Remarkable Paper Pro im Test: Notizen jetzt in Farbe

Geschätzte Lesezeit: 11:42 min.

Mit dem Paper Pro bringt Remarkable ein neues E-Ink-Tablet auf den Markt, das mit einem echten Farb-E-Ink-Display, einer integrierten Frontbeleuchtung und einer verbesserten, strukturierten Displayoberfläche ausgestattet ist, die das Aussehen und Gefühl von echtem Papier besser denn je nachahmt – zumindest ist das der Anspruch.

Das Gerät läuft auf dem Linux-basierten Codex OS und bietet eine ablenkungsfreie Benutzeroberfläche, die speziell für Notizen und Skizzen entwickelt wurde. Dank der hervorragenden Druck- und Neigungsempfindlichkeit des Stifts verspricht das Remarkable Paper Pro außerdem ein beeindruckendes digitales Schreiberlebnis. Mit dem neuen Farbdisplay, einem schnelleren Chipsatz und dem größeren 11,8 Zoll Bildschirm stellt sich ebenso die Frage, ob es als Comic- oder PDF-Lesegerät geeignet ist.

Ist das Remarkable Paper Pro also der ultimative Ersatz für dein Notizbuch? In diesem Test nehme ich das Gerät genauer unter die Lupe und sehe mir an, ob sich die Investition lohnt.

Video-Test (Englisch)

Nachfolgend eine Zusammenfassung des Testberichts als englischsprachiges Video-Review:


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Verarbeitung

Das Remarkable Paper Pro überzeugt mit einer hochwertigen Verarbeitung und einem Gehäuse aus Aluminium, das stark an das Design eines iPad Pro erinnert. Die stilisierten Notizbuchseiten am Rahmen sind dabei ein nettes Detail, mit dem sich das Gerät dennoch vom Apple-Gerät abhebt.

Die scharfen Kanten und das Gewicht von 525 Gramm beeinträchtigen jedoch die Handhabung dahingehend, dass man das Tablet eher nicht mehr in der Hand hält, sondern immer am Tisch ablegt. Das Paper Pro verfügt über vier Gummifüße auf der Rückseite, die dabei für Stabilität beim Schreiben auf dem Tisch sorgen.

Ausgezeichnete Verarbeitung; Gummifüße auf der Rückseite zur ebsseren Stabilität am Tisch

Der größere Bildschirm bietet mehr Platz für Notizen, macht das Tablet jedoch etwas klobiger für unterwegs.

Die optional erhältlichen Hüllen mit Schlafmodus-Unterstützung ermöglichen ein automatisches Ein- und Ausschalten des Geräts beim Öffnen und Schließen der Klappe.

Der Stift wird magnetisch an der Seite des Tablets befestigt und beim Anbringen automatisch aufgeladen. Ein kleines Symbol zeigt den Batteriestatus des Stifts an. Mit Laufzeiten von rund 100 Stunden bei ähnlichen Stiften anderer Hersteller dürfte es damit auch keine Probleme mit der Akkulaufzeit des Remarkable-Stifts geben.

Display & Ablesbarkeit

Das Herzstück des Remarkable Paper Pro ist ganz klar das neue 11,8 Zoll große Farb-E-Ink-Display mit sogenannter Gallery-3-Technologie.

Im Inneren des Bildschirms werden ebenso wie bei Schwar-Weiß-E-Ink Mikrokapseln genutzt, dieses Mal allerdings in vier Farben: Cyan, Magenta, Gelb und Weiß. Diese werden gemischt und können bis zu 20.000 Farben erzeugen – ähnlich dem Vierfarbdruckverfahren.

E-Ink Gallery 3 mit 229 ppi kann bis zu 20.000 Farben darstellen

Das Display reflektiert ebenso wie Papier oder Schwarz-Weiß-E-Ink-Bildschirme Umgebungslicht, und sorgt für eine papierähnliche Optik, allerdings mit geringerer Reflektivität: Weißes Papier reflektiert etwa 80 bis 90 Prozent des Lichts, monochrome E-Ink-Displays etwa die Hälfte, während das Gallery-3-Display nur circa ein Drittel reflektiert, was es etwas dunkler macht.

Dennoch bietet das Remarkable Paper Pro lebendigere Farben als andere Farb-E-Ink-Displays mit Kaleido-3-Technologie. Allerdings sind die Farben im Vergleich zu LCD-Bildschirmen weiterhin gedämpft. Im täglichen Gebrauch gewöhnt man sich jedoch schnell an die wenige gesättigte Darstellung.

Apple iPad Air 11 vs. Remarkable Paper Pro

Vergleich mit anderen E-Ink-Geräten

Beim direkten Vergleich mit anderen E-Ink-Tablets zeigt sich, dass das Remarkable Paper Pro in puncto Textlesbarkeit zwischen Geräten wie dem Kindle Scribe und dem Remarkable 2 sowie farbigen Boox-Geräten liegt.

Im Vergleich: Kindle Scribe, Boox Note Air 3C, Remarkable Paper Pro, Remarkable 2 und Boox Tab Mini C

Ohne aktivierter Frontbeleuchtung ist das Remarkable Paper Pro klarer Favorit unter den E-Ink Tablets was die Farbdarstellung angeht (v.l.n.r.: Boox Note Air 3C, Remarkable Paper Pro, Boox Tab Mini C)

Der leicht gelbliche Farbton des Displays ist nur im direkten Vergleich bemerkbar und stellt im praktischen Alltag kein Problem dar. In Bezug auf die Farbwiedergabe übertrifft das Paper Pro die E-Ink-Kaleido-3-Geräte, besonders ohne aktivierte Frontbeleuchtung.

Mit aktiviertem Frontlicht ist die Ablesbarkeit bei allen Geräten sehr gut

Allerdings rendert das Paper Pro die Pixel anders als seine Konkurrenten, was dazu führt, dass Text im Vergleich minimal unscharf wirken kann, besonders bei kleiner oder dünner Schrift. Unter dem Mikroskop ist dieser Unterschied in Hinblick auf die rote Färbung einiger Buchstabenränder erkennbar.

Unter dem Mikroskop werden die Unterschiede der Displaytechnologien deutlich sichtbar

Frontbeleuchtung

Das Remarkable Paper Pro verfügt über eine integrierte Frontbeleuchtung, was am E-Ink Markt zwar keine Besonderheit mehr ist, aber eine Premiere für die Remarkable-Reihe.

Die Frontbeleuchtung beeinträchtigt das papierähnliche Gefühl nicht, da der Abstand zwischen Stift und E-Ink-Schicht weiterhin sehr gering ist. Allerdings gibt es dennoch einige Kompromisse zu beachten: Die Frontbeleuchtung bietet nur fünf Helligkeitsstufen und erreicht außerdem eine maximale Helligkeit von nur 4 cd/m².

In heller Umgebung ist das Frontlicht gar nicht oder kaum wahrnehmbar

In hellen Umgebungen lässt sich der Bildschirm mit der Frontbeleuchtung daher nicht wirksam aufhellen. Lediglich bei weniger optimalen Lichtverhältnissen ist das Frontlicht nützlich. In dunklen Umgebungen reicht die maximale Helligkeit für komfortables Lesen aus. Dennoch wären höhere Helligkeitsstufen für die Nutzung untertags wünschenswert gewesen.

Die Farbtemperatur ist nicht einstellbar und liegt bei etwa 4500 Kelvin, was als neutral-warm gilt.

Light-Bleed an den Bildschirmrändern bei Dunkelheit

Die Beleuchtung ist zudem nicht sehr gleichmäßig; es gibt leichte Helligkeitsunterschiede und „Lightbleed“ an den Rändern des Bildschirms. Diese sehen besonders am äußeren Geräterand zwar nicht unbedingt hübsch aus, beeinträchtigen das Nutzungserlebnis aber zumindest nur geringfügig.

Ghosting und Bildschirmaktualisierung

Ghosting ist beim Remarkable Paper Pro überraschend gering ausgeprägt. Überraschend deshalb, weil das erste E-Ink Gallery 3 Gerät – das Bigme Galy – wesentlich mehr Ghosting hatte. Selbst im Vergleich zu Schwarz-Weiß-Geräten macht das Paper Pro dahingegend eine sehr gute Figur.

Besonders beim Anzeigen von PDF-Dateien hat Remarkable einen Modus implementiert, der Ghosting nahezu eliminiert. In anderen Bereichen des Systems kann Ghosting etwas stärker wahrnehmbar sein, verschwindet aber meist von selbst ohne vollständige Bildschirmaktualisierung.

Die endgültige Farbe wird erst in mehreren Schritten final dargstellt

Auch wenn das typische E-Ink Flackern somit nicht immer nötig ist, um Ghosting zu minimieren, lässt es sich bei der Farb-Nutzung in Notizbüchern nicht ganz verhindern: Beim Zeichnen werden farbige Linien nicht sofort in der gewählten Farbe dargestellt. Sie erscheinen zunächst in Schwarz (oder einer anderen E-Ink-Partikel-Mischung) und werden erst anschließend in der gewählten Farbe eingefärbt. Das ist aber noch nicht das Ende: Damit die Farbe final dargestellt wird, flackert die Linie dann noch einmal abschließend.

Mich persönlich stört dieser Mehrstufige Rendering-Prozess nicht, allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass nicht alle Nutzer damit glücklich sein werden.

Schreiberlebnis

Mit der strukturierten Displayoberfläche versucht Remarkable das Schreibgefühl mit einem Stift auf Papier nachzubilden. Das klappt allerdings nicht vollends überzeugend. Zwar gibt es spürbare Friktion, diese fällt gefühlt allerdings niedriger aus als bei anderen E-Ink Tablets mit einer ebenfalls papierähnlichen Displayoberfläche.

Schnelle Reaktionszeit, aber etwas lautes Schreibgeräusch

Dadurch wirkt das Schreibgefühl härter und auch etwas „rutschiger“ als bei anderen Geräten. Die harte Stiftspitze erzeugt außerdem ein relativ auffälliges Kratzgeräusch, das mir persönlich etwas zu laut ist. Erschwerend kommt außerdem der harte Kontakt zwischen Stift und Bildschirm zu tragen. Dieser klingt ähnlich wie wenn man einen Apple Pencil auf ein iPad-Display aufsetzt und ist somit weiter weg vom Papiergefühl als es noch das Remarkable 2 war.

Ob man dieses Schreibgefühl mag oder nicht, ist aber natürlich Geschmackssache.

Nicht unter die Kategorie Geschmackssache, sondern schlichtweg ärgerlich, sieht es mit den wackligen Linien aus: Beim Zeichnen langer diagonaler Linien können leichte Wackler auftreten, was beim Skizzieren durchaus störend sein kann. Immerhin: Beim normalen Schreiben fällt es zumindest kaum auf.

Wacklige Linien bei meinem Testgerät

Auf der Positiv-Seite ist die sehr niedrige Eingabeverzögerung zu nennen: Diese habe ich mit etwa 20 Millisekunden gemessen, was zwar nicht schneller ist als bei vergleichbaren anderen E-Ink Tablets. Allerdings ist die E-Ink-Reaktionsfreudigkeit mit nur 12 Millisekunden tatsächlich deutlich flotter, sodass das Schreibgefühl am Ende deutlich natürlicher ausfällt.

Benutzerfreundlichkeit

Das Remarkable Paper Pro läuft auf dem Linux-basierten Codex OS und bietet eine minimalistische, ablenkungsfreie Benutzeroberfläche die primär der Notiznehmung gewidmet ist. Das Gerät konzentriert sich somit auf die Kernfunktionen Notieren und Skizzieren – die Bedienung dafür ist intuitiv.

Software und Funktionen

Die Benutzeroberfläche ist schlicht und reduziert, ohne dabei die wichtigsten Funktionen zu vernachlässigen. Dateien können in Ordnern und Unterordnern organisiert werden; zudem stehen Tags und Favoriten zur Verfügung.

Notizen, die in den letzten 50 Tagen geöffnet und synchronisiert wurden, werden ohne zusätzliche Kosten in der Cloud gespeichert. Für unbegrenzten Speicherplatz ist ein „Connect“-Abonnement für 3 Euro pro Monat erforderlich.

Homescreen mit allen Inhalten

Ein besonderes Merkmal ist die vollständige Speicherverschlüsselung, die unbefugten Zugriff auf die Inhalte des Geräts verhindert. Ein Fingerabdrucksensor wäre hier allerdings eine wünschenswerte Ergänzung für mehr Komfort gewesen, denn so muss man bei jedem Aktivieren den 4 bis 8-stelligen Code manuell eingeben, was etwas mühselig sein kann, wenn man das Tablet zum Notieren kurzer Erinnerungen oä. verwendet.

Notizfunktionen

In Notizbüchern stehen verschiedene virtuelle Stiftarten zur Verfügung, darunter Kugelschreiber, Fineliner, Textmarker, Bleistift, Druckbleistift, Kalligrafiestift, Marker, Schattierer und Pinsel.

Die Stifte sind hervorragend implementiert, und die 4.096 Druckstufen sowie die Neigungsempfindlichkeit werden bei ausgewählten Stifttypen effektiv genutzt. Besonders der Bleistift-Stifttyp überzeugt beim Skizzieren durch seine sehr gute Handhabung.

Viele unterschiedliche, sehr gut abgestimmte Stifttypen

Die Möglichkeit, Farben zu verwenden, erweitert die Einsatzmöglichkeiten im Vergleich zu Schwarz-Weiß-Geräten deutlich und bietet im Alltag einen echten Mehrwert: Studien haben gezeigt, dass die Nutzung von Farben zur Notiznehmung die Erinnerung, das Text-Verständnis und das kognitive Engagement verbessern können.

Neben handschriftlichen Notizen kann auch getippter Text eingefügt werden, wobei hier noch Verbesserungsbedarf besteht, da der Text nicht frei positionierbar ist und auch nicht auf den Seiten-Templates ausgerichtet wird. In anderen Worten: Text kann auch mittig auf der Zeilenlinie landen, was jedenfalls unschön ist.

Notiznehmung kann in mehreren Ebenen stattfinden

Notizen können außerdem in Ebenen organisiert werden, was eine bessere Organisation der Mitschriften ermöglicht. Die Seiten sind scroll- und zoombar, was besonders bei umfangreichen Notizen hilfreich ist.

Die Handschrifterkennung funktioniert gut, muss jedoch manuell ausgelöst werden. Eine Suche innerhalb handschriftlicher Notizen ist derzeit nicht möglich. Boox und Supernote Tablets bieten eine solche Funktion hingegen bereits an.

PDF- und E-Book-Funktionen

Das Remarkable Paper Pro eignet sich dank des großen Bildschirms und der ordentlichen Farbdarstellung auch gut für die Anzeige von PDFs und Comics (im PDF-Format; CBR/CBZ-Dateien werden nicht unterstützt). Die Anzeigequalität ist jedoch leicht körnig, was besonders bei näherer Betrachtung auffällt.

Bei genauer Betrachtung: Körnige Farbdarstellung

Ein Kontrastmodus verbessert die Lesbarkeit von textlastigen PDFs. Das Zoomen und Verschieben innerhalb von PDFs funktioniert flüssig, und handschriftliche Anmerkungen können direkt auf den Seiten vorgenommen werden.

Notizen können direkt auf PDF-Dateien geschrieben werden

E-Books im EPUB-Format können ebenso gelesen werden, allerdings bietet das Remarkable Paper Pro hier nur grundlegende Funktionen und z.B. keinen integrierten E-Book-Shop und lässt auch sonst viele für eReader typische Funktionen vermissen. Das Gerät ist somit nicht als primärer E-Reader gedacht.

Akkulaufzeit

Der Akku mit einer Kapazität von 5.030 mAh verspricht eine Laufzeit von bis zu zwei Wochen, abhängig von der Nutzung.

Solide Akkulaufzeit

Beim kontinuierlichen Schreiben kann man von einer Laufzeit von etwa 6 bis 7 Stunden ausgehen, was für einen Arbeits- oder Schultag ausreicht.

Beim Lesen von reinen Text-PDFs ohne Frontbeleuchtung sind Laufzeiten von bis zu 14 Stunden möglich. Die Verwendung der Frontbeleuchtung reduziert die Akkulaufzeit nur geringfügig.

Fazit

Das Remarkable Paper Pro ist ein besonders interessantes E-Ink-Tablet, das durch sein großes „echtes“ Farbdisplay, die verbesserte Reaktionsfähigkeit und die hochwertige Verarbeitung überzeugt. Die Möglichkeit Farben zu nutzen, erweitert die Einsatzbereiche deutlich und kann besonders für kreative Aufgaben und die Organisation von Notizen von Vorteil sein. Auch für PDF-Dateien ist die Farbdarstellung ein klarer Pluspunkt.

Allerdings gibt es auch einige Schwachpunkte. Das Schreibgefühl ist im Vergleich zum Vorgänger für meinen Geschmack etwas zu hart, und die Frontbeleuchtung könnte heller und anpassbarer sein. Zudem könnte das Bildschirmflackern bei der Farbwiedergabe für empfindliche Nutzer ebenfalls störend sein.

Auch als Comic-Lesegerät (im PDF-Format) eine interessante Wahl

Insgesamt verschiebt das Remarkable Paper Pro die Grenzen dessen, was mit E-Ink-Technologie möglich ist. Es ist in einigen Bereichen ein klarer Fortschritt, in anderen Punkten allerdings auch ein Kompromiss.

In erster Linie sorgt die E-Ink Gallery 3 Technik für die bisher beste Farbdarstellung auf E-Ink, womit das Remarkable Paper Pro derzeit ein besonders attraktives Alleinstellungsmerkmal hat, das sich der Hersteller mit zumindest 650 Euro aber auch teuer bezahlen lässt. Es wird wohl nicht mehr allzu lange dauern, bis andere Hersteller ebenso auf die neue Anzeigetechnik zurückgreifen werden.

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