Nanu, nur ein neuer Kobo eBook Reader?
Die Katze ist nach mehreren Leaks nun schon länger aus dem Sack: Der Kobo Aura H2O wird für 179 Euro mit 6,8 Zoll E-Ink Carta Display und wasserdichtem Gehäuse auf den Markt kommen. So weit, so gut. Dass die Kanadier dem erfolgreichen Aura HD einen Nachfolger spendieren, erschien aber ohnehin nur logisch. Immerhin fand sich der eBook Reader mir der damals ungewöhnlichen Bildschirmdiagonale auf weitem Feld alleine und viele Digitalleser forderten sowieso seit langem ein Wachstum abseits der typischen 6 Zoll Lesegeräte.
Trotz des Erfolgs des Kobo Aura HD kann man aber eine Sache nicht leugnen: Es handelt sich um ein hochpreisiges Endgerät mit einer speziellen Zielgruppe. Im Grunde bediente Kobo damit eine Nische innerhalb einer anderen Nische. Der Anteil des HD-Geräts am gesamten Kobo eBook Reader Absatz lag kurz nach Verkaufsstart bei 27 Prozent. Auf jeden Fall kein schlechter Wert, aber gleichzeitig bedeutet das auch, dass die restlichen 73 Prozent im 6 Zoll Segment lagen.
Damit ist der Schritt nur den Aura H2O auf den Markt zu bringen durchaus mutig. Immerhin muss sich der 6,8 Zöller auch gegen die zahlreiche 6 Zoll Konkurrenz behaupten, die meist deutlich günstiger ist. Natürlich darf man die Kobo Geräte in dem Format nicht vergessen: Aura und Glo werden weiterhin verkauft und bieten ein bzw. zwei Jahre nach ihrer Markteinführung weiterhin solide Technik. Dank laufend aktualisierter Software sind sie außerdem auch beim Funktionsumfang auf dem neuesten Stand.
Preis- statt Leistungskampf
Allerdings muss man dazu sagen, dass die Beleuchtungen der beiden eReader zwar gut sind, aber mittlerweile nicht mehr zu den Besten gehören. Auch die zum Einsatz kommenden E-Ink Pearl Displays verlangen langsam aber sicher ein Upgrade.
Kobo scheint mit den 6 Zöllern aber einen anderen Weg gehen zu wollen, denn beide Modell sind aktuell (und bereits seit geraumer Zeit) für 99 Euro erhältlich. Damit steigt Kobo auch direkt in den Preiskampf ein, den die Tolino-Allianz mit dem Shine losgetreten hat. Im vergangenen Jahr wurde Kobo zumindest in Deutschland offenbar gleich zwei Mal am falschen Fuß erwischt: Zuerst als Amazon den Kindle Paperwhite mit moderner Technik ins Rennen geschickt hat, die laut Kobo CEO eigentlich noch gar nicht für die Massenfertigung vorgesehen war und andererseits als der Tolino Shine mit dem niedrigen Einstiegspreis und der aggressiven Marketingstrategie der Buchhändler schnell Marktanteile gewinnen konnte.
Dass es nicht unbedingt immer die modernste Technik braucht um erfolgreich zu sein, hat die Buchhandelsallianz im vergangenen Weihnachtsgeschäft damit jedefnalls bewiesen. Und wie man anhand verschiedener Aktionen (man rufe sich die Shell-Aktion zum Kindle Paperwhite ins Gedächtnis) nur allzu gut weiß, verkaufen sich eBook Reader bei vielen Interessenten offenbar in erster Linie über den Preis. Pearl oder Carta? Die meisten Käufer kennen den Unterschied vermutlich gar nicht und ein Seite-an-Seite-Vergleich ist ebenfalls kaum möglich. Und wenn man sich ansieht wie gering die Vorteile z.B. beim Pocketbook Ultra sind, dann stellt sich natürlich auch die Frage, ob die Mehrkosten im hart umkämpften 6 Zoll Segment überhaupt gerechtfertigt sind.
Nun darf man jedenfalls gespannt sein, ob die Taktik aufgehen wird und Kobo das konstante Wachstum der vergangenen Jahre weiterhin aufrecht erhalten kann. Für die gut informierten Digitalleser gibt’s ein High-End-Modell mit entsprechend hohem Einstiegspreis, um den Otto-Normal-Verbraucher, der in erster Linie über die Namen Kindle und Tolino in Kontakt mit dem eBook Markt gekommen ist, wird über niedrigere Preise mit Kobo Glo und Aura geworben.
Auch andere Hersteller gehen einen ähnlichen Weg
Zumindest ein weiterer großer eBook Reader Hersteller wird möglicherweise einen ganz ähnlichen Weg gehen: Amazon. Der Versandriese hat den Kindle Paperwhite vor wenigen Wochen heimlich mit einem Speicherupgrade versehen und das überarbeitete Modell auf der US-Seite kurzzeitig als Modell 2014 bezeichnet. Dieser Name ist inzwischen (nach der Berichterstattung) zwar wieder verschwunden, könnte aber darauf hindeuten, dass der Onlinehändler den ohnehin überaus erfolgreichen eBook Reader auch weiterhin (zum reduzierten Preis von 109 Euro) im Programm behalten will, während man mit dem Kindle Ice Wine ein Premium-Modell zum höheren Preis anbieten wird (vermutlich). Gleichzeitig gibt es allerdings auch Hinweise, dass Amazon auch im noch günstigeren Preissegment eine Änderung vornehmen wird.
Wie es bei der Tolino-Allianz aussieht, kann man nur mutmaßen. Der Tolino Vision kam in der ersten Jahreshälfte 2014 auf den Markt und wird zur Frankfurter Buchmesse wohl auch nicht überarbeitet werden. Anders könnte es mit dem Tolino Shine aussehen, der im Oktober seinen einjährigen Geburtstag (nach der halbjährlichen Überarbeitung) feiert. Üblicherweise werden am eBook Reader Markt Geräte nach rund 12 Monaten abgelöst. Ob das auch hier geschehen wird, muss sich aber noch zeigen. Zumindest die Tolino Tablets dürften aber ein Upgrade erhalten. Jedenfalls hat die Tolino Allianz nach der jüngsten Preissenkung (die übrigens zunächst nur als zeitlich befristete Aktion angekündigt wurde, aber – wie erwartet – weiterhin läuft) dementiert, dass man aus dem Tablet-Geschäft aussteigen würde. Die Frankfurter Buchmesse könnte, wie schon letztes Jahr, als Plattform für eventuelle Neuvorstellungen herhalten.
Jedes Jahr auf’s neue kann ich mich im Vorfeld zum Weihnachtsgeschäft eigentlich nur wiederholen: Es wird spannend. Der immer härter umkämpfte eBook Reader Markt hat mit Sony schon das erste Opfer gefordert. Eine konkurrenzfähige und zukunftssichere Strategie ist hier jedenfalls ein Muss, um weiterhin Kunden zu gewinnen. Ein einfaches Mitschwimmen ist jedenfalls nicht (mehr) drinnen.