Amazon.de wächst ungebremst weiter

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Vor wenigen Tagen haben wir berichtet, dass Amazon aufgrund hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Umsatzzahlen einen kleinen Kurssturz hinnehmen musste. Inzwischen ist der Wertverlust der Aktie deutlich gewachsen. Von ursprünglich 402 US-Dollar, direkt vor der Bekanntgabe der Umsatzzahlen für 2013, sank die Aktie auf inzwischen 346 US-Dollar.

Mitverantwortlich ist das relativ schwache Auslandsgeschäft des Versandriesen, das mit einem Wachstum von „nur“ 14 Prozent deutlich geringer ausgefallen ist als die Jahre zuvor. Dafür haben wir mitunter die für Amazon problematische Berichterstattung in Europa verantwortlich gemacht, die das einstige Saubermann-Image des Unternehmens deutlich angeknackst hat.

Wechselhafte Reaktionen in Europa

Wie sich nun anhand von Dokumenten, die der US-Börsenaufsicht übermittelt wurden, herausstellt, ist das aber nur die halbe Wahrheit. Es stimmt zwar, dass das Wachstum in Großbritannien deutlich geringer ausgefallen ist als in den Vorjahren, allerdings konnte der Versandhändler in Deutschland weiterhin ungebremst wachsen.

Im Vereinigten Königreich konnte Amazon im Jahr 2013 7,29 Mrd. US-Dollar erwirtschaften, was einem Plus von rund 12,5 Prozent entspricht. Die Umsatzzahlen der vorangegangenen Jahre in Großbritannien: Im Jahr 2012 konnten 6,48 Mrd. US-Dollar (+21 Prozent) umgesetzt werden, 2011 waren es 5,35 Mrd. US-Dollar (+36 Prozent) und 2010 standen 3,93 Mrd. US-Dollar am Zähler.

Der Wachstumsrückgang kommt eigentlich nicht überraschend, denn in Großbritannien gab es 2013 ebenso wie in Deutschland eine heftige Debatte um den Versandriesen, wobei dort in erster Linie die Steuerpraktiken des Konzerns in der Kritik standen. Es gab verschiedene Boykott-Aufrufe gegen den Versandriesen die offenbar gefruchtet haben.

Kein großer Schaden durch Leiharbeiterskandal

Man könnte daher meinen, dass die Entwicklung in Deutschland ganz ähnlich aussehen muss, denn auch hierzulande war der Aufschrei nach der ARD-Doku um die Leiharbeiter sehr groß und verschiedene Umfragen haben dem Versandhändler schlechte(re) Noten in den Augen der Bevölkerung ausgestellt.

Tatsächlich sieht es aber ganz anders aus: Amazon.de konnte im vergangenen Jahr auf einen Umsatz von 10,54 Mrd. US-Dollar um 21 Prozent wachsen. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 hat der deutsche Ableger rund 8,73 Mrd. US-Dollar (+21 Prozent) umgesetzt. Im Jahr 2011 waren es 7,23 Mrd. US-Dollar (+36 Prozent) und 2010 ca. 5,29 Mrd. US-Dollar.

Damit fällt das Wachstum im Jahr 2013 gleich stark aus wie 2012. Nur in Nordamerika ist Amazon mit einem Umsatz von 44 Mrd. US-Dollar bzw. einem Wachstum von 30 Prozent erfolgreicher. Deutschland ist somit nach den USA der wichtigste Markt für den Versandhändler, gefolgt von Japan und Großbritannien. Allerdings lief das Geschäft in Japan sehr schlecht, sodass dort ein Umsatzrückgang von 2 Prozent angefallen ist.

Weitere Wachstumsoptionen im Jahr 2014

Dass Amazon in Deutschland ungebremst weiterwachsen konnte, ist schon erstaunlich. Das Medienecho nach der ARD-Doku um die Leiharbeiter war so groß, dass sich sogar die Politik eingeschaltet hat. Im Jahresverlauf wurde die Berichterstattung auch kaum geringer. Der Beliebtheit Amazons hat das alles aber offenbar keinen Abbruch getan, obwohl verschiedene Umfragen ein bis zu 20 Prozent geringeres Kaufinteresse zum Ergebnis hatten.

Für die deutsche Amazon-Konkurrenz wird die Lage damit jedenfalls noch problematischer, wobei unklar ist, in welchen Bereichen Amazon.de wachsen konnte. Eine genaue Aufschlüsselung bleibt der Börsenbericht schuldig. Man darf aber davon ausgehen, dass das Kindle eBook (Reader) Geschäft für den Versandriesen bestens läuft, denn die beiden Modelle sind seit Wochen in den Top 3 der meistverkauften Elektronikcharts bei Amazon.de.

Klar ist nun jedenfalls, dass sich der Mitberwerb nicht auf mögliche sinkende Beliebtheitswerte Amazons verlassen kann, sondern am eigenen Angebot arbeiten muss, um dem US-Unternehmen die Stirn bieten zu können. Mit der Weltbild-Insolvenz klafft möglicherweise sogar ein großes Loch im deutschen Internetversandhandel, das Amazon weitere Wachstumsmöglichkeiten bieten könnte. Weltbild ist nach Amazon und eBay laut GfK der drittgrößte Online-Shop in Deutschland.

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Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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