Tolino Vision 5 im ausführlichen Test
Auf der Frankfurter Buchmesse 2019 haben die Tolino-Partner mit der größten Produktoffensive seit dem Start der Allianz im Jahr 2013 auf sich aufmerksam gemacht. Das wichtigste Gerät des neu vorgestellten Produkttrios ist dabei der Tolino Vision 5 als leistbares Premium-Modell.
Der Vision 5 macht vieles anders als sein oft gelobter Vorgänger: Das völlig andere Design und die Blättertasten neben dem gewachsenen Bildschirm sind die wichtigsten Neuerungen. Da stellt sich natürlich die Frage, ob diese Änderungen am Ende in Summe auch tatsächlich ein besseres Gerät hervorbringen. Das sehen wir uns im nachfolgenden Test an.
Hinweis: Das hier getestete Gerät wurde regulär im Einzelhandel gekauft.
Verarbeitung und Ausstattung
Die auffälligste Neuerung beim Tolino Vision 5 ist ohne Zweifel das neue asymmetrische Design. Der eBook Reader folgt damit nicht mehr der altbekannten Smartphone- und Tablet-Optik, sondern stellt Altbekanntes auf den Kopf und den Anspruch eine verbesserte Ergonomie zu haben.
Der Vision 5 besitzt nun seitlich des Displays eine Griffleiste, die breiter ist als der restliche Rahmen um den Bildschirm. Neu ist diese Bauform freilich nicht, denn die Kindle Oasis Reihe von Amazon besitzt bereits seit mehreren Jahren ein optisch ähnliches Layout. Und noch früher gab es etwas vergleichbares auch schon bei PocketBook (InkPad 1/2).
Kein Oasis-Klon
Im Detail sieht die Sache dann aber doch ein wenig anders aus. Der Tolino Vision 5 ist nicht einfach nur ein Oasis-Klon, sondern steht mit cleveren Detaillösungen auf eigenen Beinen. Die Angriffsfläche neben dem Bildschirm ist mit einem kleinen Knick in Richtung des Displays versehen und wird nach außen hin etwas dicker. Außerdem sind die Ecken der Griffleiste stärker abgerundet als die gegenüberliegenden Ecken.
Ebenso ist der rückseitige Aufbau anders als beim Kindle Oasis. Der Vision 5 ist insgesamt voluminöser als der Kindle Oasis 3, denn im Gegensatz zum Amazon-Konkurrenten wird der Tolino-eReader rückseitig gleichmäßig flacher (und nicht schlagartig, wie beim Oasis).
Es klingt nach kleinen Unterschieden, tatsächlich ergibt die Summe dieser Dinge aber ein haptisch völlig anderes Erlebnis. Im direkten Vergleich zum Oasis liegt der Tolino Vision 5 für meinen Geschmack angenehmer in der Hand, insbesondere weil die Kanten und Ecken stärker abgerundet sind. Aber auch der minimale Knick der Griffleiste sorgt für eine bessere Haltung.
Neue Knöpfe
Nicht ganz so gut wie beim Oasis sind wiederum die Druckpunkte der Blättertasten. Die Druckpunkte sind nämlich ungleichmäßig verteilt. Mittig und an den äußeren Rändern lassen sich die Knöpfe bestens bedienen. Drückt man allerdings auf der Innenseite drauf (also dort wo sich die beiden Tasten am nächsten sind), tut sich nichts. An dieser Stelle sind die Knöpfe nicht bedienbar. Das ist ein wenig ärgerlich, irritiert aber glücklicherweise nur im ersten Moment. Nach kurzer Eingewöhnung gibt’s mit der Bedienung diesbezüglich keine Probleme mehr.
In jedem Fall muss man das Vorhandensein der Blättertasten aber nochmal gesondert hervorheben. Lange Zeit galt die Reduktion von Knöpfen als wichtigste Errungenschaft der Touchscreen-Ära. Auch am eReading-Markt. Kaum ein Hersteller behielt Tasten am Lesegerät. Umso erfreulicher ist das Comeback der Blättertasten jetzt. Denn der Wegfall war keineswegs nur positiv. Physische Knöpfe am eBook Reader haben nämlich durchaus ihren nutzen und erhöhen den Lesekomfort. Das gilt natürlich auch für den Tolino Vision.
Der Einschaltknopf des Vision 5 ist auf die Rückseite gewandert und befindet sich gegenüberliegend von der Griffleiste. Die Positionierung erscheint mir auch nach längerer Nutzung eher unintuitiv zu sein. Ich hätte es besser gefunden, wenn der Knopf rückseitig in gleicher Höhe auf Seite der Griffleiste platziert worden wäre. So ließe sich der Vision nämlich einfacher mit der gleichen Hand einschalten, mit der man das Gerät aufhebt und meist auch gleich zum Lesen behält. Aber das ist natürlich Meckern auf hohem Niveau und selbstverständlich nur eine Kleinigkeit, die für den Alltagsbetrieb nicht allzu schwer ins Gewicht fällt.
Neues Gehäuse, hochwertige Verarbeitung
Als Gehäusematerial kommt Kunststoff zum Einsatz. Die Vorderseite ist glatt mattiert. Die Rückseite besteht aus einem gummierten Backcover mit einem perforierten Muster. Die Griffigkeit ist dank der Materialwahl und der Bauform sehr gut.
Auch der Qualitätseindruck ist aufgrund der tadellosen Verarbeitung ausgezeichnet. Im Vergleich zum Tolino Shine 3 fühlt sich der Vision 5 dank einer besseren Materialwahl merklich hochwertiger an.
Die Vorderseite ist im Gegensatz zum Vision 4 HD nicht mehr plan. Das bedeutet, der Bildschirm sitzt ein wenig eingelassen im Gehäuse.
Beim Gewicht legt der eReader auf 195 Gramm zu (Vision 4 HD: 174 Gramm; 163 x 114 x 8,1 mm), was dem größeren Display und damit auch dem insgesamt größeren Gehäuse (158,6 x 144,2 x 5,2 mm) geschuldet ist. Der Vision ist damit aber keineswegs schwer und liegt bestens in der Hand.
Bekannte Technik
Im Gegensatz zum Gehäuse hat sich das Innenleben nicht radikal verändert: Es kommen ein 1 GHz Prozessor und 512 MB RAM Arbeitsspeicher zum Einsatz, die den eBook Reader im Alltagsbetrieb ausreichend flott machen. Der interne Speicher ist weiterhin 8 GB groß und nicht erweiterbar. Für die meisten Nutzer dürfte das aber völlig ausreichend sein.
Ebenfalls wieder mit dabei ist der eingebaute Wasserschutz per Nanoversiegelung. Das Innenleben ist mit einer speziellen Beschichtung vor schädlichem Wassereinfluss geschützt, sodass der eReader auch mal nass werden kann.
Die Akkukapazität ist mit 1.200 mAh geringer als beim Vorgänger (1.500 mAh), was auch im Praxisbetrieb ein wenig auffällt. Man braucht allerdings weiterhin keine Angst davor zu haben, häufig an die Steckdose zu müssen, denn den E-Ink Vorzug des geringen Stromverbrauchs gibt’s natürlich weiterhin.
Über WLan kann man wieder drahtlos über den integrierten Shop eBooks kaufen. Das klappt von Haus aus dort wo das Gerät erworben wurde. Der Shop lässt sich nachträglich nicht ändern. D.h. bei einem Tolino Vision 5 von Weltbild lässt sich der Shop später nicht auf den von Thalia ändern.
Unterm Strich kann der Tolino Vision 5 hinsichtlich Verarbeitung und Haptik in fast allen Punkten restlos überzeugen.
Display und Beleuchtung
Die zweite große Neuerung neben der Bauform ist das um einen Zoll gewachsene Display. Der Tolino Vision 5 besitzt nun eine Bildschirmdiagonale von 7 Zoll. Das fällt auf den ersten Blick (ohne den direkten Vergleich zu haben) gar nicht so sehr auf, da die Gerätehöhe sich kaum geändert hat. Spätestens wenn man zum ersten Mal mit dem neuen Gerät liest, merkt man aber schnell, dass man dank der größeren Anzeigefläche seltener umblättern muss.
Wie gewohnt kommt E-Ink Carta Technik zum Einsatz. Damit sind hohe Kontrastwerte und eine gute Ablesbarkeit gewährleistet. Die Pixeldichte und Schriftschärfe bleiben mit 300 ppi ebenfalls unverändert (1680×1264 Pixel).
Beleuchtungsqualität
Der Tolino Vision 5 besitzt selbstverständlich wieder eine eingebaute Beleuchtung. Dieses Mal wird der Bildschirm allerdings nicht von unten, sondern seitlich – aus Richtung der Griffleiste – beleuchtet.
Seitlich positionierte Leuchtdioden haben zur Folge, das etwaige Unregelmäßigkeiten bei der Beleuchtung etwas stärker auffallen. Das kommt wohl daher, dass diese in Leserichtung innerhalb einer Zeile stärker ins Auge stechen als Zeile für Zeile.
Das gilt auch für den Tolino Vision 5: Die Ausleuchtung des Bildschirms ist grundsätzlich gut, d.h. es gibt keine hellen Lichtstreifen, keine Wolkenbildung und keine Lichthöfe. Allerdings ist ein horizontaler Helligkeitsverlauf nicht von der Hand zu weisen. Auf Fotos fällt dieser etwas stärker auf, aber auch mit freiem Auge ist der Verlauf erkennbar.
Je nachdem wie empfindlich man für solche Unregelmäßigkeiten ist, kann das durchaus störend sein. Der Effekt fällt etwas stärker auf, wenn die Helligkeit höher eingestellt ist.
Damit kommt der Vision 5 hinsichtlich der Ausleuchtung nicht an die wirklich ausgezeichnete Umsetzung des Vision 4 HD ran, der eine beinahe perfekte Gleichmäßigkeit aufwies.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass im Beleuchtungsmenü jetzt ein Link zu einer weiteren Informationsseite enthalten ist. Dort findet man Empfehlungen zur Lichteinstellung. Ebenso neu ist die Möglichkeit, die erhöhte Helligkeit direkt mit Hilfe eines Schalters zu aktivieren. Diese Einstellung war in älteren Firmware-Versionen unnötigerweise versteckt.
Sinnvoll ist die erhöhte Helligkeit in erster Linie tagsüber, um den Bildschirmhintergrund zu erhellen und den Kontrast noch weiter zu verbessern.
Blaulichtreduzierte Beleuchtung
Ebenso wieder mit dabei ist das blaulichtreduzierte Nachtlicht. Damit lässt sich das eingebaute Licht von einer kühl-weißen Farbe auf eine orange-rötliche Färbung einstellen. Mit Hilfe des stufenlosen Reglers kann man dabei viele unterschiedliche Farbtöne zwischen kalt-weiß (bläulich) und warm-weiß (orange) einstellen.
Wie bereits erwähnt, gibt’s hierbei keine Probleme mit Farbwolken oder sonstigen Störungen.
Die Blaulichtreduktion soll dafür sorgen, dass das Leseerlebnis bei Dunkelheit und abends angenehmer wird. Blaues Licht beeinflusst jüngsten Erkenntnissen nach, den Schlafrhythmus. Unklar bleibt dagegen, ob die Beleuchtung eines eReaders dafür schon ausreicht.
Zumindest subjektiv ist das Lesegefühl mit aktiviertem Smartlight (wie Tolino die Nachtlichtfunktion nennt) aber definitiv angenehmer. Die plötzliche Deaktivierung der orangefarbenen LEDs ist regelrecht unangenehm. Dementsprechend gehe ich persönlich auch davon aus, dass die Nachtlichtfunktion durchaus ihren Nutzen hat. Ich selbst lese daher auch nur noch auf Geräten die diese Funktion bieten.
Helligkeit und Farbtemperatur
Der Tolino Vision 5 gehört mit Aktivierung des „erhöhten Helligkeitsmodus“ zu den hellsten Geräten am Markt.
Beim Nachtlicht leuchtet das Gerät mit maximal 174 cd/m² heller als alle anderen Geräte die wir bisher getestet haben, mit kalter Lichteinstellung liegt das Gerät mit 130 cd/m² im oberen Mittelfeld. Die minimale Helligkeit liegt mit 2,7 cd/m² am Niveau des Tolino Shine 3.
Die Farbtemperatur beträgt ohne Nachtlicht 6600 Kelvin. Mit Nachtlicht liegt die Lichtfarbe bei 3000 Kelvin.
Wie immer gilt es bei diesen Werten (Helligkeit und Farbtemperatur) aber zu bedenken, dass innerhalb der Modellreihe Schwankungen möglich sind und nicht alle Geräte die gleichen Werte aufweisen.
Maximale Bildschirmhelligkeit in cd/m² (höher ist besser)
- Tolino Vision 5 (warm) 175
- Kindle Oasis 3 (kalt) 170
- Kindle Oasis 1 159
- Tolino Shine 3 (warm) 146
- Tolino Vision 4 HD (warm) 135
- Kindle Oasis 3 (warm) 131
- Tolino Vision 5 (kalt) 130
- Tolino Vision 4 HD (kalt) 119
- Tolino Shine 3 (kalt) 118
- Kindle Paperwhite 3 115
- Kobo Aura One 105
- PocketBook Touch HD 3 (kalt) 90
- Kindle Paperwhite 4 90
- Tolino Shine 2 HD 89
- PocketBook InkPad 3 Pro (kalt) 85
- PocketBook InkPad 3 (kalt) 79
- PocketBook Touch HD 3 (warm) 75
- PocketBook Touch Lux 4 73
- PocketBook InkPad 3 Pro (warm) 73
- PocketBook InkPad 3 (warm) 69
Minimale Bildschirmhelligkeit in cd/m² (niedriger ist besser)
- Tolino Shine 3 (warm) 2.7
- Tolino Vision 5 2.7
- Tolino Vision 4 HD (kalt) 2.2
- Kobo Aura One 2.1
- Tolino Shine 2 HD 2.0
- Tolino Vision 4 HD (warm) 1.9
- Tolino Shine 3 (kalt) 1.8
- Tolino Vision 5 1.2
- Kindle Paperwhite 4 0.9
- PocketBook Inkpad 3 0.7
- PocketBook Inkpad 3 Pro 0.7
- PocketBook Touch HD 3 0.7
- Kindle Oasis 3 0.6
- PocketBook Touch Lux 4 0.4
- Kindle Oasis 1 0.4
- Kindle Paperwhite 3 0.2
Auf eine automatische Helligkeitsregulierung muss man verzichten. Die Farbtemperatur lässt sich allerdings automatisch anhand der Uhrzeit anpassen.
Touchscreen und Ghosting
Der Bildschirm sitzt jetzt minimal ins Gehäuse eingelassen. Damit ist der Touchscreen nicht mehr plan mit der restlichen Vorderseite – ein Novum für die Vision-Reihe. Das ändert aber nichts an der weiterhin problemlosen Bedienung. Der kapazitive Touchscreen reagiert sensibel und schnell – genauso wie man es sich erwartet.
Besonders erfreulich ist das Ghosting-Verhalten des Tolino Vision 5. Während die beiden Konkurrenten von Amazon (Oasis 3) und PocketBook (InkPad 3) im regulären Lesebetrieb mit minimal sichtbaren Ghosting zu kämpfen haben, ist der Vision 5 quasi frei davon. Im Lesebetrieb (ohne invertiertem Modus, siehe unten) sind nach einem Seitenwechsel selbst bei sehr genauem Hinsehen keine Buchstabenfragmente der vorigen Seite erkennbar. Besser geht’s nicht.
Lediglich wenn man ein Menü offen hatte, wird eine vollständige Seitenaktualisierung nötig – die nimmt die Software aber zuverlässig selbst vor, wenn es nötig ist.
Zwischenfazit
Der Tolino Vision 5 musste in große Fußstapfen treten, denn der Vorgänger war hinsichtlich des Bildschirms mitunter das am gleichmäßigsten ausgeleuchtete Gerät am Markt. Hier kann das neue Modell leider nicht ganz anschließen. Die Umsetzung ist unterm Strich gelungen, Abstriche muss man wegen der neuen Bauform aber bezüglich des Helligkeitsverlaufs machen.
Abgesehen davon gibt’s jedoch nichts auszusetzen: Die Schriftschärfe ist wie gewohnt sehr hoch und auch die Helligkeitswerte, der Touchscreen und das Ghostingverhalten sind ebenfalls auf allerhöchstem Niveau.
Lesen und Benutzerfreundlichkeit
Auch wenn die aktuelle Tolino-Reihe nicht mehr von der Deutschen Telekom als Technologiepartner mitentwickelt wird, so bleibt bei der Bedienoberfläche im Grunde doch fast alles beim Alten. Es kommt somit weiterhin eine speziell angepasste Android Bedienoberfläche zum Einsatz, die eine einfache Nutzung des Vision 5 erlaubt.
Die wichtigsten Details zur Tolino-Bedienung und den Möglichkeiten kannst du im Shine 3 Testbericht nachlesen. Die allermeisten Dinge gelten genauso auch für den Vision 5.
Auf gesondert erwähnenswerte Punkte und Neuerungen des Vision 5 will ich nachfolgend aber dennoch kurz eingehen.
Lesen mit Blättertasten und Lagesensor
Die größte Neuerung an der Hardware, macht sich in erster Linie während des Lesens bemerkbar: Die Blättertasten. Der neue Vision gehört zur ersten Tolino-Generation die Tasten zum Blättern besitzt.
Im Alltagsbertrieb erweist sich das als genauso praktisch wie man es bereits von anderen Herstellern kennt. Hält man den eReader in der Hand, liegt die untere Ecke sicher im Handballen und der Daumen landet beinahe automatisch über den Blättertasten. Somit bedarf es kaum Anstrengung weiterzublättern.
Mit der unteren Blättertaste wird standardmäßig vorwärts geblättert, mit der oberen Taste geht’s zurück. Diese Belegung lässt sich auch umdrehen. Der Touchscreen lässt sich in Firmware 13.1. derzeit nicht deaktivieren (wie das bei Kindle Oasis und PocketBook InkPad der Fall ist).
Ebenfalls neu ist der eingebaute Lagesensor, mit dem der eBook Reader automatisch die Ausrichtung erkennt. Wenn man das Lesegerät lieber in der linken Hand hält, dann dreht man es einfach um 180 Grad. Nun taucht am Bildschirm ein Symbol auf, das den Lagewechsel signalisiert. Tippt man auf das Symbol, wird der Bildschirm gedreht. Das klappt in alle vier Richtungen.
Die Bildschirmdrehung funktioniert zuverlässig, wenngleich ich es zu Beginn ein wenig gewöhnungsbedürftig fand, dass man die Drehung bestätigen muss. Es hat allerdings auch den handfesten Vorteil, dass keine unbeabsichtigten Ausrichtungsänderungen stattfinden können. Denn wenn man das Symbol nicht antippt und einfach weiterblättert, verschwindet es und die Ausrichtung bleibt wie sie ist.
Ich fände es aber dennoch sinnvoll, wenn sich die Ausrichtung in zukünftigen Firmwares generell sperren und vollständig automatisieren (d.h. ohne Bestätigung) ließe.
Erwähnenswert ist zudem noch eine kleine Macke bei der umgekehrten Blättertasten-Einstellung und dem Querformat. Ist die Belegung der Tasten umgedreht (oben vorwärts, unten zurück), dann überträgt sich die Einstellung auch auf die querformatige Anzeige (Tasten unter dem Bildschirm). Dann wird mit der rechten Tasten zurück geblättert und mit dem linken Knopf vorwärts. Das mag technisch zwar richtig sein, da man die Belegung umgekehrt hat, ist aber nicht sonderlich intuitiv.
Barrierefreiheit
Bereits der erste Tolino Epos hat mit Firmware 12.2 einen speziellen Modus verpasst bekommen, mit dem sich die Menüpunkte vergrößern lassen. Das Ziel: Der eReader soll auch für Personen mit einer Sehbeeinträchtigung sinnvoll nutzbar sein. Denn auch wenn sich die Schriftgröße in eBooks anpassen lässt, wenn das Menü zu klein dargestellt wird, dann bleibt die einfache Nutzung potentiell auf der Strecke.
Der neue Vision bekommt den Vergrößerungsmodus nun ebenfalls spendiert. Ab einer Displaydiagonale von 7 Zoll ist die neue Funktion verfügbar, d.h. neben dem Vision gibt’s die Vergrößerung ebenso am neuen Epos. Tolino Shine 3, Page 2 und die anderen 6 Zöller müssen wegen der begrenzten Anzeigefläche darauf verzichten.
Die Tolino-Allianz betont, dass der Fachausschuss für die Belange Sehbehinderter beim Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) und der Deutschen Zentralbücherei Leipzig (DZB) in die Entwicklung eingebunden waren und Feedback direkt in die Umsetzung eingeflossen ist.
Die Arbeit ist dabei allerdings noch nicht abgeschlossen, denn als nächstes soll auch der eBook-Kauf entsprechend verbessert werden.
Der Vergrößerungsmodus lässt sich in den „weiteren Einstellungen“ des Geräts aktivieren. Sobald man das macht, vergrößern sich alle Bildschirmelemente sofort. Damit rücken alle Anzeigeelemente auch näher zusammen, wobei die Abstände trotzdem ausreichend groß bleiben, damit man nicht unabsichtlich andere Symbole drückt.
Nachtmodus
Neu hinzugekommen ist der sogenannte Nachtmodus. Dabei werden die Bildschirmfarben invertiert, sodass der Hintergrund schwarz und die Schrift weiß dargestellt werden.
Das ist eine beliebte Darstellungsvariante auf Smartphones und Tablets um die Lichtintensität bei der abendlichen Nutzung zu verringern. Auch wenn das eingebaute Nachtlicht für mein Empfinden dafür zwar ausreicht, so ist jede mögliche Erleichterung zur augenschonenden Betrachtung des Displays trotzdem sehr willkommen.
Zum Erscheinen des Testberichts befindet sich der Invertierungsmodus noch in der Beta-Phase. Das wird auch direkt beim Schalter mit einem textlichen Zusatz so kommuniziert.
Nachdem man den Nachtmodus aktiviert hat und ins Buch wechselt, weiß man auch schnell, weshalb dieser noch in der Beta-Phase ist: Der Ghosting-Effekt ist extrem stark ausgeprägt. Das ist insofern interessant, weil Ghosting im normalen Lesemodus kaum sichtbar und besser ist, als beim Kindle Oasis.
Bei aktiviertem Nachtmodus ist es genau umgekehrt: Hier weist der Kindle Oasis 3 weniger Ghosting auf. Außerdem ist die Umsetzung am Kindle derzeit insgesamt besser gelungen, denn bei einer vollständigen Bildschirmaktualisierung wird die Beleuchtung des Oasis für einen kurzen Moment deaktiviert. Das ist sinnvoll, da das Display bei einer E-Ink-Aktualisierung weiß flackert und ansonsten blenden würde.
Wird der E-Ink Refresh im Nachtmodus am Tolino Vision 5 ausgeführt, bleibt die Beleuchtung eingeschaltet und man wird unweigerlich kurz geblendet.
Auch wenn der Schritt zur Implementierung des Nachtmodus auf jeden Fall zu begrüßen ist, so muss man doch festhalten, dass es hier noch Optimierungsbedarf gibt.
Android Apps per Sideloading
Alle Tolino eBook Reader nutzen Android als Unterbau. Die Bedienung erfolgt über eine eigene Tolino-App die sich immer im Vordergrund befindet. Somit bekommt man die normale Android Bedienoberfläche nie zu Gesicht.
Für Bastler gibt’s aber dennoch die Möglichkeit die Gerätefunktionen ein wenig zu erweitern. Mit Hilfe von Fastboot kann man in wenigen Schritten auch am Tolino Vision 5 andere Android-Apps installieren und so beliebige andere Programme, die auf Android 4.4 lauffähig sind, installieren. Wie das funktioniert, wird hier beschrieben.
Damit wird der ohnehin schon sehr gute Vision 5 zu einem noch besseren Gerät, das selbst viele regulär offene Android-eReader in den Schatten stellt. So lassen sich z.B. auch die Skoobe-App oder andere alternative Lese-Apps verwenden, ohne dass man auf die bewährte Tolino-Oberfläche verzichten müsste.
Onleihe und eigene Schriften
Seit Umstellung der Onleihe auf Care-DRM, klappt die Onleihe-eBook-Nutzung auf Tolino-Modellen ab Firmware 12.2 nicht mehr so reibungslos wie zuvor (mit Adobe DRM).
Laut letzten Informationen soll Firmware 13.1.0 wieder auf Adobe DRM zurückgreifen. Mit Firmware 13.1.1 hat sich das offenbar wieder geändert.
In jedem Fall ist die Care-DRM-Unterstützung offensichtlich noch „Work in progress“. Fleißige Onleihe-Nutzer sollten sich also weiterhin auf Probleme einstellen, wenn die eBook-Ausleihe direkt am Gerät geschieht.
Das bringt uns noch zu einem weiteren Problem: Der Vision 5 unterstützt weiterhin die Installation eigener Schriftarten. Wenn man diese Option nutzt und eine eigene Schrift einstellt, dann kann man die Schriftarteinstellung im Textdarstellungsmenü nicht mehr verlassen. Erst wenn das eBook geschlossen und wieder geöffnet wird, klappt die restliche Textanpassung (Schriftgröße, Ausrichtung etc.) wieder. Da man die Schriftart wohl nicht allzu oft ändert, ist das kein großes Problem, aber zumindest lästig.
Zwischenfazit Lesen und Bedienung
Einige kleinere Unstimmigkeiten (Schriftmenü nicht mehr zu verlassen; Blättertastenumkehrung im Querformat; Flackern und Ghosting im Nachtmodus) werden mit zukünftigen Firmwares hoffentlich behoben.
Unterm Strich überträgt sich das sehr gute und einfache Bedienerlebnis der Vorgänger aber trotzdem beinahe nahtlos auf den neuen Formfaktor des Tolino Vision 5. Die bekannt intuitive Bedienung wird durch die Blättertasten noch besser und die Modi zur Bildschirminvertierung und Barrierefreiheit sind auf jeden Fall willkommen.
Fazit
Der Vision 5 ist im Tolino-Portfolio der für mich interessanteste eReader. Zu einem sehr guten Preis bekommt man ein größeres Display, eine hoch-komfortable Bauform mit Blättertasten, eine Blaulichtreduktion und einen Wasserschutz. Alleine hinsichtlich dieser Ausstattung ist der Vision vom Preis-Leistungs-Verhältnis in dem Größensegment nicht zu schlagen.
Ebenfalls sehr gut gelungen sind die kleinen laufenden Neuerungen der Tolino-Bedienoberfläche. Der weitere Schritt in Richtung besserer Barrierefreiheit mit der möglichen Vergrößerung der Menüpunkte ist dabei positiv hervorzuheben.
Und erfreulicherweise ermöglicht auch diese neue Tolino-Generation mit kleinen Umwegen die Installation eigener Android Apps. Das ist vom Hersteller zwar nicht vorgesehen und für die meisten Nutzer wohl irrelevant, für Bastler und Tüftler aber durchaus ein wichtiges Kaufargument.
Der Tolino Vision 5 leistet sich im Grunde nur eine nennenswerte Schwäche: Die Ausleuchtung des Bildschirms ist nicht so gleichmäßig wie beim Vorgänger. In diesem Punkt hätte ich mich über mehr Feinschliff gefreut. Dies kostet dem Vision 5 auch eine absolute Bestnote.
Unterm Strich ist der Vision 5 aber trotzdem ein sehr gutes Gerät, das sich den Platz in der mittlerweile schon langen Vision-Reihe mit einer Testnote von 1,4 verdient hat. Insbesondere durch die neue Bauform lohnt sich der Blick auch für zufriedene Vision-Nutzer älterer Modelle.