Amazon beendet Kindle-Experiment in China, schließt eBook-Store
Während Amazons Kindle Plattform im Rest der Welt hohe Marktanteile hält und sich weiterhin großen Erfolgs erfreut, sieht die Sache in China ein wenig anders aus. Dort hatte Amazon seit jeher Probleme, sich am eBook-Markt zu etablieren.
Nun zieht der Versandriese den Stecker und schließt den chinesischen Kindle Store, wie Amazon.cn auf deren Webseite bekannt gibt.
Schließung 2023, Zugriff bis 2024
Auch wenn das Ende überraschend kommt, erfolgt die Schließung nicht plötzlich. Der chinesische Kindle Store wird noch bis 30. Juni 2023 nutzbar sein. Das bedeutet, dass man bis zu diesem Datum weiterhin eBooks kaufen und alle Services wie gewohnt nutzen kann.
Nachdem der Verkauf an diesem Stichtag eingestellt wurde, lassen sich eBooks für ein weiteres Jahr herunterladen. Bis 30. Juni 2024 haben Nutzer damit Zeit, ihre eBook-Käufe zu sichern, um sie nach der endgültigen Schließung weiterhin verwenden zu können.
Mit 2024 wird ebenso die Send-To-Kindle-Funktionalität abgedreht.
Erweiterte eReader-Rückgabefrist
Für chinesische Kunden, die sich erst kürzlich einen Kindle eBook Reader gekauft haben, ist die Meldung natürlich ärgerlich. Amazon versucht diesen Ärger mit einer rückwirkend verlängerten Rückgabefrist abzufangen.
Wurde der eReader nach 1. Januar 2022 gekauft, ist eine Rückgabe bis 31. Oktober 2022 möglich – wie auf einer eigens eingerichteten Hilfeseite zu lesen ist. Dabei soll der volle Kaufpreis erstattet werden.
Weniger erfreulich ist allerdings, dass diese verlängerte Rückgabefrist nicht für Zubehör, wie z.B. Hüllen oder Ladekabel etc. gilt.
Was sind die Gründe?
Unklar bleibt der genaue Hintergrund dieses Schritts.
Reuters zitiert ein internes Dokument Amazons, wonach China Ende 2017 der größte Absatzmarkt für Kindle-eBook-Reader geworden ist. Mehr als 40 Prozent aller verkauften Kindle wurden zu dem Zeitpunkt demnach angeblich in China verkauft. Zur Erinnerung: Die erstmalige Präsentation des Kindle Paperwhite 4 wurde über chinesische Quellen bekannt, was durchaus als Indiz für die damals hohe Relevanz des chinesischen Marktes gedeutet werden darf.
Der hohe Absatzanteil ist allerdings dennoch mit Vorsicht zu genießen, denn 2017 war der westliche eReading-Markt bereits an einem Sättigungspunkt angelangt und die Hardware-Verkäufe gingen insgesamt zurück. Als wesentliche Wachstumsjahre im Westen gilt der Zeitraum von 2011 bis 2015.
Mit Zensurmaßnahmen soll der Schritt indes nichts zu tun haben, wie Amazon gegenüber Reuters erklärt. Da Amazon nur als Vertriebshändler für ohnehin freigegebene eBooks fungiert, dürfte es diesbezüglich tatsächlich keine nennenswerten Einschränkungen für Amazon gegeben haben.
Auf Mobileread spekulieren User, dass der Schritt unter anderem mit der starken Konkurrenz durch heimische eCommerce-Unternehmen, aber auch wegen der weit verbreiteten Piraterie getroffen wurde. Das würde insofern Sinn machen, als schon seit jeher spekuliert wurde, dass Amazon mit den Hardware-Verkäufen Verluste macht und diese mit eBook-Verkäufen wieder reinholt. Wenn die eBook-Verkäufe ausbleiben, dann sind die oben genannten hohe Absatzzahlen günstiger eBook Reader nicht wirtschaftlich.
Stetige Marktkonsolidierung, weltweit
Für heimische eReading-Fans ist ein solcher Schritt aber keineswegs neu. Zwei besonders prominente Beispiele eines Marktrückzugs vom deutschen eBook-Markt sind Sony und Kobo.
Während sich Sony vollständig aus dem eReading-Markt zurückzog, 2014 die eBook-Stores weltweit schloss und an Kobo übergab, erfolgte der Rückzug Kobos nur hierzulande, nachdem das japanisch-kanadische Unternehmen als Technologiepartner bei Tolino eingestiegen ist.
In beiden Fällen änderten sich die Marktgegebenheiten in Deutschland aber ebenfalls deutlich, womit neben den beiden großen Playern Kindle und Tolino als dritter Mainstream-Anbieter nur noch PocketBook übrig blieb.
Neben diesen großen Marktverschiebungen verschwanden über die Jahre auch eine Reihe kleinerer Hersteller, wie z.B. iRiver, Icarus, txtr, iRex usw.