Warum gibt’s keinen Kindle Konkurrenten?
Der Erfolg des Kindle Angebots ist auch in Deutschland unbestreitbar – zum Leidwesen der „heimischen“ Filialisten und kleineren Buchhändler. Besonders der Kindle Paperwhite konnte nicht nur die Fachpresse überzeugen, sondern erfreut sich auch bei den Nutzern größter Beliebtheit. Während Amazon allerdings gerade in den ersten beiden Jahren nach dem Kindle-Start in Deutschland mehr oder weniger ein freies Spielfeld hatte, hat sich die Situation besonders im Jahr 2013 maßgeblich verändert.
Die Tolino-Allianz wurde gegründet und heizt Amazon mit dem günstigen Tolino Shine ordentlich ein. Aber auch PocketBook konnte im vergangenen Jahr mit neuen Partnerschaften die Reichweite verbessern. Dabei setzen alle Anbieter zunehmend auf beleuchtete eBook Reader und haben entsprechende Kindle Paperwhite Konkurrenten im Angebot. Die Strategie ist natürlich durchaus sinnvoll, denn der Markt bewegt sich ganz ohne Zweifel weg von unbeleuchteten Lesegeräten. Sehr deutlich hat dies der Sony PRS-T3 gezeigt, der im vergangenen Weihnachtsgeschäft trotz guter Software, Hardware und Haptik kein echtes Moment generieren konnte und deutlich hinter seinem Vorgänger zurückblieb. Was dabei herausgekommen ist, wissen wir ja.
Erfolgsstory: Basis-Kindle
Allerdings ist das nur die halbe Geschichte, denn ein unbeleuchteter eBook Reader trotzt dieser Entwicklung und steht seit vielen Monaten auf weitem Feld völlig alleine da: Der Kindle 4. Das Basismodell von Amazon ist seit geraumer Zeit für nur 49 Euro erhältlich. Dabei macht der Kindle 4 auch gar keinen Hehl daraus, dass er eigentlich nur zum Lesen da ist und man bei der sonstigen Funktionalität keinen allzu großen Umfang erwarten darf. Besonders mit der touchscreenlosen Bedienung wirkt der Basis-Kindle mittlerweile fast schon ein wenig antiquiert.
Allerdings spielt das gegenüber dem niedrigen Preis ganz offensichtlich nur eine untergeordnete Rolle. Die Amazon Top 100 Elektronikcharts zeigen nämlich, dass sich der Kindle 4 seit fast zwei Jahren in der Liste der meistverkauften Produkte befindet. Genauer: Der eBook Reader liegt seit 644 Tagen zumindest auf Platz 3 der Charts.
Hier zeigt sich das mittlerweile bekannte Phänomen, dass sich digitale Lesegeräte in erster Linie über den Preis verkaufen. Die kürzlich stattgefundene Shell Aktion zum Kindle Paperwhite hat dies ebenfalls sehr eindrucksvoll bewiesen. Der Funktionsumfang spielt für viele Interessenten dabei offenbar nur eine kleine Rolle, denn in diesem Punkt muss man als Kindle-4-Nutzer einige Einschränkungen in Kauf nehmen.
Einmal Kindle, immer Kindle
Für die Mitbewerber sollte der lange anhaltende Erfolg des Basis-Kindle allerdings alarmierend sein, denn wenn sich ein Kunde einmal in die Abhängigkeit des Kindle Ökosystems begibt, so stehen die Chancen gut, dass er dort bleibt. Kindle eBooks lassen sich später nämlich nicht auf anderen eBook Readern lesen. So ist es dann auch nicht unwahrscheinlich, dass Digital-Skeptiker zunächst zum Austesten zum billigen Kindle greifen, um dann Monate später vielleicht auf ein beleuchtetes (Kindle-)Modell zu wechseln. Auch wenn es sicherlich ein paar Ausreißer gibt, die das Amazon-Ökosystem wieder verlassen, das Gros der Nutzer dürfte für die Konkurrenz kaum noch greifbar sein. D.h. auch wenn Amazon mit den Kindle-4-Käufern zunächst sicherlich keinen Gewinn erwirtschaftet, besonders auf lange Sicht betreibt der Versandhändler allerdings effiziente Kundenbindung.
Es ist daher durchaus verwunderlich, dass die Tolino Allianz bisher auf einen direkten Konkurrenten zum Kindle verzichtet. Klar, der Tolino Shine ist mit 99 Euro ein günstiger Leucht-Reader, aber eben noch immer doppelt so teuer wie das Einstiegsmodell von Amazon. Wenn man sich die Top 3 Position des Kindle in den Amazon Charts in Gedächtnis ruft und auch die große Anzahl an positiven Bewertungen ansieht, dann scheint man sich hier einen durchaus wichtigen Bereich des Marktes einfach durch die Lappen gehen zu lassen.
PocketBook hat mit dem Mini zwar ein technisch vergleichbares Gerät im Angebot, allerdings kann es der Hersteller aus bekannten Gründen kaum zum Selbstkostenpreis verkaufen, wodurch der Endpreis mit rund 60 bis 65 Euro höher liegt als beim Kindle. Ansonsten gibt’s in der Preisklasse (abgesehen von Abverkäufen) keine Konkurrenz für den erfolgreichen Amazon eBook Reader.