Weltbild Insolvenz: Rückblick und Chronologie der Ereignisse

Geschätzte Lesezeit: 3:56 min.

Schon vor einigen Monaten wurde über Turbulenzen bei Weltbild berichtet, die aufgrund fehlenden Kapitals aufgetreten sind. Es wurde aber zumindest öffentlich wieder relativ ruhig, da die Finanzierung des Unternehmens offenbar schnell gesichert zu sein schien. Die Finanzierungszusagen der Bistümer standen aber scheinbar auf wackligen Beinen, denn letztendlich kam es jetzt ganz anders: Die Verlagsgruppe Weltbild hat heute Insolvenz angemeldet. Betroffen sind 6.300 Arbeitsplätze.

Als Grund wird der Umsatzrückgang der vergangenen Monate angegeben, wobei auch der zu langsame Wandel ins Internet, sowie der fehlende Fokus für das Scheitern verantwortlich gemacht wird. Von den 300 Filialen in Einkaufsstraßen schreiben laut „Handelsblatt“ außerdem viele rote Zahlen.

Filialnetz aktuell nicht betroffen

Originalmeldung bon 10. Januar 2014: Das Filialnetz ist von der Insolvenz zum aktuellen Zeitpunkt aber nicht betroffen, denn die Buchhandlungen werden zu 50 Prozent von Hugendubel und zu 50 Prozent von der Verlagsgruppe Weltbild als „DBH Deutsche Buch Handels GmbH & Co. KG“ betrieben. Auch der Geschäftsbetrieb in Österreich und der Schweiz bleibt aufrecht.

Wie es um die Zukunft des Unternehmens steht, wird der Ausgang des Insolvenzverfahrens entscheiden. Offen bleibt auch, ob die Insolvenz von Weltbild Auswirkungen auf die Tolino-Allianz haben wird, denn immerhin ist das Unternehmen neben Thalia, Hugendubel, Club Bertelsmann und der Telekom ein wichtiges Standbein der eBook-Reader-Allianz.

Weltbild-Kunden sollten ihre eBooks daher am besten gleich lokal speichern und sich nicht mehr vollends auf die Cloud verlassen. Die wird zwar von der Telekom betrieben, aber für Weltbild vermutlich nicht kostenfrei.

Update 1: Weit mehr als zwei Interessenten für Übernahme

Update von 6. Februar 2014: Die Weltbild Insolvenz könnte die deutsche Buchhandelslandschaft grundlegend verändern. Hinter den Kulissen wird von verschiedenen Seiten daher seit Wochen an der Rettung des Unternehmens und an der Fortführung des Betriebs gearbeitet. Im Zuge dessen gab es auch Berichte zu möglichen Übernahmeinteressenten zumindest eines Teils des Weltbild-Geschäfts.

Bastei Lübbe würde sich für das Digitalgeschäft interessieren, den Tolino Shine Verkauf im Falle einer Übernahme allerdings nicht unbedingt weiterführen wollen. Der Wegfall eines wichtigen Vertriebspartners wäre für die Tolino-Allianz vermutlich nur schwer zu verdauen. Als zweiter möglicher Interessent wurde Douglas Inhaber und Finanzinvestor Advent International ins Gespräch gebracht. Laut informierten Kreisen prüft das Unternehmen eine Übernahme von Weltbildteilen, für den Fall, dass der Konzern im Rahmen der Insolvenz zerschlagen wird.

Weitere, noch unbekannte Interessenten

Wie das Börsenblatt berichtet, gibt sich der Insolvenzverwalter über den Ausgang des Verfahrens „vorsichtig optimistisch“. Das liegt einerseits am Kundenverhalten, das zur Folge hat, dass die Umsatzeinbußen kontinuierlich geringer werden und andererseits an der Tatsache, dass inzwischen weit mehr als die zwei oben genannten Unternehmen Interesse an einer Übernahme des Weltbildgeschäfts haben (bzw. von Teilen davon).

Die genaue Zahl und die Namen der Interessenten werden allerdings nicht verraten. Sobald der Datenraum erstellt wurde, können die Verhandlungen jedoch beginnen.

Wir haben bereits zur Pageplace-Schließung spekuliert, dass die Telekom Interesse an der Fortführung des Weltbild-Digitalgeschäfts haben könnte. Im Interview mit Buchreport schätzt auch Wirtschaftssachverständiger Klaus Warbruck, dass Thalia und die Telekom ihre Optionen genau abwägen werden: “Ich kann mir vorstellen, dass Thalia und die Telekom ein hohes Interesse an der Fortführung des Tolino-Projektes haben und nicht ohne weiteres akzeptieren würde, dass irgendein Dritter da einsteigt und den Tolino-Vertrag für Weltbild fortführt”.

Update 2: Sogar mehr als 50 Interessenten für Übernahme

Ende letzter Woche haben wir davon berichtet, dass dem Ausgang des Insolvenzverfahres von Weltbild mit vorsichtigem Optimismus begegnet wird. Der Grund: Laut Insolvenzverwalter gibt es weit mehr als zwei Interessenten zur Übernahme des Medienkonzerns.

Bei einer Betriebsversammlung wurde nun eine konkretere Zahl genannt. Mehr als 50 Investoren haben Interesse an einer (Teil-)Übernahme bekundet, wobei auch einige Firmen darunter sind, die den Gesamtkonzern übernehmen wollen. Im Moment wird erwartet, dass bis Ende Februar Angebote vorliegen und bis Ende März ein Investor präsentiert werden kann. Dabei scheinen ausländische Interessenten im Moment favorisiert zu werden.

Das Insolvenzverfahren bzw. der Ausgang ist in vielerlei Hinsicht delikat. Zunächst müssen die 6.800 Weltbild-Mitarbeiter weiter um ihre Jobs bangen, was die Lage nicht einfacher macht. Aber auch für den restlichen deutschen Buchmarkt kann der Ausgang folgenreich sein, denn die DBH-Zukunft, an der auch Hugendubel beteiligt ist, ist weiterhin ungewiss. Auch das Online-Geschäft von Hugendubel hängt an Weltbild.

Nicht zu vergessen ist dann letztendlich auch die Tolino-Allianz, in der Weltbild eine wichtige Position einnimmt. Der Gemeinschafts-eBook-Reader Tolino Shine hat im Weihnachtsgeschäft zwar ein tolles Wachstum hingelegt, wenn die Weltbild-Insolvenz allerdings zu Lasten der Allianz ausgeht, dann stünden Thalia und Hugendubel womöglich bald wieder alleine mit dem Gerät da, denn die Telekom hat sich erst kürzlich aus dem eBook-Endkundengeschäft verabschiedet.

Bildquelle: Verlagsgruppe Weltbild

Mehr zum Thema

Noch bevor Kindle und Tolino in Deutschland an den Start gegangen sind, hat Chalid seinen ersten eBook Reader im Jahr 2007, aus Begeisterung an der Technik, aus den USA importiert. Als Mitbegründer und Chef-Redakteur hat er seit der Gründung von ALLESebook.de, im Jahr 2010, inzwischen über 100 eReader zahlreicher Hersteller getestet. Mehr erfahren
Anzeige