Was hat Amazon mit ComiXology vor?

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Amazon ist wieder auf Einkaufstour und diesmal führt der Weg ins Land der Comics. Der Versandriese übernimmt ComiXology. Es handelt sich um die wohl bekannteste digitale Comic-Plattform in der Branche mit einem Angebot von rund 50.000 Comics und Graphic Novels. Diese können mit den passenden Apps auf Android (inkl. Kindle Fire), iOS, Windows 8 und im Internet gelesen werden. Die 200 Millionen Downloadmarke hat die Plattform bereits im September 2013 passiert.

Es stellt sich natürlich die Frage, was Amazon mit dem Zukauf vorhat. Immerhin ist man seit geraumer Zeit schon selbst im Comic-Bereich tätig und hat im Zuge einer früheren Exklusivvereinbarung mit DC Comics sogar Barnes & Noble soweit gebracht, dass der größte stationale US-Buchhändler die entsprechenden Comics des Labels aus dem Sortiment genommen hat. Seitdem war es allerdings relativ ruhig, was auch daran gelegen haben mag, dass Barnes & Noble in anderen Bereichen so viele Marktanteile verloren hat, dass die Comic-Sparte vermutlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist.

Kindle Ökosystem wächst weiter

Jedenfalls ist der Zeitpunkt der Übernahme durchaus interessant und sorgt im Internet wieder für reichlich Spekulationen. Es bleibt aktuell noch offen, in wie weit (bzw. wie lange) ComiXology als eigenständige Marke bestehen bleiben wird. Zunächst wird sich vermutlich nicht allzu viel verändern, auf lange Sicht ist aber davon auszugehen, dass das Angebot der Comic-Plattform immer Stärker ins Amazon Ökosystem integriert wird – wie bei Lovefilm und Goodreads auch. Eine Einbindung des Comic-Dienstes in das kürzlich teurer gewordene Prime-Angebot, ist nicht unwahrscheinlich.

Die Übernahme zum jetzigen Zeitpunkt könnte außerdem bedeuten, dass Amazon für das zweite Halbjahr den erhofften Farb-ePaper-Reader auf den Markt bringen wird. Da der Zugewinn eines farbigen Bildschirms zum Lesen von textlastigen Büchern eher als gering zu bezeichnen ist, ließe sich mit einem starken Comic-Anbieter die Attraktivität eines solchen Geräts zweifellos steigern. Die Technik für einen Farb-Reader würde Liquavista liefern, die vor fast einem Jahr von Amazon gekauft wurden.

Da die Übernahme von Comixology erst in der zweiten Jahreshälfte abgeschlossen werden soll, ist zumindest nicht davon auszugehen, dass es sich bei dem Farb-Reader um das durch’s Internet geisternde Projekt Ice Wine handelt. Das Gerät sollte laut Techcrunch noch in der ersten Jahreshälfte präsentiert werden, was für den zeitlichen Ablauf eher knapp wäre.

Aber selbst wenn die ComiXology-Übernahme nichts mit einem geplanten Endgerät zu tun hat, so ist jedenfalls klar, dass Amazons digitales Medien-Imperium weiter wächst. Neben Filmen, Serien, eBooks, Spielen und Musik bietet man nun auch Comics im größeren Stil an.

Amazons eigene Comicpläne

Originalmeldung: Mit dem Release der neuen Kindle Modelle und insbesonders des Kindle Fires gab Amazon im September bekannt, eine exklusive Vertriebspartnerschaft mit DC Comics eingegangen zu sein. Hierbei sind rund 100 DC Comics exklusiv für Amazon Kunden erschienen, wobei darunter auch die prominentesten Titel aus dem DC-Sortiment zu finden waren.

Die Antwort von Barnes & Noble lies nicht lange auf sich warten und so wurden sämtliche gedruckte Ausgaben der betroffenen Comics aus den Regalen der größten stationären US-Buchhandelskette geräumt. Es folgten weitere verbale Schlagabtäusche – die Stimmung zwischen Barnes & Noble und Amazon war ziemlich gespannt.

Amazon möchte nun scheinbar den Stellenwert der Zusammenarbeit mit DC Comics unterstreichen und dem derzeit wohl durchaus lukrativen Comic-Geschäft eine eigene Plattform zur Verfügung stellen: Unter http://www.amazon.com/dc ist ab sofort ein eigener DC-Comics Bereich zu finden, in welchem man durch digitale und gedruckte Ausgaben stöbern kann. Nach anfänglicher Zurückhaltung, wohl auch um andere Kunden nicht zu verärgern (hier hat man sich noch entschuldigt), betont DC Comics nun in ihrer Aussendung auch nochmals, dass dies nur der Anfang der Zusammenarbeit mit Amazon sei und sie sich nach dieser ersten Umsetzung auch zukünftig auf eine Zusammenarbeit freuen würden.

Dass die Kluft zwischen Amazon und den anderen Buchhändlern nicht gerade kleiner werden dürfte ist klar. Eine Antwort seitens der Konkurrenz wird möglicherweise auch nicht lange auf sich warten lassen. Wie die Buchhändler, allen voran Barnes & Noble, nun mit dieser sich klar abzeichnenden Situation langfristig umgehen werden, bleibt abzuwarten. Ein komplettes Entfernen des DC Comic-Sortiments aus dem Bestand scheint jedoch sehr unwahrscheinlich.

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Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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