Kindle Scout gestartet, Verlagsprogramm ausgeweitet

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Mit Kindle hat Amazon bereits vor einigen Jahren eine Reise angetreten, die wohl für viele Mitbewerber mindestens so erstaunlich wie ärgerlich ist. Amazon konnte mit dem eigenen eBook Angebot enorme Wachstumsraten verzeichnen und macht insbesondere mit dem Selbstpublikationsprogramm den alteingesessenen US-Verlagen Feuer unterm Hintern. Schon vor drei Jahren machte sich der Druck auf die Verlage an einigen Stellen bemerkbar, etwa als das Erstlingswerk einer Autorin in Geiselhaft genommen wurde, da sie bei Kindle Direct Publishing zwei Kurzgeschichtensammlungen veröffentlicht hatte.

Abgesehen vom offensichtlich rasanten Wachstum der Kindle Selbstpublikationsplattform, strebt Amazon seit geraumer Zeit auch die Stärkung der hauseigenen Verlagssparte an. Mit dem neuen Kindle Scout Programm meldet sich Amazon nach einer Phase der Ruhe wieder zurück.

Leser entscheiden über Verträge

Der Versandriese bietet mit dem kürzlich gestarteten Scout-Angebot (vorerst nur in den USA) eine Mischung aus Self-Publishing und Verlagsservices. So funktioniert’s: Autoren können ihre Werke (mindestens 50.000 Worte aus den Genres Romance, Mystery & Thriller und Science Fiction & Fantasy) einsenden, woraufhin Amazon die Exklusivrechte für 45 Tage besitzt um Auszüge aus dem Buch zu veröffentlichen. Diese Veröffentlichungen (Beispiel) werden den Lesern von Kindle Scout zugänglich gemacht, die bis zu drei Werke gleichzeitig nominieren können. Ist die Nominierungsphase (30 Tage) abgeschlossen, bekommen die beliebtesten Bücher (bzw. Autoren) einen fünfjährigen Kindle Press Vertrag.

Dieser beinhaltet einen Vorschuss von 1.500 US-Dollar und für jedes verkaufte eBook Tantiemen in Höhe von 50 Prozent. Für die üblichen Selbstpublikationen zahlt Amazon weiterhin 70 Prozent (fragt sich nur, für wie lange noch). Das ist aber nicht der einzige Haken an der Sache. Wie Autor Jim C. Hines in seinem Blog feststellt, gibt’s in den Vertragsbedingungen eine durchaus problematische Passage, in der es heißt:

„No Obligation to Make or Sell; Termination by Us. You acknowledge that we have no obligation to publish, market, distribute or offer for sale your Work, or continue publishing, marketing, distributing or selling your Work after we have started doing so. We may stop publishing your Work and cease further exploitation of the rights granted in this Agreement at any time in our sole discretion without notice to you. “

In anderen Worten: Amazon ist nicht dazu verpflichtet ein Werk auch tatsächlich zu verkaufen und kann den bestehenden Vertrieb auch einfach einstellen. Immerhin gibt man in einem solchen Fall dann auch die Rechte ab, die der Autor für den Exklusivvertrieb an Amazon abgetreten hat. Eine besonders beruhigende Vorstellung ist das aber nicht unbedingt und es wird sich zeigen müssen, wie genau Amazon hier verfahren wird.

Die Leser die eines der ausgesuchten Werke nominiert haben, bekommen das eBook als Dankeschön für die Teilnahme dann kostenlos.

Ausgewählte Autoren dürften von einem Kindle Press Vertrag unterm Strich aber durchaus profitieren, denn es darf angenommen werden, dass Amazon die ausgesuchten Werke entsprechend bewirbt und Werbung gehört bekanntlich zum Fundament eines erfolgreichen Self-Publishers. Eine Ausweitung von Kindle Scout in andere Länder wird wohl zumindest so lange auf sich warten lassen, bis Amazon den Erfolg abschätzen kann.

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Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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