Aktuelle Kindle Modelle erhalten moderne Bedienoberfläche, Update 5.7.2

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Viele digitale Leseratten, die den eReader-Markt aufmerksam verfolgen, werden sich im vergangenen Jahr sicherlich ein wenig darüber gewundert haben, dass Amazon nur mit einer (zwar soliden, aber) relativ unspektakulären Neuauflage des Kindle Paperwhite an den Start gegangen ist. Der eBook Reader hat Mitte 2015 ein 300 ppi Display spendiert bekommen, ansonsten blieb aber fast alles beim Alten.

Wie sich nun herausstellt, war Amazon aber nicht untätig. In einem überraschenden Schritt hat der Versandriese heute das umfangreiche Firmwareupdate mit der Versionsnummer 5.7.2 für Kindle Paperwhite 2 & 3, Kindle Voyage und das Basismodell veröffentlicht. Die neue Software löst die bisher zum Einsatz gekommene Version 5.6.x ab.

Überraschend ist der Schritt deshalb, weil die neue 5.7er Firmware nicht einfach nur ein paar kleine Verbesserungen bringt, sondern den Aufbau und die Optik der Bedienoberfläche modernisiert. Dabei ist der grundsätzliche Aufbau der Software zwar gleich geblieben. Anstatt das seit dem Kindle Touch zum Einsatz gekommene UI anzupassen, hat sich Amazon jedoch dazu entschlossen den alten Ballast über Bord zu werfen und optisch (fast) neu anzufangen.

Kindle aktualisieren, manuell und automatisch

Wenn du selbst einen Kindle eReader besitzt (d.h. Paperwhite 3, Voyage oder Basismodell), dann kannst du die neue Firmware bereits manuell einspielen. Hier findest du die passenden Dateien:

Die heruntergeladene BIN-Datei muss man per USB in das Hauptverzeichnis des internen Speichers kopieren. Ist das erledigt, trennt man die Verbindung zum PC und wechselt am eReader ins Einstellungsmenü. Dort drückt man auf die Menütaste und wählt „Kindle aktualisieren“.

Sollte der Menüpunkt ausgegraut sein, wurde die Update-Datei nicht gefunden (d.h. ins falsche Verzeichnis kopiert).

Alternativ kann man auch einfach abwarten, bis die neue Firmware per OTA-Update automatisch eingespielt wird. Dafür muss man mit einem WLan-Netzwerk verbunden sein.

Bis das automatische Update verfügbar ist, kann erfahrungsgemäß aber einige Zeit vergehen, da nicht alle Geräte gleichzeitig mit der neuen Software versorgt werden. Gehört man zur ungeduldigen Sorte, ist man mit dem manuellen Update momentan jedenfalls schneller.

Nachfolgend werden die wichtigsten Neuerungen der Reihe nach beschrieben.

Erste Schritte

Nachdem das Update erfolgreich installiert wurde, wird man erfreulicherweise nicht vor vollendete Tatsachen gestellt und muss sich selbst zurecht finden, sondern erhält – wie von Amazon gewohnt – eine kurze Einführung in die neu strukturierte Oberfläche.

Hier sieht man auch sofort die neue Statusleiste, die nun keinen schwarzen Hintergrund mehr hat. Außerdem wurde die Standardschriftart des User Interface verändert. Insgesamt wirkt die Bedienoberfläche so bereits in diesem ersten Schritt moderner als früher.

Startbildschirm und Menüleiste

Hat man sich durch die kurze Anleitung geklickt, landet man schließlich am Startbildschirm. Die nachfolgenden Screenshots zeigen einen Vergleich zwischen der neuen Optik und der alten (siehe Screenshot, rechts außen).

Anstatt der dick gezeichneten Symbole und Trennlinien, dominieren nun scharf gezeichnete Icons und feine Rahmen. Das sieht auf den HD-Displays von Kindle Paperwhite und Kindle Voyage nochmal um eine Ecke besser aus, als das früher der Fall war.

Einerseits weil die Oberfläche nun luftiger wirkt, andererseits weil nun (vermutlich) Vektorgrafiken zum Einsatz kommen und die alten Pixelsymbole ersetzen. Dadurch wirkt die neu gestaltete Menüleiste jedenfalls sichtbar schärfer.

Neu ist außerdem die Verknüpfung zu den „Schnellaktionen“, wie Amazon die Quick-Settings nennt. Das Ganze erinnert ein wenig an die Benachrichtigungsleiste von Android. Hier lässt sich mit einem Antippen der Flugmodus aktivieren, der Kindle synchronisieren und alle Einstellungen aufrufen.

Außerdem befindet sich die Lichtsteuerung nun ebenfalls in diesem Menüpunkt und ist horizontal ausgerichtet.

Prominent platziert wurde das Suchfeld, das per Live-Search auf dem Gerät und im Kindle-Shop nach dem gewünschten Titel sucht.

Wenn man nach dem Update am Startbildschirm landet, sieht er allerdings nicht so aus wie auf den ersten Screenshots, sondern wie auf den direkt über diesem Absatz. Am unteren Rand werden weiterhin die (ausblendbaren) Buchempfehlungen angezeigt, darüber ist die Ansicht nun zweigeteilt: Links befinden sich die drei zuletzt gelesenen/hinzugefügten Titel, rechts die Leseliste (siehe unten).

Die Buchempfehlungen und Leseliste lassen sich nur zusammen ausblenden. Letztere kann man dann aber weiterhin im Menü aufrufen.

Leselisten

Bei den Leselisten handelt es sich um ein Marketing-Instrument, mit dem Amazon die Buchvorschläge verbessern will.

Die Leseliste lässt sich in drei Schritten füllen: Zuerst klickt man auf den Einrichtungslink, woraufhin man von einer Genreauswahl begrüßt wird. Hier wählt man mit einem Antippen die bevorzugten Genres aus (Mehrfachauswahl möglich).

Im nächsten Schritt werden zunächst drei Buchtitel angezeigt. Hat man ein eBook bereits gelesen, kann man es mit der üblichen Stern-Bewertung versehen. Will man es lesen, kann man es auf die Liste setzen. Mit einem Klick auf den darunter liegenden Knopf kann man drei weitere Bücher nachladen. Amazon empfiehlt zumindest 10 Titel auf diese Weise zu bewerten oder auf die Leseliste zu setzen, dann sind die Buchempfehlungen genauer.

Für Titel auf der Leseliste werden die Leseproben im letzten Schritt wahlweise heruntergeladen.

Schriftbildoptionen und erweiterte Optionen

Auch die Schriftbildoptionen wurden überarbeitet. Die Einstellung der einzelnen Punkte erfolgt nun in drei Reitern, sodass auch diese Punkte luftiger/übersichtlicher aufbereitet sind.

Am Funktionsumfang haben sich drei Dinge geändert:

  1. Die aktuellen Kindle Modelle unterstützen nun auch die Schriftart OpenDyslexic. Dabei handelt es sich um einen Font, der speziell für Personen mit einer Leseschwäche bzw. Legasthenie entworfen wurde.
  2. Den Querformatmodus wählt man nun ebenfalls bei den „Display-Einstellungen“ im Reiter „Seite“. Früher musste man den Weg über das Einstellungsmenü gehen.
  3. Der Lesefortschritt hat einen eigenen Reiter spendiert bekommen.

Die sonstigen Optionen funktionieren grundsätzlich gleich wie früher. Wörterbuch, Wikipedia und Online-Übersetzung werden weiterhin in der mit 5.6.5 eingeführten Dreiteilung angezeigt.

Eine weitere offensichtliche Änderung betrifft die Tastatur, wobei ich sagen muss, dass man es mit dem Minimalismus hier in meinen Augen etwas zu gut gemeint hat (siehe Screenshot). Zwar lässt sie sich weiterhin problemlos nutzen, da sich an der hervorragenden Reaktionsfreudigkeit nichts geändert hat. Allerdings finde ich optisch klar abgegrenzte Tasten bei einer virtuellen QWERTZ-Tastatur besser.

Fazit

Amazon ist immer wieder für Überraschungen gut. Mit der Vorstellung des Kindle Paperwhite 3 hat Amazon im Sommer 2015 die Marktbeobachter überrascht, mit der neu gestalteten Firmware 5.7.2 setzt man jetzt, rund ein halbes Jahr später, nach.

Wenn man von dem kleinen Kritikpunkt bei der Tastatur absieht, dann ist die Auffrischung der Bedienoberfläche auf jeden Fall gelungen. Legt man ein Kindle Modell mit dem alten UI neben ein Gerät mit der neuen Software, sieht die alte Oberfläche tatsächlich sofort altbacken aus.

Amazon bewegt sich mit der neuen Designlinie etwas stärker in Richtung Kobo und PocketBook. Insbesondere die Hauptmenüleiste erinnert an die PocketBook-Optik. Beim Underdog wird ebenfalls mit feinen Linien und stilisierten Symbolen gearbeitet.

Die Tatsache, dass Amazon die Software als Marktführer weiterhin verbessert, spricht jedenfalls für den Versandriesen. Insbesondere die Tolino-Allianz darf sich hier ein Beispiel nehmen, denn seit dem letzten großen Update (bei dem der Browser entfesselt und der Querformat-Modus implementiert wurde), ist es schon wieder eine Weile (März 2015) her. Insbesondere die Wörterbuchfunktion und die Bibliothek haben bei den Tolino Modellen verbesserungsbedarf.

Man darf gespannt sein, ob die neue Kindle-Software ein Vorbote auf ein neues eReader-Modell von Amazon ist.

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Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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