Gibt es bald Second Hand eBooks zu kaufen?

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Gebrauchte Bücher zu kaufen ist zwar nicht jedermanns Sache, aber glücklicherweise problemlos möglich. Für den digitalen Buchmarkt (in Europa) gibt es bisher weder großangelegte Verleihoptionen, noch die Möglichkeit eBooks weiter zu verkaufen. Dies liegt an der Erwerbsstruktur des eBook-Marktes. Die meisten digitalen Bücher gehen nämlich nicht in den Besitz des Käufers über, stattdessen wird nur ein Nutzungsrecht am jeweiligen eBook erworben.

Als Käufer besitzt man also nicht die Rechte an der Datei und kann sie auch nicht ohne explizites Einverständnis des Eigentümers (legal) verleihen oder verkaufen.

Mit dieser Praxis will das US-Unternehmen ReDigi Schluss machen, denn auf deren Homepage können registrierte Nutzer Musikdateien hochladen, anhören, verkaufen und kaufen. ReDigi bietet also die Möglichkeiten eigene Dateien zu verkaufen und die „gebrauchten“ Dateien von anderen Nutzern zu erwerben. Der Ablauf sieht dabei wie folgt aus:

  • Wärend des Hochladens prüft ReDigi, ob es eine gekaufte/legale Musikdatei ist
  • Nachdem alle Titel die ReDigi akzeptiert, in der Cloud gespeichert wurden, entscheidet der Nutzer welche Titel zum Verkauf angeboten werden
  • Kauft jemand einen Titel aus der eigenen Sammlung, wird dieser entfernt
  • Ein „gebrauchter“ Musiktitel kostet im Schnitt 60 Cent
  • Redigi behält für jeden Verkauf eine Provision ein
  • Die Urheber werden mit 20% an den Einnahmen beteiligt – vorausgesetzt, sie haben sich bei Redigi registriert

Aber nicht nur MP3-Dateien sollen so neue Besitzer finden, auch eBooks sollen in Kürze beim Second Hand Anbieter verkauft werden. Die rechtliche Lage dazu ist bisher nicht geklärt, aber hier zielt man wohl darauf ab, die Rechteinhaber mit einer funktionierenden Verkaufsplattform vor vollendete Tatsachen zu stellen und die Sache dann vor Gericht auszutragen.

So geschehen auch beim Münchner Unternehmen UsedSoft. Diese verkaufen Softwarelizenzen aus zweiter Hand und wurden von Oracle und Adobe dafür verklagt. Wie der Europäische Gerichtshof entschieden hat, ist der Weiterverkauf von Lizenzen zulässig, da mit dem erstmaligen Verkauf der Kopie der ursprüngliche Rechteinhaber keine weiteren Verbreitungsrechte besitzt. Die Ausgangslage ist dabei den gängigen eBook-Regeln gar nicht so unähnlich.

Oracle entwickelt und vertreibt Software, welche per Kauf und Download erworben und bezogen wird. Der Lizenzvertrag zur Software sieht vor, dass der Kunde ein Nutzungsrecht am Programm hat, welches allerdings nur geschäftsintern zu gebrauchen und nicht abtretbar ist.

Wie sich das letztendlich beim eBook verhält, bleibt offen. Wie es bei Buchreport heißt, geht der Börsenverein davon aus, dass die Sachlage auch hier vom Europäischen Gerichtshof geklärt werden wird – innerhalb der nächsten zwei Jahre. Sollte man in Luxemburg ebenfalls zugunsten des Weiterverkaufs urteilen, dann könnte das wieder völlig neue Möglichkeiten für den Buch- und eBook-Markt eröffnen, was die trägen Rechteinhaber wohl nicht besonders freuen dürfte.

Grundsätzlich besteht hier natürlich die Gefahr, dass Kunden diese Möglichkeit zum Weiterverkauf ausnutzen und die ursprünglich erworbene Kopie einfach behalten und weiterhin nutzen.

ReDigi will übrigens auch nach Europa expandieren. Ein Betaprogramm hierfür läuft offenbar bereits. Spätestens wenn Redigi hierzulande tätig ist und eBooks in das Portfolio aufgenommen würde, darf man wohl mit der gerichtlichen Entscheidung rechnen. Wir halten euch jedenfalls auf dem Laufenden. Nachfolgend noch ein Video zur Funktionsweise von ReDigi:


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Ein Dank an firstmattheo der an diesem Artikel mitgewirkt hat!

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Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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