Leistungsschutzrecht: Deutsche Verleger verbünden sich gegen Google
Nicht nur Buchautoren haben mit dem digitalen Wandel und damit einhergehenden Urheberrechtsverletzungen ihre Probleme, auch Zeitungsverleger sehen sich im Internetzeitalter mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Eines der Probleme sehen die Rechteinhaber ebenfalls im verletzten Urheberrecht bzw. einer nicht leistungsgerechten Entlohnung, wobei der Schuldige diesmal nicht bei den Buchpiraten zu suchen ist, sondern an ganz anderer Stelle. Wenn es nach dem Willen divserer Presseverleger geht, soll Google eine Abgabe für ausschnittsweise angezeigte Beiträge bei Google News bezahlen.
Die gesetzliche Grundlage wurde im Jahr 2013 besiegelt, als das Leistungsschutzrecht im Bundestag verabschiedet wurde. Am 1. August 2013 ist es schließlich in Kraft getreten. Bezahlt hat Google bisher aber noch nichts, denn zuvor hat sich der Suchmaschinenanbieter die Zusage von den Verlegern geholt, um deren Inhalte weiterhin in Google News anzuzeigen – unentgeltlich versteht sich. Sollte jemand nicht zustimmen, wird derjenige eben nicht mehr in Google Nachrichtendienst gelistet. Wenig überraschend haben selbst die stärksten Befürworter des Gesetzes den Bedingungen zugestimmt. Ein Ausscheiden aus Google News kann auch für größere Webseiten empfindliche Besuchereinbußen bedeuten.
VG Media soll Leistungsschutzrecht durchsetzen
Originalmeldung 2. März 2014: Das war aber nicht das Ende der Geschichte, denn zwölf Presseverleger sind kürzlich bei der Verwertungsgesellschaft VG Media eingestiegen. Das Bundeskartellamt hat der neuen Allianz vor wenigen Tagen grünes Licht gegeben. Die neuen Gesellschafter sind:
- Aschendorff Medien GmbH & Co. KG
- Axel Springer SE
- Burda Gesellschaft mit beschränkter Haftung
- Evangelischer Presseverband Norddeutschland GmbH
- FUNKE MEDIENGRUPPE GmbH & Co. KGaA
- Mediengruppe M. DuMont Schauberg GmbH & Co. KG
- Münchener Zeitungs – Verlag GmbH & Co. KG
- Presse-Druck und Verlags – GmbH
- Rheinisch-Bergische Verlagsgesellschaft mbH
- sh:z Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG
- Verlagsgesellschaft Madsack GmbH & Co. KG
- ZGO Zeitungsgruppe Ostfriesland GmbH
Das Ziel: Google soll für die Textauschnitte bezahlen. Das wird allerdings nicht so schnell passieren, denn in einem Interview gibt der deutsche Google Chef weiterhin zu Protokoll, dass man kein Interesse an einer solchen Einigung hat: „Für uns ist nach wie vor klar, dass wir für Snippets nicht bezahlen werden – egal, ob sie von einem Verlag oder von einer Verwertungsgesellschaft kommen. Unsere Position dazu hat sich nicht geändert.“
Es wird daher angenommen, dass ein langer Rechtsstreit auf die Presseverleger bzw. die Verwertungsgesellschaft zukommt, dessen Ausgang ungewiss ist. Bis der Rechtsstreit ausgefochten ist, wird sich der Markt schon wieder verändert haben. Aktuell scheint Google im Wettbewerbsverfahren der EU-Kommission einer Einigung einen Schritt näher gekommen zu sein. Auch Google News ist von Änderungen betroffen. So soll es Verlegern in Zukunft möglich sein, entweder ganz aus Google News auszusteigen, die Nachrichten nur mit zeitlicher Begrenzung anzeigen zu lassen, oder die Textausschnitte ganz wegzulassen.
Ob die Presseverleger unter diesen Voraussetzungen jemals einen Cent von Google sehen, bleibt völlig offen.
Schuss geht nach hinten los
Update 9. Oktober 2014: Erinnert sich noch jemand an das Leistungsschutzrecht? Das Gesetz trat am 1. August 2013 in Kraft und sollte sicherstellen, dass Presseverlage für ihre Arbeit eine leistungsgerechte Entlohnung bekommen. Im Speziellen ging es dabei um (kurze) Textausschnitte, die bei News-Aggregatoren und Suchmaschinen (lies: Google) angezeigt werden, um den Nutzer vorab wissen zu lassen, was ihn beim Besuch der Seite erwartet.
Google hatte dabei aber von Anfang an klar gemacht, dass man nichts bezahlen werde. Der Suchmaschinenriese hatte damals sogar eine Kampagne in Deutschland gestartet, um die Nutzer auf den bevorstehenden Gesetzesbeschluss aufmerksam zu machen und dagegen zu intervenieren bzw. zu unterschreiben.
Auch wenn das Gesetz nun bereits seit mehr als einem Jahr Gültigkeit hat, wurden noch keine Zahlungen getätigt. Google hatte sich nämlich rechtzeitig die Zusage von den Verlegern geholt, um deren Inhalte weiterhin in Google News anzuzeigen – unentgeltlich versteht sich. Sollte jemand nicht zustimmen, wird derjenige eben nicht mehr in Googles Nachrichtendienst gelistet. Wenig überraschend haben selbst die stärksten Befürworter des Gesetzes den Bedingungen zugestimmt. Vorerst zumindest. Im Juni 2014 wurde von der VG Media Klage eingereicht.
Stark gewachsen
Im März 2014 schlossen sich mehrere Verleger an die VG Media an, womit es nun insgesamt 25 Gesellschafter gibt:
- ANTENNE BAYERN GmbH & Co. KG
- Antenne Niedersachsen GmbH & Co.
- ANTENNE THÜRINGEN GmbH & Co. KG
- Aschendorff Medien GmbH & Co. KG
- Axel Springer SE
- bigFM in Baden-Württemberg GmbH & Co. KG
- Burda Gesellschaft mit beschränkter Haftung
- Evangelischer Presseverband Norddeutschland GmbH
- Funk & Fernsehen Nordwestdeutschland Marketing- und Vertriebs GmbH & Co. KG
- FUNKE MEDIENGRUPPE GmbH & Co. KGaA
- Mediengruppe M. DuMont Schauberg GmbH & Co. KG
- Münchener Zeitungs-Verlag GmbH & Co. KG
- N24 Gesellschaft für Nachrichten und Zeitgeschehen mbH
- Presse-Druck und Verlags-GmbH
- ProSiebenSat.1 Media AG
- RADIO/TELE FFH GmbH & Co. Betriebs-KG
- Radio Regenbogen Hörfunk in Baden GmbH & Co. KG
- REGIOCAST GmbH & Co. Kommanditgesellschaft
- Rheinisch-Bergische Verlagsgesellschaft mbH
- Rheinland-Pfälzische Rundfunk GmbH & Co. KG
- sh:z Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG
- TOP Radiovermarktung GmbH & Co. KG
- Verlagsgesellschaft Madsack GmbH & Co. KG
- VMG Verlags- und Medien GmbH & Co. Kommanditgesellschaft
- ZGO Zeitungsgruppe Ostfriesland GmbH
Insgesamt vertritt der Firmenzusammenschluss laut eigener Aussage 219 digitale verlegerische Angebote.
Forderungen laufen ins Leere
An Gooogles Position hat sich aber auch mit dem Wachstum und der Klage der VG Media nichts verändert und nun zeichnet sich mehr und mehr ab, dass der Schuss der Presseverleger nach hinten los zu gehen scheint. Vor kurzer Zeit haben diverse Suchmaschinen (GMX, Telekom …) einige Seiten komplett aus dem Index genommen. Sicherheitshalber. Man wolle keinen Rechtsstreit riskieren, wie einige Unternehmen zu Protokoll gegeben haben. Da der Marktanteil dieser Suchmaschinen aber relativ gering ist, dürften die Auswirkungen für die betroffenen Verlage überschaubar sein.
Anders sieht es nun mit dem Schritt aus, den Google angekündigt hat. Der Suchmaschinenbetreiber wird die Verlage der VG Media zwar nicht völlig rauswerfen, aber deren Anzeigequalität verschlechtern. Das geschieht nicht etwa aus Bosheit, sondern vielmehr um einen gesetzeskonformen Weg zu gehen. Demnach werden die Textauschnitte und Vorschaubilder einiger Medien bald nicht mehr angezeigt werden, sodass nur noch Titel und Link zu sehen sind. Dies deckt sich mit den Anforderungen des Leistungsschutzrechts.
Die Reaktion der VG Media ließ nicht lange auf sich warten. Man wirft Google Erpressung vor, was in Anbetracht der eigenen Forderungen aber eine gewagte Behauptung ist. Schließlich will man den Suchmaschinenriesen seinerseits ebenfalls dazu zwingen einerseits alle Anzeigen wie gewohnt beizubehalten, andererseits fordert man aber dafür entlohnt zu werden.
Ohne Zweifel hat Google eine nicht zu unterschätzende Marktmacht und es gibt z.B. insbesondere beim Knowledge Graph immer wieder Diskussionen, ob das Auslesen verschiedener Webseiten zur direkten Beantwortung der Sucheingabe rechtens ist. Im konkreten Fall der Anzeige von kurzen Textausschnitten in den regulären Suchergebnissen (und Google News) scheint die Forderung der VG Media in den Augen vieler Nutzer aber überzogen zu sein.
Nun darf man jedenfalls gespannt sein, wie der Streit um die Gebührenabgabe weitergehen wird. Ein erstes Statement des Bundeskartellamts hat jedenfalls schon klar gemacht, dass man nicht eingreifen wird, solange Google die betroffenen Verlage nicht komplett auslistet. Das aktuell angekündigte Vorgehen sei demnach auch mit der Marktmacht des Unternehmens in Einklang zu bringen und kein Ausnutzen der Marktposition.
Presseverleger beugen sich Google – vorerst
Update 23. Oktober 2014: Vor rund zwei Wochen haben wir davon berichtet (siehe oben), wie das Leistungsschutzrecht für die Presseverleger, die durch die VG Media vertreten werden, offenbar zum Boomerang geworden ist. Damals hatte Google angekündigt, die Suchergebnisse jener Verlage, die eine Zahlung für die Einblendung von Vorschaubildern und kurzen Textausschnitten forderten, zu beschneiden. Anstatt der üblichen Ergebnisanzeige sollte ab heute nur noch die Überschrift eingeblendet werden.
Gestern, einen Tag bevor die Umsetzung online gehen sollte, hat die VG Media eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der man klarstellt, dass die Mehrheit der Verleger diese Schritt verhindern wolle. Daher hat man Google das widerrufliche Recht eingeräumt, die bisherigen Anzeigen weiterhin gratis zu nutzen.
Im weiteren Verlauf der Presseerklärung prangert die VG Media Google an, dass man einer Waffenruhe nicht zugestimmt habe. Schon irgendwie witzig. Da verklagt man jemanden (und wirft ihm Erpressung vor), um ihn dazu zu bringen, Geld für etwas zu bezahlen (das ganz offensichtlich auch einen nicht unbeträchtlichen Nutzen für den Kläger bringt) und beschwert sich dann, wenn derjenige kein Interesse daran hat, einem entgegen zu kommen.
Zwang zur Bezahlung?
Man verlangt Geld von Google, weil der Suchmaschinenanbieter mit fremden Inhalten selbst Geld verdient, aber den Verlegern keine ausreichende Vergütung bezahlt. Dass Google aber ohnehin nur wenige Zeilen Text wiedergibt und den Suchmaschinennutzer auf die Homepage des jeweiligen Angebots weiterleitet und so aktiv zur Monetarisierung beiträgt, das will man offenbar nicht gelten lassen bzw. ist scheinbar zu wenig. Und doch fürchten einige Presseverleger Umsatzeinbußen und sogar Insolvenzen (!), wie es in der Pressemitteilung heißt, sollten deren Suchergebnisse gekürzt werden.
Im Klartext heißt das: Man will Google dazu zwingen die Produkte abzunehmen und will für diesen Zwang auch noch bezahlt werden. Würde mich aus Laiensicht ehrlich gesagt wundern, wenn diese Forderung rechtlich durchgesetzt werden kann, denn dann könnte man beliebigen Großunternehmen mit ausreichender Marktmacht ja zur Abnahme aller möglichen Dinge zwingen.
In einem ersten Statement des Bundeskartellamtes wurde daher auch schon klar gemacht, dass das angekündigte Vorgehen (d.h. die Beschneidung der Ergebnisse) (auf den ersten Blick) in Ordnung wäre. Eine abschließende Entscheidung ist auf Antrag von Google bis Mitte November zu erwarten. Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen.