere Eigenschaften, aber ein verhältnismäßig günstiger Preis ist Gold wert. Der Tolino Shine war im Weihnachtsgeschäft zwischenzeitlich um rund 40 bis 50 Euro günstiger als der Kindle Paperwhite und obwohl der Amazon eReader die bessere Ablesbarkeit bietet, war dies für viele Käufer offenbar nicht der wichtigste Entscheidungsgrund.
Genauso kann man auch den weiterhin erfolgreichen Verkauf des Basis-Kindle sehen, der sich seit 2011 in den Top 5 der Amazon.de Elektronikcharts befindet. Das E-Ink Pearl Display des Geräts ist ohne Zweifel sehr gut, aber ansonsten wirkt der eBook Reader ohne Touchscreen mit ausschließlicher Tastenbedienung, ohne Beleuchtung, mit der vergleichsweise niedrigen Auflösung und der eher tristen Benutzeroberfläche ein wenig antiquiert. Spielt keine Rolle – der Kindle 4 verkauft sich weiterhin. Umso überraschender ist es, dass es keinen direkten (Tolino-)Konkurrenten gibt.
Und natürlich muss man an dieser Stelle auch die Shell Aktion zum Kindle Paperwhite nennen. Der ausgesprochen niedrige Preis von effektiv 10 bis 15 Euro für den Amazon eReader war Anlass genug, dass tausende Interessenten die Shell Server am Vormittag des Aktionsstarts gestürmt und zum Absturz gebracht haben. 10.000 Geräte waren innerhalb von 2 Stunden vergeben und viele Interessenten gingen leer aus. Auch wenn man die übliche Schnäppchenjäger-Mentalität bedenkt, der Andrang war für ein Produkt, das für die meisten Personen ohnehin halbwegs leistbar ist und dessen Geräteklasse seit Jahren das Ende vorausgesagt wird, dennoch beachtlich.
Dem Vernehmen nach gilt vielen Marktbeobachtern und Fans digitalen Lesens ein Preis von mittlerweile rund 100 Euro für einen beleuchteten Reader als optimal. Die zwei Hauptschuldigen für die geringere „Hochpreisakzeptanz“ sind da ohne Zweifel die Tolino Partner und Amazon. Mit dem Shine für 99 Euro setzten die Filialisten die Preislatte deutlich unter dem Kindle an, woraufhin sich Amazon zu Weihnachten ebenfalls gezwungen sah, den Paperwhite in verschiedenen Preisaktionen für 99 Euro anzubieten (nicht nur über Amazon.de, sondern auch bei Media Markt, Saturn & Co.).
Wenig Mitbewerber, hohe Preise
Die Entwicklung ist an sich aber nicht so ungewöhnlich, denn so funktioniert das nun mal, wenn ein Markt von weiteren Teilnehmern erschlossen wird. Bei den Tablets sah das ganz ähnlich aus – allerdings mit dem Unterschied, dass der Marktführer Apple die iPads weiterhin hochpreisig an den Kunden bringen kann. Zumindest musste Apple mit dem iPad Mini aber auch Kompromisse eingehen, die vor Jahren kategorisch ausgeschlossen wurden.
Abschließend noch ein kleiner Rückblick: Im Jahr 2007 habe ich den ersten eBook Reader gekauft. Es war ein Sony PRS-505, importiert aus den USA, für 289 US-Dollar, plus 40 US-Dollar für den Versand und circa nochmal so viel für den Zoll. Beim damals günstigen Dollar-Kurs kam der PRS-505 somit auf knapp unter 300 Euro. Im Vergleich zu heute ein hoher Preis für ein Gerät das eigentlich nicht sonderlich viel konnte, mit einem E-Ink Vizplex Display, dessen Kontrastverhältnis es zu keinem Zeitpunkt auch nur annhähernd mit heute typischen E-Ink Pearl Panels aufnehmen kann. Auch wenn ich mangels deutschsprachigem eBook Angebots eher auf englischsprachige Literatur umschwenken musste, war ich dennoch so zufrieden, dass ich das Gerät nach einem Akkudefekt im Jahr 2009 nochmal bei Thalia als Restposten erworben habe (diesmal allerdings deutlich günstiger ;)) und sogar auf den Kauf des moderneren (aber kontrastärmeren!) PRS-600 verzichtet habe.
Auch heute bin ich durchaus noch bereit so viel Geld für ein Lesegerät in die Hand zu nehmen, vorausgesetzt es bietet einen Mehrwert gegenüber der günstigen Konkurrenz. In meinen Augen ist die aktuelle Preisgestaltung in Verbindung mit einer möglichst guten Funktionalität (Software und Hardware) schon an einem Punkt angekommen, der den Kauf eines digitalen Lesegeräts für viele Leseratten relativ sorglos ermöglicht. Dennoch gehe ich aber aufgrund der jüngsten Kindle Paperwhite Preissenkung davon aus, dass eBook Reader in den kommenden Monaten generell noch ein wenig billiger werden – auch wenn sie es eigentlich nicht mehr müssten.
Wie siehst du das? Was ist der optimale Preis für einen eBook Reader? Wie viel würdest du maximal für einen dediziertes Lesegerät ausgeben und wovon hängt deine Bereitschaft Geld in einen eBook Reader zu investieren ab?