Tolino Page

Mit E-Ink Carta Technik nimmt es der Tolino Page mit dem günstigen Einstiegs-Kindle auf. Wie gefährlich ist er für Amazon?

Steckbrief

Mit den beiden eBook Readern Tolino Vision 4 HD und Tolino Shine 2 HD hat der deutsche Buchhandelszusammenschluss bereits seit mehreren Monaten zwei hochwertige Lesegeräte im Sortiment. In unseren Testberichten hat sich gezeigt, dass  es die beiden Modelle ohne Wenn und Aber mit der Konkurrenz von Amazon und Kobo aufnehmen können.

Mal abgesehen vom ersten Tolino Shine, der einige Zeit zusätzlich als etwas günstigeres Einstiegsgerät angeboten wurde, gab es bisher allerdings kein Basisgerät, wie es etwa Amazon (mit dem Kindle) und Kobo (mit dem Touch 2.0) im Angebot haben. Bis jetzt.

Neues Basismodell mit E-Ink Carta

Heute wurde der Tolino Page vorgestellt. Dabei handelt es sich um ein Gerät im günstigen Preissegment, das ohne viel Schnick-Schnack einfachen Einstiegs ins digitale Lesen geben soll. Das Gerät konkurriert dabei direkt mit dem Kindle Basismodell, bietet allerdings eine bessere Bildschirmtechnik.

Der Tolino Page besitzt ein 6 Zoll Display mit einer Auflösung von 800×600 Pixel und nutzt E-Ink Carta als Anzeigetechnologie. Das ergibt eine Pixeldichte von 160 ppi. Auf eine eingebaute Beleuchtung verzichtet das Gerät. Die Bedienung erfolgt über einen Infrarot-Touchscreen.

Es ist der erste eBook Reader der die beliebte Bildschirmtechnik in dieser Konfiguration nutzt.

Bekannte Optik und Technik

Der neue Page sitzt im beinahe unveränderten Gehäuse des Tolino Shine, womit auch die Maße mit 175 x 116 x 9,7 mm gleich bleiben. Das Gewicht ist mit 170 Gramm jedoch noch ein Stück niedriger (Shine: 183 Gramm). Dadurch können auch ältere Hüllen des Shine weiterverwendet werden.

Der interne Speicher beträgt 4 GB, davon können wie gewöhnt allerdings nur rund 2 GB frei genutzt werden. Eine Speicherkartenerweiterung steht nicht zur Verfügung. Natürlich kann man mit dem eReader auch die Tolino Cloud nutzen, die 25 GB Speicherplatz im Internet ermöglicht. Zugriff bekommt man über die eingebaute WLan-Verbindung.

Angetrieben wird der Tolino Page von einem 1 GHz Freescale i.MX 6 Prozessor, womit man sich auch auf die gewohnt flüssige Bedienung freuen darf. Der Arbeitsspeicher ist mit 512 MB RAM ebenfalls ausreichend groß bemessen.

Der mit 1.000 mAh starke Akku ist zwar etwas kleiner als bei anderen aktuellen Modellen, allerdings

Als Betriebssystem kommt wie immer Android zum Einsatz, wobei man jedoch weiterhin keinen Zugriff auf das restliche Betriebssystem hat, sondern stattdessen auf die Tolino-Oberfläche beschränkt ist. Offen bleibt, ob sich der Tolino Page, ebenso wie die beiden anderen aktuellen Modelle, rooten lasen wird. Als Firmware-Version ist ab Auslieferung direkt Version 1.8.0 verfügbar.

Zielgruppe: Digitale Skeptiker und Gelegenheitsleser

Die Idee hinter dem Tolino Page ist nicht neu: Man will Personen ansprechen, die sich trotz des mittlerweile jahrelangen sehr guten Angebots an elektronischen Lesegeräten, bisher noch nicht zu einem Kauf durchringen konnten. Seit es wegen der möglicherweise zu komplizierten Technik oder genereller Skepsis gegenüber Buchdigitalisierung.

Mit einem technisch auf das Nötigste beschränkte Basismodell kann man ein kostengüsntiges Modell anbieten, um Einsteiger vielleicht etwas leichter zu überzeugen.

Wer nun meint, dass ein solches Modell heutzutage nicht mehr nötig ist, der sei an das Kindle Basismodell verwiesen. Bereits seit Jahren kann Amazon mit preisgünstigen eReadern im Kostensegment um 60 bis 70 Euro einen Haufen Neukunden gewinnen, die der Konkurrenz vermutlich für immer verloren sind.

Amazon schafft es mit dem Einstiegsgerät nämlich nicht nur digitale Skeptiker zu überzeugen, sondern bindet sie auch gleich an das eigene Ökosystem.

Es ist daher nur sinnvoll, dass die Tolino-Allianz ein entsprechendes Gegenstück bietet, was natürlich nicht nur in Deutschland nötig ist, sondern auch in den anderen Ländern in denen die Buchhandelsallianz aktiv ist.

Zusammenfassung

Der Tolino Page bietet im günstigen Preissegment eine technisch hervorragende Alternative zum Kindle. Dank übersichtlicher Bedienoberfläche und ePub-Unterstützung ist das Gerät gegenüber dem Amazon-Konkurrenten in unseren augen das bessere Einstiegsgerät. Wenn man jedoch nicht auf die Beleuchtung verzichten möchte, dann sollte man zum Tolino Shine 2 HD oder Kindle Paperwhite greifen.

Testbericht

Lange Zeit habe ich Kritik an der Tatsache geübt, dass die Tolino Partner kein günstiges Einsteigermodell als Konkurrenz zum Basis-Kindle auf den Markt bringen. Immerhin verschafft(e) sich Amazon mit einem billigen eBook Reader im Einsteigersegment einen durchaus beträchtlichen Vorteil bei neuen Nutzern, denn wer einmal im Kindle-Ökosystem durchstartet, der dürfte später eher nicht mehr zu einem anderen Anbieter wechseln.

Das haben nun wohl auch die Tolino Partner erkannt und erstmals seit dem Marktstart ein günstiges, unbeleuchtetes Einstiegsgerät auf den Markt gebracht: Den Tolino Page. Der neue eReader tritt direkt gegen den günstigsten Kindle an und soll letztendlich dafür sorgen, dass digitale Skeptiker und Gelegenheitsleser eine gute Alternative zu Amazon geboten bekommen.

Den Kindle will die Tolino-Allianz dabei mit der besseren Displaytechnik ausstechen – ob das in der Praxis auch gelingt, schauen wir uns nachfolgend an.

Verarbeitung & Austattung

Das ist doch ein Shine, oder? – werden sich wohl einige gedacht haben, als sie den neuen Tolino Page zum ersten Mal auf Produktfotos gesehen haben. Der jüngste Neuzugang im Portfolio der deutschen Buchhandelsallianz nutzt die gleiche Optik wie der allererste Tolino-eReader.

Nanu, Shine mal 2? Nein, links ist der neue Tolino Page, rechts dahinter der Tolino Shine

Auf den zweiten Blick und insbesondere in Natura bemerkt man dann allerdings schnell, dass das Gehäuse in einigen Bereichen verändert wurde.

Zunächst fällt auf, dass der Tolino Page einen helleren Braunton spendiert bekommen hat, der in meinen Augen sehr viel freundlicher wirkt als das eher dunkle Braun des Shine.

Mindestens ebenso auffällig ist der Wechsel des Materials, wenn man das Gerät in die Hand nimmt. Anstatt der gummierten Oberfläche beim Shine, kommt beim Page eine haptisch weniger ansprechende Hartplastikschale zum Einsatz. Die Oberfläche ist leicht aufgeraut, sodass man aber trotzdem einen guten Halt hat und Fingerabdrücke kaum eine Chance haben.

Bekannter Home-Button im Hartplastikgehäuse

Auch wenn der Tolino Page beim Anfassen grundsätzlich solide wirkt und es an der Verarbeitung nichts auszusetzen gibt, merkt man durch die Materialwahl, dass hier offenbar gespart werden musste. Der ältere Shine ist für mein Empfinden das haptisch angenehmere Lesegerät. Diese Materialwahl teilt sich der Page übrigens mit dem Kindle, denn das Amazon-Basis-Modell der letzten Generation hat ein ganz ähnliches Hartplastikgehäuse spendiert bekommen.

Neben diesen beiden größeren Änderungen, wurden auch die Logos und Knöpfe geringfügig angepasst. Die vorder- und rückseitigen Tolino-Schriftzüge sind nun nicht mehr aufgedruckt, sondern ins Plastik eingelassen und glänzen unauffällig. Während der Home-Button unter dem Bildschirm visuell und vom Druckpunkt weitestgehend unverändert bleibt, hat man den Einschaltknopf zu einem normalen Druckknopf gewandelt (anstatt des alten Schiebers). Dessen Druckpunkt ist leider etwas unklar und hart ausgefallen.

Am unteren Geräterand befindet sich weiterhin die Klappe zum Abdecken des Micro-USB-Steckplatzes. Auf eine Speicherkartenerweiterung muss man verzichten (siehe unten).

Verdeckter USB-Anschluss

Die Größe hat sich im Vergleich zum Tolino Shine nicht geändert: Der Tolino Page misst 175 x 116 x 9,7 mm (und passt in die gleichen Hüllen), bringt aber nur 170 Gramm auf die Waage. Damit gehört er zu den leichteren Gesellen am eReader-Markt.

Was die technische Ausstattung angeht, bietet das Lesegerät Standardkost: WLan ist mit dabei, sodass man auf den eingebauten Shop zugreifen kann um eBooks direkt zu kaufen. Der interne Speicher ist 4 GB groß (1,99 GB für den Nutzer verfügbar!) und nicht erweiterbar. Der Akku ist mit 1.000 mAh ausreichend groß bemessen um mehrwöchige Laufzeiten zu ermöglichen.

Abschließend ist noch die ungewöhnliche Verpackung eine Erwähnung wert. Im Inneren des hübsch bedruckten Kartons befindet sich der eReader in einer schwarzen Luftpolstertasche. Eine durchaus witzige Lösung, die auch ihre praktische Seite hat: Die Tasche eignet sich ganz gut zum Transport des Geräts.

Die schwarze Luftpolstertasche eignet sich eigentlich auch ganz gut zum Transport

Unterm Strich präsentiert sich der Tolino Page als solide verarbeitetes Gerät, dem man im Vergleich aber durchaus anmerkt, dass es etwas billiger ist.

Display

Besonders wichtig ist natürlich der Bildschirm. Der muss auch bei einem Einstiegsgerät gut ablesbar sein, denn immerhin sollen solche Modelle im niedrigeren Preissegment Skeptiker und digitale Gelegenheitsleser überzeugen.

Der Tolino Page begeht hierbei Neuland: Obwohl die in diesem Segment bekannte Auflösung von 800×600 Pixel zum Einsatz kommt und sich in Kombination mit der 6 Zoll Displaydiagonale eine bekannte Pixeldichte von nur 167 ppi ergibt, setzt das Gerät nicht auf die ansonsten übliche E-Ink Pearl Technik.

Stattdessen verwendet der Page die aus höheren Preisbereichen bekannte E-Ink Carta Technik. Es ist das erste Mal, dass ein Carta-Bildschirm mit dieser Auflösung kombiniert wird. Umso gespannter war ich, wie sich der eReader in der Praxis schlägt.

Tolle Kontrastwerte, pixelige Auflösung

Dabei wird schon beim Auspacken klar, dass die Tolino Partner verstanden haben, worauf es ankommt. Der Page begrüßt einen mit dem bekannten Tolino-Lächeln, wobei der Bildschirmhintergrund sehr hell erscheint und die elektronische Tinte des Tolino-Gesichts sehr dunkel.

Der gute erste Eindruck bestätigt sich auch nach dem Einschalten. Die Kombination aus hellem Hintergrund und dunkler Schrift sorgt für eine besonders gute Ablesbarkeit. Im direkten Vergleich zum Shine wird dieser Umstand noch deutlicher (siehe Foto unten).

Deutlich besserer Kontrast am Tolino Page (links) im Vergleich zum Tolino Shine (rechts)

Die Messung des Kontrastwerts bestätigt die ohnehin offensichtliche Beobachtung. Der Tolino Page bringt es auf ein Kontrastverhältnis von 8,39:1 und befindet sich damit im Bereich des Kindle Voyage – ein Gerät das mehr als doppelt so teuer ist.

Anmerkung: Um die Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen noch besser sichtbar zu machen, wurde das Messverfahren angepasst, sowie eine andere Lichtquelle verwendet. Die nachfolgenden Zahlen wurden neu ermittelt und sind nicht direkt mit den alten (aus früheren Tests) vergleichbar. Es handelt sich um eine praxisnahe Messung, nicht um das maximale Kontrastverhältnis.

Kontrastverhältnis X:1, ohne Beleuchtung (höher ist besser)

Der hervorragende Kontrast sorgt letztendlich dafür, dass man den Tolino Page auch in moderat ausgeleuchteter Umgebung noch gut nutzen kann. Die fehlende Beleuchtung ist zwar trotzdem bedauerlich, dank der tollen Reflektivität des Displays aber zu verkraften.

Gegenüber den hochpreisigen Mitbewerbern muss der Page in einem Punkt aber trotzdem Federn lassen: Die Auflösung von nur 800×600 Pixeln macht sich doch recht deutlich bemerkbar. Mit nur 167 ppi wirkt die Schrift pixelig. Was vor einigen Jahren kein Problem war, fällt heute doch sehr deutlich auf. Besonders wenn man sich diverse 300 ppi Modelle zum Vergleich nimmt, wirkt die Schrift des des jüngsten Tolino-Geräts unscharf.

Fairerweise muss man natürlich dazu sagen, dass es der eReader aber gar nicht mit den teureren Geräten aufnehmen will. Die Konkurrenten des Tolino Page heißen Kindle und Kobo Touch 2.0. Beide Mitbewerber verfügen über die gleiche Pixeldichte und ein ebenfalls pixeliges Auftreten. Im Vergleich zu diesen beiden Modellen kann der Page dank des höheren Kontrasts mit der deutlich besseren Ablesbarkeit punkten.

Zum Schluss werfen wir noch einen Blick auf den Ghosting-Effekt. Dieser ist im Gegensatz zu den sonstigen E-Ink Carta Modellen, die sich aktuell am Markt befinden, deutlicher sichtbar (am Niveau der E-Ink-Pearl-Konkurrenten), weshalb sich eine regelmäßige vollständige Aktualisierung des Bildschirms bezahlt macht.

Dummerweise wurde die Einstellunge hierfür von den anderen Tolino-Geräten übernommen und ist somit nur in 10er- bzw. 20er-Schritten anpassbar (Jede Seite, jede 10. Seite, etc.). Jede 10. Seite ist in meinen Augen eigentlich schon zu selten. Hier wäre es sinnvoll, die Software für den Page nachzubessern, um auch unterhalb der Zehner-Stelle Anpassungen vornehmen zu können.

Unterm Strich ist der Bildschirm des Tolino Page eine sehr große Überraschung. Während die vergleichsweise pixelige Schriftdarstellung zu erwarten war, kam der hervorragende Kontrastwert überraschend. In einem der wichtigsten Punkte (vielleicht sogar dem wichtigsten) kann sich der Page somit locker von den beiden Mitbewerbern abheben und es sogar mit mehr als doppelt so teuren Geräten aufnehmen.

Lesen & Benutzerfreundlichkeit

Wer schon einen Tolino eReader in Verwendung hatte, wird sich auch beim Page sofort zuhause fühlen. Die Bedienoberfläche wird quasi unverändert von den teureren Modellen übernommen und befindet sich mit Version 1.8.0 zum Testzeitpunkt auf dem neuesten Stand.

Dementsprechend einfach funktioniert auch die Ersteinrichtung. Nachdem man Sprachwahl, WLan-Einstellung (optional) und die Shopanmeldung (optional) vorgenommen hat, landet man nach einer kurzen Anleitung auch schon am bekannten Startbildschirm.

Startbildschirm

Dort befinden sich auch die weiterhin nicht ausblendbaren Shop-Empfehlungen, die aus dem integrierten eBook-Store stammen und gut ein Drittel des Homescreens einnehmen.

Die Bedienung erfolgt ohne Überraschungen: Mit dem Finger kann man die Bildschirmelemente mit Hilfe des Infrarot-Touchscreens anwählen und sich problemlos durch die Gerätefunktionen klicken. Die Programmsymbole im Vektorformat sorgen dafür, dass die niedrige Auflösung dank vernünftiger Kantenglättung nicht störend auffällt.

Bibliothek und Lesebetrieb

In der Bibliothek lassen sich eBooks in einer Listen- und Kachelansicht nach Aktualität, Titel und Autor sortieren. Neu hinzugekommen (mit Firmware 1.8.0) ist die mögliche Ausblendung bereits gelesener Bücher. Außerdem kann man nun zwischen drei Ansichten nach Titel, Autoren und Sammlungen per Reiter umschalten.

Bibliothek

Das Sammlungssystem setzt weiterhin auf eine proprietäre Lösung die nicht mit Calibre kompatibel ist. eBooks können in eigens erstellte Sammlungen einsortiert werden, was am Gerät für eine bessere Übersicht sorgt.

Ist der Tolino Page im integrierten Shop angemeldet, werden auch alle Titel angezeigt, die sich in der Cloud befinden. Diese sind mit einem kleinen Wolkensymbol gekennzeichnet und können mit einem einfachen Antippen unkompliziert heruntergeladen werden (WLan-Verbindung vorausgesetzt).

Der eingebaute Store lässt sich nicht ändern. Welcher das ist, hängt davon ab, wo das Gerät gekauft wurde. Es macht daher Sinn den eReader dort zu erwerben, wo man ohnehin am öftesten einkauft oder die eBooks in Zukunft beziehen möchte. Macht man das aus irgendeinem Grund nicht (z.B. um ein Schnäppchenangebot zu nutzen) ist das aber auch kein Problem. Die Tolino-Firmware erlaubt die sogenannte Bibliotheksverknüpfung. Damit kann man die Bibliotheken verschiedener Tolino-Anbieter am Gerät synchronisieren.

Heißt im Klartext: Wenn man den Tolino Page bei Thalia erworben hat, aber bei Weltbild bereits ein paar eBooks besitzt, kann man das Weltbild-Konto direkt einbinden. Die eBooks von Weltbild werden dann ebenfalls synchronisiert.

Ein Buch lässt sich mit einem einfachen Antippen öffnen. Umblättern kann man mit der bekannten Wischgeste oder mit dem Tippen auf die vordefinierten Bildschirmbereiche.

Schriftanpassung

Die Schriftbildoptionen wurden mit Firmware 1.8.0 ebenso verbessert wie die Bibliothek. Neben den neuen Schriftarten Bitter, Source Sans und Vollkorn, sowie den für Personen mit Leseschwäche entworfene Font OpenDyslexic, kann man nun auch eigene Schriftarten in den Formaten TTF und OTF installieren und nutzen.

Die Schriftgröße lässt sich nun in neun Stufen anpassen, die Zeilen und Randabstände weiterhin in drei Stufen. Die Textausrichtung lässt sich nach Blocksatz, Flattersatz und Mittelachsensatz ändern.

Am unteren Displayrand werden nach einem Antippen die verbleibenden Seiten zum nächsten Kapitel angezeigt.

Markierungen, Notizen & Wörterbuch

Wenn man mit dem Finger rund eine Sekunde auf ein Wort tippt, öffnet sich ein Kontextmenü mit folgenden Punkten:

  • Markieren
  • Notiz erstellen
  • Nachschlagen
  • Übersetzen

Die Notizeingabe klappt dank der flott reagierenden, virtuellen QWERTZ-Tastatur weitestgehend problemlos, ist meinem Gefühl nach aber nicht ganz so reaktionsfreudig wie bei den beiden 300 ppi Modellen Shine 2 HD und Vision 3 HD. Tippt man sehr schnell, werden einzelne Buchstaben schon mal „verschluckt“.

Kontextmenü

Notizen werden dunkelgrau hinterlegt, einfache Markierungen hellgrau. Die Notizen werden zudem in einer separaten Text-Datei gespeichert. Diese lässt sich auf den PC kopieren und so einfach weiterverarbeiten.

Notiznehmung und QWERTZ-Tastatur

Das Wörterbuch kennt zwei Nutzungsmodi: Einerseits kann man ein Wort im Bedeutungswörterbuch nachschlagen und so die Worterklärung in der jeweiligen Sprache erhalten. Andererseits stehen auch Übersetzungswörterbücher zur Verfügung. Folgende sind enthalten:

  • Deutsch
  • Englisch
  • Französisch
  • Italienisch
  • Niederländisch
  • Spanisch
  • Englisch-Deutsch
  • Englisch-Italienisch
  • Französisch-Deutsch
  • Italienisch Deutsch
  • Italienisch Französisch
  • Italienisch-Spanisch
  • Niederländisch-Deutsch
  • Niederländisch-Englisch
  • Niederländisch-Französisch
  • Niederländisch-Nordwegisch
  • Spanisch-Deutsch

Als Datenquelle wird das Wiktionary genutzt. Dabei handelt es sich um eine von Nutzern freiwillig gepflegte Wörterbuch-Seite (ähnlich wie Wikipedia). Die Qualität reicht damit nicht an redaktionell gepflegte Wörterbücher (wie z.B. den Duden) ran, aber dennoch darf man sich über die große Auswahl freuen. Im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten übersetzen die Tolino-Wörterbücher nämlich in erster Linie ins Deutsche. Die Mitbewerber bieten meist nur Übersetzungswörterbücher ins Englische.

Bevor man die Wörterbücher verwenden kann, müssen diese heruntergeladen werden. Ab Werk befindet sich kein Wörterbuch am Gerät. Zum Download muss man wiederum im integrierten Shop angemeldet sein.

Alternativ kann man auch Wörterbücher im passenden Format selbst herunterladen, oder die Dateien hier downloaden und den Tolino Page ohne Anmeldung verwenden.

Wörterbuchfunktion nur im Vollbildmodus

Nicht ganz optimal gelöst ist die weiterhin bildschirmfüllende Ansicht der Wortdefinition. Dadurch ist es nicht möglich den Text direkt nachzulesen und das Wort im Kontext zu verstehen. Bei anderen Herstellern wird die Definition nur in einem kleinen Fenster eingeblendet, sodass der Text im Hintergrund weiterhin ablesbar bleibt. Eine solche Lösung wäre auch hier wünschenswert.

Im gleichen Zug wäre es dann auch sinnvoll, das Wörterbuch direkt einzublenden, ohne dass ein zusätzlicher Tastendruck (Nachschlagen/Übersetzen aus dem Kontextmenü) notwendig ist.

PDF-Anzeige

Die PDF-Anzeige des Tolino Page funktioniert grundsätzlich ganz ordentlich. Auch große (bis 100 MB), bildreiche Dateien ließen sich öffnen, wobei man dann aber wie immer (je nach Aufbau und Formatierung) mit verlängerten Ladezeiten rechnen muss. Grundsätzlich ist die PDF-Funktion aber sehr performant.

Die Text-Reflow-Funktion ermöglicht bei einfach aufgebauten PDFs eine automatische Umwandlung in Fließtext. Auch hier gilt wieder: Wie gut das klappt, hängt vom Aufbau und der Formatierung der Datei ab.

Die niedrige Auflösung wird besonders bei kleinen Schriften zum Hindernis

Einer der größten Nachteile bei der PDF-Anzeige am Tolino Page ist sicherlich die geringe Pixeldichte. Während man bei den anderen Tolino Modellem mit 300 ppi auch DIN A4 Dokumente in verkleinerter Größe (an den 6 Zoll Bildschirm angepasst) noch relativ problemlos lesen kann, klappt das am Einstiegsgerät ab einer bestimmten Schriftgröße nicht mehr so gut.

Das Fehlen sonstiger Anzeigemodi erschwert die Lesbarkeit von großformatigen Dokumenten zudem weiter. Randbeschnitt, Spaltenmodus, Kontrastverstärkung etc. sucht man vergeblich.

Letztendlich empfiehlt sich zum Lesen von PDFs also entweder ein 300 ppi Modell oder ohnehin ein größeres Gerät ab 8 Zoll (besser ab 9,7 Zoll).

Sonstiges

Ein verstecktes Highlight des Page ist wieder der ausgezeichnete Internetbrowser. Auf einem Lesegerät mit E-Ink Display kann man zwar nicht so gut surfen wie auf einem Tablet, allerdings erweist sich der Android-basierte Browser des Tolino-Systems als beste Lösung am eBook-Markt. Er ist schnell, reaktionsfreudig und stellt Seiten fehlerfrei dar. Das klappt bei sonst keinem anderen Mainstream-Hersteller so gut.

Ausgezeichneter Internetbrowser dank Android-Unterbau

Damit lassen sich bequem News-Seiten ansurfen und lesen, sowie alternative Shops und die Onleihe direkt am Gerät nutzen. Die Onleihe hat zudem vor einiger Zeit auf eine für mobile Geräte optimierte Anzeige gewechselt.

Auch Lesezeichen kann man ablegen, wodurch die Nutzung des Browsers unterm Strich sehr bequem ist.

Fazit

Nach mehreren Jahren gibt’s mit dem Tolino Page nun endlich im niedrigeren Preissegment einen Konkurrenten zum Kindle. Und der hat’s in sich.

Während Kobo mit dem Touch 2.0 im Grunde nur einen (Hardware-)Klon des Kindle auf den Markt gebracht hat und damit kein nennenswertes Alleinstellungsmerkmal besitzt, haben die Tolino-Partner verstanden worauf es ankommt. Eine möglichst gute Ablesbarkeit ist der Schlüssel zum Erfolg – auch bei günstigeren Geräten für Skeptiker und Gelegenheitsleser.

Was man bereits mit den beiden anderen Modellen Shine 2 HD und Vision 3 HD sehr gut hinbekommen hat, schafft auch der Tolino Page. Das E-Ink Carta Display des Geräts bietet eine wirklich ausgezeichnete Ablesbarkeit und kann in dieser Hinsicht sogar einigen Mitbewerber in höheren Preisklassen gefährlich werden.

Eine glückliche Tolino-Familie, von links nacht rechts: Tolino Shine 2 HD, Tolino Page, Tolino Vision 3 HD. Darüber: Tolino Shine

Die erstmalige Kombination aus 167-ppi-Bildschirm und E-Ink Carta Technik ist damit voll geglückt. Natürlich muss man dabei aber immer dazu sagen, dass die niedrigere Auflösung im Vergleich trotzdem ein Nachteil bleibt, der inbesondere im direkten Vergleich ersichtlich ist. Schrift die aussieht wie gedruckt, bekommt man eben nur für etwas mehr Geld. Aber das war ohnehin nie das Ziel des Page.

Das Gleiche gilt für die fehlende Beleuchtung, auf die viele digitale Leseratten nicht mehr verzichten möchten. Einsteiger werden damit aber wohl zunächst kein Problem haben – immerhin haben auch die alten Hasen unter den Digitallesern auf unbeleuchteten eReadern digital zu lesen begonnen und konnten von der Technik begeistert werden.

Die Software des Page ist identisch mit den beiden anderen Tolino-Modellen und bietet somit einen großen Funktionsumfang mit vielen nützlichen Grundfunktionen und einem tollen Browser. Verbesserungswürdig ist weiterhin die Bibliotheksfunktion (Stichwort: Calibre) und die Zugänglichkeit der Wörterbücher.

Abschließend lässt sich festhalten, dass der jüngste eBook Reader der deutschen Buchhandelsallianz das Rad zwar nicht neu erfindet, in der Preisklasse aber durchaus sinnvoll verfeinert. Dank des viel höheren Kontrasts ist der Tolino Page den Hauptkonkurrenten letztendlich deutlich überlegen und verdient sich damit die gute Note 2,0 und eine Kaufempfehlung für all jene, die weniger als 100 Euro für einen eReader ausgeben möchten.

Fotos

Alternativen

Die Kindle-Alternative zum Tolino Page ist zwar ein wenig günstiger, bietet aufgrund der verwendeten E-Ink Pearl Technik aber schlechtere Kontrastwerte. Sonstige Carta-Alternativen gibt es in der Preisklasse hierzulande momentan nicht. Der Tolino Page sollte als Einstiegsgerät daher weit oben auf der Auswahlliste stehen.

Datenblatt

Technische Daten: Tolino Page
AllgemeinHerstellerTolino
Markteinführung2016
Verfügbare Farbenbraun
Wassergeschütztnein
GrößeMaße175 x 116 x 9,7 mm
Gewicht170 g
DisplayDisplaytechnologieE-Ink Carta
Displaygröße6 Zoll
Displayauflösung800x600 Pixel
Pixeldichte160 ppi
Farbtiefe16 Graustufen
Touchscreenja, Infrarot
Eingebaute Beleuchtungnein
Blaulichtreduktionnein
Plane Frontnein
VerbindungenUSBja, Micro USB
Bluetoothnein
WLanja, 802.11b/g/n
GSM / UMTSnein
SpeicherInterner Speicher4 GB
Speicherkartenerweiterungnein
FunktionenBetriebssystemAndroid
Lautsprechernein
Text-to-Speechnein
Blättertastennein
Unterstützte Dateiformate

ePub, PDF, TXT

Unterstützte DRM-Dateiformate

Adobe DRM

SonstigesAkkulaufzeit / Akkukapazität7 Wochen (1.000 mAh)
Lagesensornein
Integrierter eBook Storeja
Sonstiges

Tolino Page –
Vorteile und Nachteile

  • Geringes Gewicht
  • Hervorragender Kontrast
  • Intuitive Bedienung
  • Toller Webbrowser
  • Keine Beleuchtung
  • Keine Speicherkartenerweiterung
  • Niedrige Auflösung
Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren