Amazon übernimmt Goodreads – Freude und Entsetzen
Gestern hat eine Meldung die eBook-Szene ganz klar dominiert: Amazon übernimmt das bisher unabhängige soziale eBook-Netzwerk Goodreads. Die Pressemitteilung von Amazon dazu ist relativ knapp und enthält keine detaillierten Informationen über die Zukunft der Plattform. Genau aus diesem Grund befürchten auch viele Nutzer von Goodreads, dass die Szene bald einige tiefgreifende Veränderungen erfahren wird.
Allen voran steht die Befürchtung im Raum, dass die Plattform kommerzialisiert wird, sodass Amazon und Goodreads eng miteinander verknüpft werden. Das könnte bedeuten, dass vermehrt Amazon-Links auf der Homepage auftauchen, aber auch, dass tiefere Einschnitte in der Funktionsweise vorgenommen werden. Zu diesem Zeitpunkt kann darüber nur spekuliert werden. Gleichzeitig freuen sich aber auch viele der Goodreads-Nutzer einerseits über den Erfolg der beiden Gründer, andererseits um die mögliche tiefere Einbindung von Amazon.
Wie unabhängig bleibt Goodreads?
Fest steht jedenfalls, dass mit Goodreads der vermutlich größte unabhängige Sammelpunkt für Lesefreunde in Zukunft unter dem Amazon-Label operieren wird. Die beiden beteiligten Unternehmen äußern sich dazu natürlich positiv. „Amazon und Goodreads teilen eine Leidenschaft für das Neuentdecken des Lesen“, heißt es von Amazon.
Weiter: „Goodreads hat dabei geholfen uns zu zeigen wie man über Bücher diskutiert und wie man sie entdeckt, genauso wie Amazon mit Kindle dabei geholfen hat Lesen um die Welt zu expandieren. Zusätzlich haben sowohl Amazon als auch Goodreads tausenden Autoren dabei geholfen eine größere Reichweite und bessere Verdienste zu erlangen. Zusammen wollen wir viele neue Wege beschreiten, um Leser und Autoren gleichermaßen zu erfreuen.“
Goodreads hat aktuell über 16 Millionen Mitglieder, mit mehr als 30.000 Buchclubs. In den letzten 90 Tagen haben die Nutzer mehr als 4 Bücher pro Sekunde auf die „Will ich lesen“-Listen gesetzt. Es verwundert daher auch nicht, dass Amazon den Schritt der Übernahme gegangen ist. Während das hauseigene Bewertungssystem von Amazon und die Kindle Direct Publishing Plattform schon genügend Hinweise liefern, welche Titel bald eine große Beliebtheit erlangen könnten, ist die Sache bei Goodreads vermutlich noch spezifischer und besser ablesbar. Damit wird es Amazon vermutlich noch leichter fallen zukünftige Bestsellerautoren unter Vertrag zu nehmen, was sich jedenfalls positiv auf die Verlagstätigkeit des Unternehmens auswirken wird.
Stärkere Konkurrenz für Verlage … und Kobo
Für die Konkurrenz aus dem Verlagsbereich verheißt das jedenfalls nicht Gutes. Amazon ist nämlich schon längst nicht mehr nur eine Gefahr für stationäre Buchhändler, sondern auch für alteingesessene Verlage. Nicht unbedingt direkt durch das eigene Verlagsgeschäft, als vielmehr durch die KDP-Plattform, auf der man eBooks selbst veröffentlichen kann. Amazon hilft unbekannten Autoren dabei den direkten Weg zum Leser zu gehen und schaltet den Zwischenhändler (abgesehen von sich selbst!) de facto aus. Dass dies keine Kleinigkeit ist, zeigt der Fall einer Autorin vor 1 1/2 Jahren, welche laut eigener Aussage aufgrund der Selbstpublikation bei Amazon massive Probleme mit ihrem Verleger hatte.
Jetzt heißt es jedenfalls abzuwarten, wie sich Goodreads verändern wird. Es könnte durchaus sein, dass die Änderungen für die Nutzer kaum sichtbar sein werden und Goodreads auch weiterhin relativ unabhängig operieren kann – wie z.B. die Internet Movie Database (IMDb) auch – allerdings dürfte das eher unwahrscheinlich sein. Gerade im eBook-Bereich hat sich Amazon noch nie davor gescheut deutliche Schritte zu setzen. In einem Interview wird allerdings bekräftigt, dass Goodsreads unabhängig bleibt.
Aber nicht nur die Verlage bekommen stärkere Konkurrenz, auch Kobo. Das kanadische-japanische Unternehmen hat in den letzten Monaten die eigene Expansion massiv vorangetrieben und ist inzwischen in vielen Ländern weltweit mit einem eigenen eBook-Angebot und/oder mit seinen eBook Readern vertreten. Eines der wichtigsten Merkmale der Kobo Plattform sind die sozialen Dienste die damit verknüpft sind, welche der Goodreads-Plattform durchaus ähnlich sind. Über Reading Life und Pulse können sich Kobo Nutzer direkt austauschen. Mit der Goodreads-Übernahme kann man solche Funktionen in Zukunft vermutlich auch für die Kindle-Plattform erwarten.