E-Ink Carta als Pearl Nachfolger offiziell vorgestellt, Amazons großer Coup

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Hinweis: Eine ausführliche Beschreibung über die E-Ink Carta Technik findest du in diesem Artikel.

Vorgestern wurde der Kindle Paperwhite überraschenderweise ganz ohne große Pressekonferenz vorgestellt. Auf den ersten Blick war das dann aber eigentlich auch nicht verwunderlich, denn der Kindle Paperwhite 2 unterscheidet sich nur in wenigen Details vom Vorgänger. Eine der wenigen Änderungen betrifft den Bildschirm. Amazon nutzt sogenannte E-Ink Carta Technik, blieb zur Vorstellung des Geräts allerdings genaue technische Erklärungen zum neuen Bildschirm schuldig.

Wie sich nun zeigt, ist das neue Display des Kindle Paperwhite 2 aber ein durchaus beachtliches Upgrade. Es handelt sich nämlich um die Nachfolgetechnik zur weit verbreiteten E-Ink Pearl Technik, die bei Sony PRS-T3, Kobo Aura oder PocketBook Touch Lux zum Einsatz kommt. Amazon nutzt die neue Bildschirmtechnik aktuell als einziger Hersteller.

E-Ink Carta mit bester ePaper Ablesbarkeit

E-Ink Carta schlägt ein neues Kapitel am ePaper Markt auf und kommt mit zahlreichen Verbesserungen. So beträgt das Kontrastverhältnis von E-Ink Carta mindestens 15:1, wohingegen der E-Ink Pearl Kontrast bei mindestens 10:1 liegt.

In der Praxis haben wir mit 13:1 beim Sony PRS-T2 den besten Kontrast bei einem E-Ink Pearl Display gemessen. Typischerweise liegen die meisten E-Ink Pearl Geräte irgendwo zwischen 11:1 und 12:1 (ohne Beleuchtung). Wenn es auch bei E-Ink Carta eine solche Streuung gibt, wären Verhältnisse von bis zu 18:1 durchaus möglich.

Das ist deshalb erwähnenswert, weil das Kontrastverhältnis bei Taschenbüchern zwischen 10:1 und 15:1 liegt. Somit könnte E-Ink Carta erstmals tatsächlich den letzten Schritt gehen, um zur gedruckten Buchseite aufzuschließen. Genau das hat Amazon auch versprochen und zumindest am Papier kann das Unternehmen Wort halten.

Die alten Hasen am eBook-Reader-Markt werden sich noch an das Kontrastverhältnis von E-Ink Vizplex (Sony PRS-500/505/600) erinnern, welches bei 7:1 lag. Der Sprung des Kontrastverhältnisses bei E-Ink Pearl entsprach damit ca. 50 Prozent – und diese Änderung war in jeder Leselage deutlich sichtbar. Wenn es sich bei E-Ink Pearl zu Carta ebenso verhält (auch hier gibt es am Papier eine 50 prozentige Steigerung), dann darf man sich beim neuen Kindle Paperwhite durchaus auf eine ausgezeichnete Ablesbarkeit freuen, die alle anderen aktuellen eBook Reader in die Schranken verweisen wird.

Kontrastverhältnis E-Ink Technik (höher ist besser)

  • E-Ink Carta (min.) 15:1
  • Sony PRS-T2 13:1
  • PocketBook Touch Lux 12:1
  • Kindle Paperwhite 11,5:1
  • Tolino Shine 11:1
  • Kobo Glo 10:1
  • E-Ink Pearl (min.) 10:1
  • E-Ink Vizplex (min.) 7:1

Das Kontrastverhältnis wurde verbessert, indem (nach LAB) der Schwarzwert auf 19 weiter gesenkt (von 24 bei E-Ink Pearl) und der Bildschirmhintergrund auf 74 heller wurde (von 70 bei E-Ink Pearl). Außerdem besitzt E-Ink Carta eine effizientere Reflektivität, welche von 40,7 Prozent (Pearl) auf 44 Prozent gesteigert wurde.

Zur Erklärung: Bei L*a*b* handelt es sich um einen Farbraum, der das wahrnehmbare Farbspektrum geräteunabhängig abdeckt. L* gibt die Helligkeit an, wobei die Werte 0 für Schwarz und 100 für Weiß stehen. Weitere Informationen dazu findest du hier. Das E-Ink Carta Datenblatt findest du hier.

E-Ink Carta als Amazons großer Coup

Wie bereits erwähnt, nutzt Amazon die neue E-Ink Carta Technik exklusiv und das könnte sich im diesjährigen Weihnachtsgeschäft durchaus als Ass im Ärmel herausstellen. Die anderen Hersteller werden über diese Exklusivität alles andere als erfreut sein, vor allem weil sie im Vorfeld zur Kindle Paperwhite 2 Vorstellung vermutlich überhaupt nichts von der Existenz der Technik wussten.

Das legt zumindest ein Interview mit dem Kobo CEO nahe, der zur Kobo Aura Präsentation meinte, dass Amazon aufgrund der Knappheit bei den neuen E-Ink Pearl Wellenform Displays vermutlich nicht auf die Technik zurückgreifen wird können. Tja, da hat er zwar offenbar recht gehabt, aber stattdessen nutzt Amazon eine noch neuere E-Ink-Generation, ebenfalls mit Wellenform Technik und ohne Ghosting.

Besonders für Kobo könnte sich die neue E-Ink-Technik als unbequem erweisen, denn der Aura eReader wird zum Preis von 149 Euro als Premium-Gerät positioniert. Diesen Anspruch hatte man zur Vorstellung mit der neuen Pearl-Wellenform-Technik untermauert, aber genau dieser Vorteil ist nun hinfällig. Der Kobo Aura ist damit um 20 Euro teurer als der Kindle Paperwhite und man muss sich fragen, ob Kobo diesen Preisunterschied aufrecht erhalten kann.

Noch problematischer könnte die Situation für Sony werden, denn dem neu vorgestellter eBook Reader PRS-T3 fehlt nicht nur die eingebaute Beleuchtung, dieser verfügt auch noch über die kontrastärmere Pearl Technik. Obendrein kostet der PRS-T3 auch noch 10 Euro mehr. Das schmerzt also gleich in mehrerer Hinsicht. Vor allem weil die Befürworter des lichtlosen Designs oftmals als Argument anführen, dass der Kontrast bei Leucht-eBook-Readern aufgrund der Lichtträgerfolie auch bei deaktivierter Beleuchtung leidet. Mit E-Ink Carta dürfte das Argument (im Vergleich) hinfällig sein.

Der Tolino Shine könnte ebenfalls auf der Strecke bleiben, wobei der niedrige Preis von 99 Euro hier sicherlich hilft, den Bildschirm-Nachteil abzufedern. Beim PocketBook Touch Lux dürfte wiederum der große Funktionsumfang dafür sorgen, dass sich der eReader auch weiterhin verkauft.

Aber um es klar zu stellen: Dies sind nur Spekulationen mit einer guten Portion Kaffeesatzleserei. Wie es dann letztendlich wirklich kommt, wird sich in den nächsten 3 Monaten zeigen. Fest steht allerdings, dass Amazon mit der exklusiven E-Ink Carta Nutzung einen Coup gelandet und einen klaren Technikvorteil gegenüber allen Konkurrenten hat.

Dass sich die E Ink Holding mit der exklusiven Technikvergabe Freunde gemacht hat, darf auch bezweifelt werden. Nur gut, dass das Unternehmen ein Quasi-Monopol auf E-Paper-Technik hat.

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Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
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