Tolino Vision 5, Tolino Epos 2 und Tolino Page 2 vorgestellt
Mit dem Tolino Shine 3 hat die deutsche Buchhandelsallianz im vergangenen Jahr einen sehr guten Mittelklasse eReader vorgestellt. Ansonsten blieb das Portfolio zur Enttäuschung digitaler Leseratten unverändert. Heuer sieht die Sache ganz anders aus, denn gerade eben wurden gleich drei neue Modelle vorgestellt:
Tolino Epos 2: High-End, 8 Zoll
Kommen wir zum teuersten, aber auch interessantesten Gerät. Der Tolino Epos 2 bringt im Vergleich zu seinem Vorgänger zahlreiche Neuerungen mit.
Der neue Epos 2 bietet ein 8 Zoll großes Display das E-Ink Carta Mobius Technik nutzt. E-Ink Carta kennen wir bereits von quasi jedem anderen erhältlichen eReader. Mobius gabs im Mainstream aber bisher nur im Kobo Forma. Bei Mobius handelt es sich um eine robuste Bauvariante, die Plastik als Displaybasis nutzt. Andere E-Ink Bildschirme nutzen Glas als Trägermaterial, was sie anfällig für Bruchschäden macht.
Mobius spart nicht nur Gewicht, sondern macht den eReader somit auch weniger anfällig für Beschädigungen des Displays. Dieses kann nun nicht mehr brechen, was bei der großen Bildschirmdiagonale und der teilweise sehr dünnen Bauform auf jeden Fall von Vorteil ist.
Damit kommen wir auch schon zur nächsten Neuerung: Das Gehäuse ist nun asymmetrisch, d.h. auf einer Seite des Displays ist es breiter und besitzt Blättertasten. Außerdem nimmt die Gerätedicke in Richtung der anderen Seite ab. An der dicksten Stelle misst das Gerät 6,72 mm, an der dünnen Seite 3,9 mm (Abmessungen: 177,5 x 159 x 3,9 mm (6,72 mm Griffleiste))
Anders als der Kindle Oasis, dessen Vorderseite komplett plan ist, besitzt der Tolino Epos 2 ein Kinn. Soll heißen: Die Angriffsfläche mit den Blättertasten hat einen leichten Knick und neigt sich ein wenig in Richtung des Bildschirms.
Dank E-Ink Mobius ist der Tolino Epos 2 trotz der großen Displaydiagonale mit 195 Gramm verhältnismäßig leicht. Zum Vergleich: Der Tolino Epos 1 (mit 7,8 Zoll Bildschirm) hat noch 260 Gramm auf die Waage gebracht. Die ersten 8 Zöller hatten sogar noch mehr als 300 Gramm.
Selbstverständlich ebenfalls mit dabei ist eine eingebaute Beleuchtung mit optionaler Blaulichtreduktion. Die Displayauflösung beträgt 1920 x 1440 Pixel, womit sich eine Pixeldichte von 300 ppi ergibt.
Der Epos 2 ist außerdem per HZO-Nanoversiegelung wassergeschützt (IPX8) und kann somit bei bis zu 2 Meter Tiefe bis zu 60 Minuten unbeschadet überstehen (in Süßwasser). Die Bildschirmausrichtung passt sich automatisch der Gerätehaltung an, sodass der eReader auch für Linkshänder geeignet ist. Mit der Akkugröße von 1.200 mAh sollen mehrwöchige Laufzeiten möglich sein. Vielleser müssen aufgrund des größeren Displays und der größeren LED-Anzahl aber wohl häufiger eine Steckdose aufsuchen. Der interne Speicher ist 8 GB (6 GB nutzbar) groß.
Der Preis liegt bei 299 Euro.
Für die Mehrzahl der eBook-Leser vermutlich interessanter als der Epos 2, ist der Tolino Vision 5. Der eReader bietet mit seinem 7 Zoll großen Bildschirm einen guten Kompromiss aus größerer Anzeigefläche und Kompaktheit. Außerdem ist der Preis bei sehr ähnlichen Ausstattungsmerkmalen deutlich geringer.
Der Vision 5 bietet eine Auflösung von 1680 x 1264 Pixel, was eine Pixeldichte von 300 ppi ergibt. Als Anzeigetechnik kommt E-Ink Carta zum Einsatz, sodass man sich über gewohnt gute Kontrastwerte freuen darf. Die eingebaute Beleuchtung lässt sich auch wieder in einem blaulichtreduzierten Nachtmodus betreiben.
Auf Mobius-Technik muss man allerdings verzichten – diese bleibt dem teureren Epos 2 vorbehalten. Beim Gewicht liegt der neue Vision mit 195 Gramm gleichauf mit dem Epos 2, was mitunterdarauf zurückzuführen sein dürfte. Die Abmessungen betragen 158,6 x 144,2 x 5,2 mm (bis 7,7 mm bei der Griffleiste).
Ebenso wie der neue Epos, ist auch der Tolino Vision 5 mit einem asymmetrischen Gehäuse ausgestattet. Auf einer Displayseite ist das Gehäuse deutlich breiter. Dort kann man den eBook Reader gut anfassen und mit den Blättertasten umblättern.
Auch der Akku ist mit 1.200 mAh gleich groß. Der Wasserschutz nach IPX8-Zertifizierung bietet ebenfalls den gleichen Schutz wie das beim großen Bruder der Fall ist. Die automatische Displayrotation gibt’s beim Vision auch. Der interne Speicher beträgt 8 GB (6 GB nutzbar).
Im Vergleich zum Vision 4 HD ergeben sich somit zwei große Änderungen: Erstens ist das Display um einen Zoll gewachsen und zweitens ist die Bauform nun ganz anders.
Der Preis liegt bei 179 Euro.
Tolino Page 2: Einstieg, 6 Zoll
Das Basismodell Tolino Page bekommt ebenfalls ein sinnvolles Upgrade. Während sich die Bildschirmdiagonale nicht ändert, erhöht sich aber die Pixelanzahl: Das Display löst jetzt mit 1024×768 Pixel auf (212 ppi; E-Ink Carta).
Das Einstiegsmodell bekommt außerdem eine Beleuchtung spendiert, die sich im Gegensatz zum restlichen Tolino-Portfolio aber nicht in der Farbtemperatur anpassen lässt. Das ist allerdings nicht weiter verwunderlich, denn einerseits würde das den Preis in die Höhe treiben, andererseits wäre der Abstand zum Shine 3 zu gering.
Das Gewicht ist mit 166 Gramm sehr niedrig. Die Abmessungen betragen 159,8 x 112,5 x 9,1 mm. Die Akkukapazität ist mit 1.000 mAh verhältnismäßig knapp bemessen, was wohl ebenfalls dem Preis verschuldet ist.
Der interne, nicht erweiterbare Speicher, ist mit 8 GB (6 GB nutzbar) aber ausreichend groß, sodass die allermeisten Nutzer keine Probleme mit einer möglichen Knappheit haben dürften.
Mit dem Start des Tolino Page 2 kommt die Ära der unbeleuchteten eBook Reader langsam aber sicher ihrem Ende zu. Los geht’s beim neuen Page mit 89 Euro.
Ergonomie für den Alltag
Nachdem sich bei den E-Ink Displays in den vergangenen 5 Jahren nur ausgesprochen wenig getan hat, ist es erfreulich zu sehen, dass diese Stagnation ein paar andere Innovationen gegünstigt.
In erster Linie scheinen neben Amazon jetzt auch vermehrt andere Hersteller verstäkt eine bessere Ergonomie in den Vordergrund stellen zu wollen. Das äußert sich einerseits in der Wiedereinführung von Blättertesten, die im Zuge des Smartphone- und Tablet-Booms ja von beinahe allen Herstellern wegrationalisiert wurden.
Andererseits stehen niedrigeres Gewicht, größere Bildschirme und bessere Gehäuseformen nun stärker im Vordergrund. Allesamt Dinge die man als digitale Leseratte nur begrüßen kann.
Gleichzeitig wird es aber natürlich ausgesprochen interessant sein zu sehen, wie gut die am Papier vielversprechende Technik im Praxisbetrieb tatsächlich ist. Durch die geänderte Bauform werden die Bildschirme bei Vision und Epos nun von der Seite beleuchtet. Durch die Leserichtung und die größere Displaylänge sind Unregelmäßigkeiten hierbei in der Regel auffälliger als bei der herkömmlichen Ausleuchtung von unten. Außerdem steigt zusammen mit dem Preis auch meist der Anspruch der Käufer.
Ob die Geräte halten können, was das Datenblatt verspricht, werden wir uns in den Gerätetests ansehen.
Neues Portfolio für eine klare Produktdifferenzierung
Als der Tolino Shine 3 mit Nachtlicht vorgestellt wurde, war die Freude natürlich groß, dass es die blaulichtreduzierte Anzeigetechnik auch ins günstigere Preissegment schafft. Damit fischte man allerdings auch im Gewässer des Tolino Vision 4 HD, denn die technischen Unterschiede zwischen den beiden Geräten waren trotz der durchaus großen Preisdifferenz (UVP) nur gering. Auch wenn der Vision 4 HD meiner Meinung nach trotzdem der beste Allrounder war, der Shine 3 war vom Preis-Leistungs-Verhältnis jedenfalls die bessere Wahl.
Mit dem Start des Tolino Vision 5 löst man das Problem nun: Der neue eBook Reader unterscheidet sich in vielen wichtigen Punkten und tritt in direkte Konkurrenz zum Kindle Oasis 3. Die neue, asymmetrische Bauform hat sich bei Amazon bereits über drei Jahre bewährt und soll jetzt auch bei den Tolino-Modellen für noch angenehmere Lesestunden sorgen.
In jedem Fall löst die Neuausrichtung der Vision-Reihe, die bisher immer der gleichen Designsprache gefolgt war, die zu schlechte Produktdifferenzierung innerhalb des Tolino-Portfolios.
Damit ergibt sich folgende Kategorisierung:
- Einstieg: Tolino Page 2; 6 Zoll, E-Ink Carta, Beleuchtung
- Mittelklasse: Tolino Shine 3; 6 Zoll, E-Ink Carta, Beleuchtung mit Nachtlicht
- Premium: Tolino Vision 5; 7 Zoll, E-Ink Carta, Beleuchtung mit Nachtlicht, Wasserschutz, asymmetrische Bauform
- High-End: Tolino Epos 2; 8 Zoll, E-Ink Carta Mobius, Beleuchtung mit Nachtlicht, Wasserschutz, asymmetrische Bauform
Die Rolle von Rakuten Kobo als Technologiepartner
Der Marktstart der neuen Modelle kommt dabei nicht völlig überraschend. Im Jahr 2017 hat Rakuten Kobo die Technologiepartnerschaft bei den deutschen Buchhandelspartnern übernommen und die Telekom abgelöst.
Der kanadische eReading-Spezialist Kobo hat sich in Folge vom deutschen Markt zurückgezogen, blieb international ansonsten aber natürlich weiterhin aktiv. Zu den Kobo-Neuvorstellungen zählten seitdem der Kobo Forma und Kobo Libra. Nachdem bereits der Kobo Clara HD mit neuem Branding als Tolino Shine 3 erschienen ist, folgen nun auch die anderen Kobo-Modelle.
Trotz am Papier kleiner Unterschiede lässt sich das Ganze wie folgt zusammenfassen: Der Kobo Forma dient als Basis für den Tolino Epos 2 und der Kobo Libra ist die Grundlage für den Tolino Vision 5. Der Tolino Page 2 folgt vermutlich dem Kobo Aura Edition 2, wenngleich die Unterschiede hier größer zu sein scheinen als bei den anderen Modellen.
Auch wenn mit der Kobo-Partnerschaft die optische Eigenständigkeit der Tolino-eReader bedauerlicherweise verloren geht, so bleibt sie in der Software weiterhin erhalten. Es handelt sich damit also nicht um eine einfache Kopie der Kobo-Modelle, sondern um eine Neuauflage mit bekannt intuitiver Bedienung.
Amazon als Hauptkonkurrent
Interessant bleibt der harte Konkurrenzkampf des deutschen Buchhandels mit Amazon auch mit den Tolino-Neuvorstellungen. Tolino Page 2 und Tolino Vision 5/Epos 2 stehen hinsichtlich Ausstattung, Optik und Technik in Konkurrenz zueinander.
Im mittleren Preissegment sind die Unterschiede zwischen Tolino Shine 3 und Kindle Paperwhite 4 allerdings deutlich größer. Damit stellt sich in diesem Vergleich auch eher die Frage, ob man lieber eine blaulichtreduzierte Beleuchtung haben möchte (Shine 3), oder doch lieber Hörbücher nutzt und einen Wasserschutz haben möchte (Paperwhite).
Das ist zwar nicht ganz neu, aber der Vision 4 HD war dank diverser Preisaktionen ebenfalls schon deutlich günstiger und durchaus als Paperwhite-Alternative positioniert. Mit dem höheren Preis des Vision 5 ändert sich das nun vorerst.
Hier ergibt sich aber wiederum eine andere interessante Konkurrenzsituation mit dem Kindle Oasis 3, denn der Vision 5 kostet satte 50 Euro weniger.